# taz.de -- Linkes Hausprojekt in Halle: Oder einfach ungültig wählen | |
> Die HaSi steht kurz vor der Schließung. Doch die Aktivisten des | |
> soziokulturellen Zentrums sind optimistisch. Auch ohne Wahlen. | |
Bild: Im soziokulturellen Zentrum „HaSi“ gibt es wichtigere Themen als die … | |
Halle taz | „Da bin ich die Falsche“, sagt Hannah. Die Bundestagswahl | |
interessiert sie nicht sonderlich. „Ich bin Hardcore-Anarchistin“, fügt sie | |
an. Hannah ist Mitglied im Verein Capuze, der sich für das linke | |
Hausprojekt Hasi in Halle engagiert. Am Dienstag warten sie und ein paar | |
weitere Aktivisten vor dem Wirtshaus „Die goldene Rose“. Hier findet am | |
Abend die [1][taz.meinland-Diskussion über die Zukunft der Hasi] statt. Das | |
soziokulturelle Zentrum steht vor dem Aus, denn Ende des Monats laufen die | |
Verträge aus. | |
Fabian, Andi und Hannah stehen um ein Tablett mit Wodkashots. Die drei | |
heißen eigentlich anders, aber ihre echten Namen möchten sie lieber nicht | |
in der Zeitung lesen – auch wegen Drohungen aus dem rechten Lager. „Ein | |
schönes Schauspiel“ ist die Bundestagswahl nach Andis Meinung, mehr nicht. | |
Gewählt hat er trotzdem. Erststimme Petra Sitte, die Direktkandidatin der | |
Linken. Eine taktische Stimme, denn „die hat wirklich Chancen, das | |
Direktmandat zu bekommen.“ Und – sie kämpft für das Bleiben der Hasi. | |
„Das ist halt immer die Abwägung, wählen gehen, damit die Rechten nicht | |
reinkommen, oder Protestwahl“, sagt Hannah. Am liebsten wäre ihr, die | |
Trotzkisten würden wieder stärker werden. Aber diesmal wird sie wohl | |
einfach ungültig wählen. „Ich habe eigentlich mit allen Parteiprogrammen | |
Probleme. Für was also wählen?“ | |
Die Bundestagswahl stößt bei den Linksaktivisten der Hasi auf kein großes | |
Interesse. „Wir versuchen außerparlamentarisch zu arbeiten“, erklärt Andi. | |
Die Projekte im Hasi würden über das ganze Jahr laufen. Dazu gehören | |
Sprachkurse, politische Diskussion oder Theateraufführungen. „Vor ein paar | |
Tagen hatte ein Stück Premiere, das die AfD auf den Arm nimmt“, erzählt | |
Andi. Und dann gibt es ja noch die wöchentlichen Montagsdemos der Rechten | |
auf dem Marktplatz. Aber die würden langsam an Zulauf verlieren. | |
## Außerparlamentarische Arbeit leisten | |
Die goldene Rose füllt sich währenddessen langsam. Zwischen rotgoldenen | |
Tapeten, Holzbalken und Retroschirmlampen sitzen die ersten ZuschauerInnen | |
auf abgeschabten Sofapolstern zusammen. Hinter der Bar steht Stephan | |
Schirrmeister und schenkt Bier aus. „Hier war schon Mozart zu Gast“, | |
erzählt er und zeigt auf eine Postkarte mit einer alten Fotografie des | |
Gebäudes. Schirrmeister ist Mitglied im Verein Haushalten e. V., der sich | |
nach 16 Jahren Leerstand um das Gebäude kümmert. Er kennt so gut wie jede | |
Anekdote zu der Gaststätte. | |
Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1478. Damit ist die | |
goldene Rose das älteste Gasthaus der Stadt. Außerdem war sie Genschers | |
Lieblingslokal. Wie viele Jungendliche wusste der nämlich, dass man hier | |
Essensmarken gegen Schwarzbier eintauschen konnte. „Auch die | |
Zwei-plus-vier-Gespräche wurden hier abgehalten“, erzählt Schirrmeister | |
weiter. Heute werden die Räume im ersten Stock an Studenten und Musiklehrer | |
vermietet. Im Untergeschoss finden hauptsächlich Veranstaltungen wie | |
Geburtstage, Hochzeiten – oder eben politische Diskussionen statt. | |
## „Ja, wir wollen das!“ | |
Mindestens 90 Menschen haben den Weg in die Goldene Rose an diesem Abend | |
gefunden – Linke, Unterstützer, Interessierte. Mit Petra Sitte sitzt die | |
größte Unterstützerin der Hasi mit am runden Tisch. Ihre Position wird | |
gleich zu Anfang deutlich. „Es bedarf einer klaren Ansage: Ja, wir wollen | |
das!“ Fast alle hier im Saal sind auf ihrer Seite. | |
Ob sie das Direktmandat holen wird, ist allerdings noch offen. Im Moment | |
führt die CDU in Halle die Umfragen an. Aber auch die AfD könnte ihr noch | |
nahe kommen. Bei den Landtagswahlen gewann sie das Direktmandat, obwohl | |
die Kandidatin niemand kannte. „Jetzt haben wir dieselbe Situation. Die | |
AfD-Kandidatin war bei noch keiner Diskussion dabei“, sagt Sitte nach Ende | |
der Diskussion. | |
Dabei hatten sich die anderen Parteien eigentlich darauf verständigt, sich | |
mit der AfD auseinanderzusetzen. „Aber es geht einfach nicht.“ Das | |
Interesse der Bevölkerung an der Wahl sei allerdings riesig, erzählt Sitte. | |
Noch nie habe sie so viele Diskussionen am Wahlstand geführt, noch nie so | |
wenige Beschimpfungen erhalten. „Die richten sich dieses Mal eher an Merkel | |
und die CDU“, sagt sie. | |
Anführend bei den Protesten sei besonders ein gewisser Sven Liebich, | |
erzählen die Aktivisten der Hasi. Der Rechtsextreme ist dafür bekannt, | |
immer wieder Aktionen von linken Aktivisten zu stören. Im Februar machte er | |
als verkleideter Imam Stimmung gegen Muslime. „Der und seine Leute sind | |
gefährlich“, sagt ein älterer Mann mit Schirmmütze. | |
Diese Veranstaltung wird nicht gestört. Stattdessen formiert sich ein | |
breites Bündnis, das für den Verbleib der Hasi kämpfen will. Ob die | |
Bundespolitik dabei helfen kann, daran zweifeln allerdings die meisten. | |
23 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Paul Toetzke | |
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