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# taz.de -- Linkes Kulturzentrum Hasi in Halle: Räumung steht kurz bevor
> Seit Monaten kämpft das Hasi um seine Zukunft. Am Mittwoch rückt die
> Polizei an. Das Kulturzentrum soll Platz für Eigentumswohnungen machen.
Bild: In Halle stehen ungemütliche Tage bevor: das Hasi-Kulturzentrum in der H…
Leipzig taz | Der unheilvolle Termin ist für 16 Uhr angesetzt. Nach
monatelanger Unsicherheit steht dem linken Kulturzentrum Hasi in Halle an
der Saale am Mittwoch offenbar endgültig die Räumung bevor. Die
Gerichtsvollzieherin soll bei der Vollstreckung von der Polizei unterstützt
werden, denn die AktivistInnen haben zum Widerstand gegen die Räumung
aufgerufen. „Ihr könnt uns aus dem Haus mit der ach so hässlichen Fassade
rausschmeißen, ihr könnt uns rausprügeln und raustragen – doch brechen
werdet ihr uns damit nicht“ heißt es kampfbereit auf dem [1][Blog der
Hasi]. Und weiter: „Es wird nicht leise bleiben, wenn versucht wird, die
Hasi zu räumen.“
Es klingt, als stünden ungemütliche Tage in Halle bevor – für mindestens
eine der beiden Seiten. Bei zwei Grad Außentemperatur sind mehrere Aktionen
und Informationsstellen geplant, eine Karte verzeichnet die Orte: Ab 12 Uhr
soll es eine Kundgebung direkt vor der Salineinsel geben, auf der die Hasi
liegt – direkt auf der Insel wurde sie nicht erlaubt.
Um 13 Uhr ist in der Nähe des Marktplatzes eine weitere Kundgebung geplant,
dort soll um 14 Uhr auch eine Petition für den Erhalt der Hasi mit bisher
über 4.000 Unterschriften dem Stadtrat übergeben werden, bevor dann
wahrscheinlich um 16 Uhr die Räumung in der Hafenstraße beginnt. Am
Donnerstag soll es eine Demo gehen, die bisher allerdings noch nicht
angemeldet ist. Am Wochenende muss mit stadtweiten Besetzungsaktionen in
leeren Häusern gerechnet werden.
Fast drei Jahre ist es nun her, dass linke AktivistInnen um die Initiative
„Wir brauchen Platz“ das leerstehende Haus in der Hafenstraße 7, der die
Hasi ihren Namen verdankt, besetzten und darin ein kulturelles Zentrum
aufbauten. Sie organisierten Elterncafés, Selbstverteidigungskurse,
richteten eine Nähwerkstatt und einen Bandproberaum ein.
## Der Landesinnenminister unterstellt Gewaltabsicht
Viele sehen in dem Hausprojekt ein wichtiges [2][Gegengewicht zur
neurechten Identitären Bewegung], die noch näher am Campus ein Haus gekauft
hat und unter den Studierenden kräftig zu rekrutieren versucht. Das macht
die Räumung noch brisanter: Während die Hasi sich nicht halten kann, haben
die Identitären ihr Haus sicher. Zudem machen AfD wie Christdemokraten
Stimmung gegen die linken Hausbesetzer: Sachsen-Anhalts Innenminister
Holger Stahlknecht (CDU) hatte behauptet, in der „linksextremen“ Hasi
würden „Pläne geschmiedet, wo man das nächste Trafohäuschen sprengen kann…
Beweise beibt er schuldig.
Das Hasi-Haus hatte vor seiner Besetzung leer gestanden, in bester Gegend,
nur zehn Gehminuten von der Uni entfernt. Ein Grund dafür könnte neben dem
Denkmalschutz, der eine kostspielige Sanierung erwarten lässt, auch die
Bodenverseuchung sein, die einen Teil des Grundstücks, auf dem sich früher
eine Gasanstalt befand, bis heute angeblich unbrauchbar macht.
Doch das finanzielle Interesse an Immobilien in Halle ist groß, in den
vergangenen fünf Jahren sind dort die Mietpreise um ein Viertel gestiegen.
Als die Initiative das Haus besetzte, gab die städtische Eigentümerin, die
Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG), dem Hasi-Trägerverein Capuze zunächst
ein befristetes Nutzungsrecht, unter der Bedingung, dass die Initiative das
Grundstück und das Haus aufräume und nur für kulturelle Veranstaltungen
nutze.
