# taz.de -- Linkes Kulturzentrum Hasi in Halle: Hasi, du bleibst hier | |
> Eigentlich sollte das besetzte Haus am Mittwoch geräumt werden. Doch die | |
> Polizei hat den Einsatz abgebrochen – die Rechtslage müsse geprüft | |
> werden. | |
Bild: Polizisten stehen vor dem Hasi-Kulturzentrum in der Hafenstraße in Halle | |
Halle taz | Auf die Sekunde genau um 16 Uhr läuft, umgeben von einer Gruppe | |
Polizisten, die Gerichtsvollzieherin die Hafenstraße in Halle auf die | |
Nummer sieben zu. Sie sind hier, [1][um die Hasi zu räumen], das linke | |
soziokulturelle Zentrum in Halle, das spätestens in dieser Woche zum | |
Politikum geworden ist. | |
Wenige Meter weiter hat die Polizei die Straße abgesperrt. „Hasi bleibt“ | |
schallt von dort, einige DemonstrantInnen haben sich zur Sitzblockade bei | |
Temperaturen um den Gefrierpunkt auf Alufolie niedergelassen. Bis kurz vor | |
dem Räumungstermin muss auch die Presse hier ausharren: Die Polizei lässt | |
nur AnwohnerInnen in die Straße, in der das baufällige Haus steht, um das | |
hier gestritten wird. | |
Auch die Leipziger Linken-Abgeordnete Juliane Nagel wird erst nach | |
Diskussionen mit der Polizei durchgelassen. Nach über einer Stunde Beratung | |
dann ändert die Polizei ihre Entscheidung und lässt die Presse wenigstens | |
auf den Bürgersteig gegenüber der Hasi – zurückgehalten von Flatterband und | |
wachsamen Polizeibeamten. | |
Fast drei Jahre ist es her, dass AktivistInnen rund um die Initiative „Wir | |
brauchen Platz“ das Haus in der Hausnummer 7 der Hafenstraße, der die Hasi | |
ihren Namen verdankt, besetzt haben. Sie bauten darin ein kulturelles | |
Zentrum auf, organisierten Elterncafés, Selbstverteidigungskurse, richteten | |
eine Nähwerkstatt und einen Bandproberaum ein. | |
## Widerstand der SPD | |
Doch nach anfänglicher Kooperation wollte die städtische | |
Wohnungsbaugesellschaft HWG dem Trägerverein Capuze im Januar dieses Jahres | |
den Nutzungsvertrag nicht mehr verlängern. Die AktivisInnen weigerten sich, | |
zu gehen, seit Februar sind sie illegal in dem Haus. Mehrfach erstattete | |
die Eigentümerin Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, [2][vor vier Wochen | |
siegte sie vor Gericht]. | |
Dabei wäre eine legale Weiternutzung möglich gewesen, hätte die Stadt das | |
Gebäude angemietet. Doch im Stadtrat, der in Halle eigentlich über eine | |
linke Mehrheit verfügt, scheiterten alle Rettungsversuche – letztlich am | |
Widerstand der SPD, die ihre WählerInnen eher unter den sich beschwerenden | |
AnwohnerInnen der Hasi sieht. | |
Bei einer Abstimmung im vergangenen Jahr hieß es aus der Partei noch, Kauf | |
und Sanierung seien zu teuer und die Schadstoffbelastung zu hoch. Ein | |
Vorwand, sagen die Hasi-AktivistInnen, schließlich gibt es von der HWG auch | |
Pläne, dort Wohnungen zu bauen. | |
Diese Prophezeiung nimmt nun tatsächlich Gestalt an: Am Abend vor der | |
Räumung gab die städtische Wohnungsbaugesellschaft bekannt, auf dem Gelände | |
Eigentumswohnungen bauen zu wollen. Voraussetzung dafür: die Räumung des | |
Zentrums. | |
## „Besser vor Gericht“ | |
Die ist nun vorerst gescheitert. Nach über einer Stunde kommt die | |
Gerichtsvollzieherin wieder aus dem Haus, begleitet von rhythmischen Rufen: | |
„Hasi bleibt“ schallt es von dem Gelände, auf dem AktivistInnen den ganzen | |
Tag schon passiven Widerstand gegen die Räumung leisten. Der Anwalt von | |
