| # taz.de -- Medienkonsum und Verschwörungsglaube: Menschen können sich ändern | |
| > Bei einer Studie sahen Fox-News-Zuschauer:innen einen Monat lang CNN. Sie | |
| > werteten Fragen zur Polizei signifikant anders als die Kontrollgruppe. | |
| Bild: Sage mir, welchen Sender du schaust … | |
| Dass Menschen vor allem die Medien konsumieren, deren An- und Weltsichten | |
| in ihren eigenen Kram passen, ist bekannt. Doch was, wenn die vertraute | |
| Nachrichtenquelle nicht zur Verfügung steht? Auf andere Angebote mit | |
| anderem Zungenschlag und Darstellungen umgeschwenkt werden muss? Ändern | |
| sich dann auch die Ansichten der Konsument*innen? | |
| Oder, konkret gefragt, was passiert eigentlich, wenn Zuschauer*innen des | |
| Rechtsaußen-Nachrichtenkanals Fox News mal einen Monat nichts anderes als | |
| CNN gucken? Einen Sender, den Donald Trump bis heute als Fake-News-Network | |
| („CNN sucks!“) brandmarkt, während ihm das Verschwörungsgeschwurbel bei F… | |
| News als die reine Lehre gilt? | |
| [1][Dieses Experiment hat an der University of California stattgefunden]. | |
| Die Politikwissenschaftler David Broockman and Joshua Kalla ließen 304 | |
| Menschen, die ihre Nachrichten und Weltsicht normalerweise bei Fox News | |
| abholen, CNN gucken. Die Proband*innen haben natürlich nicht | |
| mitgemacht, weil sie der Wissenschaft dienen wollten oder Spaß am | |
| Experiment hatten. Sondern gut kapitalistisch, weil es Kohle dafür gab. | |
| Gezahlt wurden 15 US-Dollar pro CNN-Stunde, und das für mindestens sieben | |
| Stunden pro Woche. | |
| Um herauszubekommen, ob der Konsum des „Feindsenders“ wirklich messbare | |
| Auswirkungen hatte, wurde regelmäßig abgefragt. Eine Kontrollgruppe | |
| eingefleischter Fox-News-Konsument*innen durfte währenddessen bei ihrer | |
| gewohnten TV-Nachrichten-Kost bleiben und wurde genauso beforscht. | |
| Die Untersuchung fand bereits im September 2020 statt, Wissenschaft und | |
| ihre Auswertung dauern etwas länger. Im Testmonat vor anderthalb Jahren | |
| ging es bei den Inlandsnachrichten vor allem um die [2][„Black Lives | |
| Matter“]-Bewegung. Damals gab es in der Stadt Kenosha im US-Bundesstaat | |
| Wisconsin massive Proteste, nachdem im August [3][Jacob Blake durch | |
| Polizeikugeln schwer verwundet wurde]. | |
| Die Ergebnisse waren erstaunlich, obwohl Broockman und Kalla gar nicht | |
| damit gerechnet hatten. Denn die CNN-Gucker*innen stimmten der Aussage „Es | |
| ist eine Überreaktion, wegen der Schüsse auf Jacob Blake auf die Straße zu | |
| gehen und zu demonstrieren“ signifikant weniger zu als die | |
| Fox-News-Kontrollgruppe – und glaubten anders als diese nicht, dass viele | |
| Polizist*innen von „Black Lives Matter“-Aktivist*innen erschossen | |
| werden, wenn Joe Biden zum Präsidenten gewählt werden sollte. | |
| Menschen können sich also ändern und Medien dabei eine wichtige Rolle | |
| spielen. Genützt hat das Ganze allerdings nichts. Denn sobald die 15 Dollar | |
| pro CNN-Stunde Ende September weggefallen waren, switchten fast alle | |
| CNN-Proband*innen umgehend wieder auf Fox News um. | |
| 21 Apr 2022 | |
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| [1] https://osf.io/jrw26/ | |
| [2] /Polizeigewalt-in-den-USA/!5848861 | |
| [3] /Freispruch-fuer-Schuetzen-in-Kenosha/!5816783 | |
| ## AUTOREN | |
| Steffen Grimberg | |
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