Doch die wohlwollende Verhandlungsbasis, auf die sich HWG und die
BesetzerInnen anfangs einigten, ist nun schon lange vorbei. Einmal
verlängerte die Gesellschaft noch den Nutzungsvertrag, von September 2017
bis Ende Januar 2018. Seither weigern die AktivistInnen sich, das von ihnen
selbst aufgebaute Kulturzentrum zu räumen. Sehr zum Ärger der HWG: Mehrfach
erstattete die Eigentümerin Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und siegte
schlussendlich im Oktober vor Gericht – der Räumungstermin war jetzt nur
noch eine Frage der Zeit.
## Der Hauskauf durch die Stadt scheiterte an der SPD
[3][Dabei wäre eine legale Weiternutzung möglich gewesen, hätte die Stadt
das Gebäude angemietet.] Doch im Stadtrat, der in Halle eigentlich über
eine linke Mehrheit verfügt, scheiterten alle Rettungsversuche letztlich am
Widerstand der SPD. Bei einer Abstimmung im vergangenen Jahr hieß es aus
der Partei, Kauf und Sanierung seien zu teuer und die Schadstoffbelastung
zu hoch. Ein Vorwand, sagen die Hasi-AktivistInnen, schließlich gibt es von
der HWG auch Pläne, dort Wohnungen zu bauen.
Noch vergangenen Mittwoch hatte der rot-rot-grüne OB-Kandidat der Linken,
Hendrik Lange, versucht, eine Abstimmung zur Rettung der Hasi zu erreichen.
Doch der Versuch scheiterte nach Medienberichten offenbar erneut an der
mangelnden Bereitschaft der Sozialdemokraten. Auf Anfrage erklärte ein
Mitarbeiter der SPD-Fraktion, man habe den Berichten und einer gemeinsamen
Pressemitteilung über die gescheiterte Rettung nichts hinzuzufügen.
Anfang der Woche stellte sich auch der parteilose Oberbürgermeister der
Stadt Halle, Bernd Wiegand, öffentlich gegen das Projekt: „Die Stadt duldet
keine rechtsfreien Räume und wird alle rechtlichen Möglichkeiten
ausschöpfen, geltendes Recht umzusetzen“, kündigte er an.
Man habe dem Verein Capuze mehrere Ausweichgrundstücke angeboten, heißt es
als Begründung. Hasi-Sprecher Micha hält dagegen: „Wir haben immer gesagt,
dass wir im Gespräch für Ausweichobjekte bleiben, wenn die Objekte nicht am
Stadtrand liegen und unsere Projekte mit umziehen können. Das war bei den
fünf angebotenen Objekten nicht der Fall, teils waren dort auch schon
Projekte drin.“ Mit anderen möglichen Ausweichobjekten, die es noch nicht
gebe, lasse man sich nicht abspeisen.
## Aufruf zu Leerstandsbesetzungen
Sollte die Hasi tatsächlich am Mittwochnachmittag geräumt werden, hat die
Internationalistische Linke in Halle für das kommende Wochenende zu
Besetzungsaktionen in leerstehenden Gebäuden der Stadt aufgerufen. Halle
verliere einen Raum, „in dem sich Menschen ohne eine dahinterstehende
Verwertungslogik organisieren und verwirklichen können“, so das Bündnis.
Das Verhalten des Stadtrats und der kommunalen Wohnungsunternehmen zeige,
dass eine soziale, selbstverwaltete und inklusive Stadt nicht von allein
entstehe, sondern erst erkämpft werden müsse. „Wir rufen dazu auf, sich
Leerstand zu nehmen und diesen zu nutzen.“ Fast jedes zehnte Haus in Halle
steht derzeit leer.
Derweil hat die HWG am Dienstag, einen Tag vor der Räumung, ihren
Nutzungsplan für die Hafenstraße 7 bekanntgegeben: Dort soll eine
„attraktive, innerstädtische Fläche“ entstehen, wo „vorrangig
Hallenserinnen und Hallenser mit Kindern und mittleren Haushaltseinkommen
die Möglichkeit erhalten, Wohneigentum zu bilden. Die Planungen hierfür
sind bereits vorangeschritten.“ Es sollen also Eigentumswohnungen werden.
Weitere Untersuchungen seien jedoch erst sinnvoll, wenn die HWG
Planungssicherheit zum weiteren Umgang mit dem Grundstück habe.
Grundvoraussetzung für diese Pläne natürlich: die Räumung der Hasi.
21 Nov 2018
## LINKS
[1] https://hafenstrasse7.noblogs.org/
[2] /Identitaere-Bewegung-in-Deutschland/!5464143
[3] /Alternatives-Kulturzentrum-Hasi-in-Halle/!5544262
## AUTOREN
Helke Ellersiek
## TAGS
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