Capuze, Volker Kadler, tritt vor die Presse: der Vollstreckungsversuch der | |
Gerichtsvollzieherin sei rechtswidrig, die HWG habe nur einen | |
Vollstreckungstitel gegen den Verein, nicht gegen die einzelnen Personen. | |
Der Hallenser Anwalt Kadler gibt sich entsetzt über die versuchte | |
Rechtsauslegung der Gerichtsvollzieherin. „Das führt hier zu einer | |
Eskalation, die wahrscheinlich schon im Voraus geplant war. Ich hoffe, dass | |
die Polizeibeamten, insbesondere die Rechtsvertreter der Polizei, die | |
notwendige Sorgfalt walten lassen, um zu überlegen, ob eine Deeskalation | |
sinnvoll wäre, und ob man die Sache nicht besser dort klärt, wo sie | |
hingehört: vor Gericht.“ | |
Auch Hasi-Unterstützer Robin bestätigt den Sachverhalt. Früher am | |
Nachmittag hat der junge Mann mit dem Bart noch im Stadtrat eine | |
Protestrede verlesen, in der es um die passive Haltung des Stadtrates bei | |
der Erhaltung des Kulturzentrums ging. „Die Stadtratsentscheidung, die Hasi | |
nicht zu retten, tritt die Petition mit ihren 4.200 UnterzeichnerInnen mit | |
Füßen, deshalb könnt ihr die jetzt aufsammeln“ ruft er am Ende seiner Rede | |
und schleudert den Stapel ausgedruckter Unterstützerpetitionen in die Luft. | |
Die Empörung ist groß, selbst der rot-rot-grüne Oberbürgermeistertandidat | |
Hendrik Lange, ein Unterstützer der Hasi, der in der Rede ebenfalls | |
angegriffen wurde, verurteilt die Aktion, ebenso der parteilose | |
Bürgermeister der Stadt, Bernd Wiegand. Draußen zieht eine Demonstration | |
der Hasi-UnterstützerInnen trommelnd und rufend vorbei. | |
## Beschwerden über Diebstähle | |
Am Rande der Sitzung redet sich der SPD-Stadtrat Detlef Wend in Rage: | |
„Diese Aktion zeigt, auf welcher Ebene sich der Dialog mit der Hasi | |
bewegt.“ Alternativangebote hätten die AktivistInnen nicht angenommen. „Die | |
sollen ihr Ding machen, aber nicht dort“, sagt Wend. AnwohnerInnen hätten | |
sich permanent beschwert. | |
Dem Vernehmen nach gab es tatsächlich Beschwerden über Fahrraddiebstähle, | |
bei einer Hausbegehung der Polizei im Sommer wurde jedoch nichts gefunden. | |
Das berichten zwei direkte Hasi-Nachbarn, die am Mittwoch auf der | |
Hafenstraße in der Dämmerung Kaffee an die UnterstützerInnen verteilen. Sie | |
sind wegen der Hasi hergezogen, berichten Kai Nothaft und Anja Köhler. | |
„Selbst die Straßenbahn hört man hier lauter als die Hasi“, erzählt | |
Nothaft. Sie finden es traurig, dass die Hasi verschwinden soll, seien oft | |
zusammen zu Konzerten rübergegangen, berichtet Köhler. | |
Nach einiger Beratung kommt letztlich auch die Polizei zu dem Schluss, die | |
Rechtslage erst zu prüfen, bevor man Vollzugshilfe bei der Räumung leistet. | |
Die Räumung wird gegen 17:30 Uhr abgebrochen, die Sitzblockade löst sich | |
auf. „Für uns ist das ein Erfolg, der auch etwas überraschend kam“ sagt | |
Hasi-Unterstützer Robin, als die Beamten abziehen. | |
Die HWG muss nun Anzeige gegen die einzelnen BewohnerInnen stellen, um | |
Räumungstitel zu erwirken. Das kann dauern. „Wenn Sie uns nicht räumen, | |
hätten wir gerne wieder Wasser und Strom“, ruft es per Megafon aus der | |
Hasi. „Also hätten wir gern sowieso – aber jetzt erst recht.“ | |
21 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Linkes-Kulturzentrum-Hasi-in-Halle/!5552201 | |
[2] /Alternatives-Kulturzentrum-Hasi-in-Halle/!5544262 | |
## AUTOREN | |
Helke Ellersiek | |
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