# taz.de -- Legendärer Berliner Fußballklub: Ein Verein kämpft gegen sich se… | |
> Der Fußballfünftligist Tennis Borussia hat ein turbulentes Jahr hinter | |
> sich. Doch auch nach dem Abgang von Vorstand Redlich ist die Zukunft | |
> offen. | |
Bild: Wie weiter, TeBe? Auch viele Spieler des linken Klubs fragen sich das | |
Opposition ist leichter als Regierung: Diese Binsenweisheit des politischen | |
Lebens gilt nur allzu sehr auch bei Tennis Borussia Berlin. Kaum je hat ein | |
Herrenfußball-Fünftligist so viel bundesweite [1][Aufmerksamkeit bekommen] | |
wie TeBe im vergangenen Jahr. Grund war das Ringen mit und gegen Investor | |
Jens Redlich. | |
Der autokratische Fitnessstudio-Besitzer, seit 2017 Vorstandsvorsitzender | |
des Traditionsklubs, hat sich in seiner kurzen Amtszeit bis zum Sommer 2019 | |
in Kleinkriegen und Unwahrheiten geübt und viele Trümmer zurückgelassen. | |
Redlich verantwortete eine stetig wachsende Anzahl von Entlassungen, | |
Diffamierungen und erzwungenen Rücktritten Andersdenkender, die Auflösung | |
der Mädchenabteilung, eine laut aktuellem Präsidium chaotische | |
Geschäftsstelle mit teuren Altlasten und eine heftige Polarisierung | |
innerhalb des Vereins. | |
Überregional wurde er bekannt, als er Anfang 2019 mutmaßlich bulgarische | |
Bauarbeiter und Fitnessstudio-Belegschaft als Neumitglieder anheuerte, um | |
auf der Mitgliederversammlung ausreichend Stimmen für seine Kandidaten zu | |
erhalten. Es war eine Art lokales Trump-Szenario, an dem vor allem die | |
boulevardeske Qualität und das scheinbar simple Gut gegen Böse | |
interessierten. Redlich-Geschichten verkauften sich gut, ebenso wie der | |
öffentlichkeitswirksam geführte Kampf der Abteilung Aktive Fans von Tennis | |
Borussia (TBAF) gegen den Investor. | |
Mit dem Caravan of Love boykottierten Mitglieder der aktiven Fanszene ihren | |
Verein und besuchten stattdessen andere Klubs. Und [2][mit einem | |
juristischen Kniff] eroberten die oppositionellen AnhängerInnen im Sommer | |
tatsächlich den Verein zurück. Das Amtsgericht Charlottenburg hat im | |
September Redlichs Versuche abgewiesen, wieder als Vorstand eingesetzt zu | |
werden. | |
## Die Realität ist komplizierter | |
Dies war der Zeitpunkt, an den jeder Film ein Happy End gesetzt hätte. Aber | |
die Realität ist komplizierter, die Schäden wirken langwierig. Und schon | |
wieder kämpft Tennis Borussia gegen sich selbst. | |
Anfang Dezember gelangte eine Mitteilung an Berliner Medien, verfasst vom | |
Journalisten Erhard Ruppert, der sich als „Sprachrohr“ einer kritischen | |
Gruppe innerhalb des Vereins bezeichnete. „Der ehemalige Bundesligist steht | |
mehr denn je vor einer ungewissen Zukunft, in finanzieller und deshalb auch | |
in sportlicher Hinsicht“, schrieb Ruppert. „Die sich aktuell in der | |
Verantwortung befindlichen Personen können die mit den Vorgängern | |
getroffenen finanziellen Absprachen zwischen den Spielern und dem Verein | |
offenbar nicht einhalten.“ Außerdem wirft Ruppert der jetzigen | |
Vereinsführung vor, sie habe ein Dutzend Sponsoren mit einem Wert von rund | |
200.000 Euro verprellt. | |
„Absoluter Bullshit“ nennt diesen Vorwurf der neue Vorsitzende Günter | |
Brombosch gegenüber der taz. Man habe Jens Redlich als Hauptsponsor | |
verloren, außerdem einige kleinere Unternehmen, bei denen gehe es jedoch um | |
Beträge von höchstens 20.000 Euro. Die kritische Gruppe bestehe aus | |
„maximal 20“ Redlich-Getreuen, „die bewusst versuchen, Unruhe | |
reinzubringen. An der Basis haben sie jedoch keinen Rückhalt.“ | |
## Rolle Redlichs bleibt unklar | |
Selbst wenn das stimmen sollte: Verbliebene Anhänger hat Jens Redlich | |
durchaus auch innerhalb der Mannschaft und in Form des Trainers, bestätigt | |
sogar Brombosch. Welche Rolle dabei Redlich selbst spielt, bleibt unklar. | |
Der gescheiterte Investor steht für das, was Spieler und Trainer, aber auch | |
Teile der Fans häufig am meisten interessiert: vermeintlich schneller | |
sportlicher Erfolg mit viel Geld. Das ist legitim. Eine Spielerkarriere ist | |
kurz, und naturgemäß interessieren sich die meisten mehr für den eigenen | |
Kontostand als für Vereinsdemokratie und Regenbogenfahne. | |
Offenbar gibt es Schwierigkeiten, alte Vereinbarungen zu erfüllen. „Im | |
Augenblick hat sich die finanzielle Situation noch nicht wesentlich | |
verbessert“, räumt Brombosch ein. Mit zehn Spielern mit gut dotierten | |
Zusatzvereinbarungen verhandele man, mit vier Spielern habe man aber | |
mittlerweile schon eine Einigung erzielt. „Bei den restlichen Spielern | |
bleibt das Ergebnis der Gespräche abzuwarten.“ | |
Eine Abwanderung ist nicht ausgeschlossen und könnte einen langwierigen | |
Neuaufbau nötig machen. Die Aufräumarbeiten dauern an. „Wir haben uns ein | |
knappes Jahr mit der Beseitigung der vorgefundenen Missstände beschäftigt“, | |
so Brombosch. „Unterlagen aus dem Geschäftsbüro waren zu Beginn unserer | |
Amtszeit vom ehemaligen Geschäftsführer entfernt worden, vieles war nicht | |
dokumentiert, es gab keine Etatplanung, und wir mussten beträchtliche | |
Beträge aus der Vergangenheit ausgleichen.“ | |
## Suche nach weiteren Sponsoren | |
Nun ist Tennis Borussia damit beschäftigt, den hinterlassenen | |
Scherbenhaufen zu beseitigen. Derzeit sei man auf der Suche nach weiteren | |
Sponsoren, möglichst breit gefächert, um den Einfluss Einzelner zu | |
beschränken. Im Oktober wurde auf der Mitgliederversammlung beschlossen, zu | |
prüfen, ob nächste Saison wieder eine Mädchenmannschaft etabliert werden | |
kann. Ein Frauenteam, der logische nächste Schritt, bleibt eine Frage der | |
Weiterentwicklung. | |
Weiterhin hat TeBe das Ziel ausgerufen, in die Regionalliga aufzusteigen. | |
Derzeit ist der Klub Tabellenführer. Aber ist es angesichts der aktuellen | |
finanziellen Lage überhaupt sinnvoll, aufzusteigen? Wird damit auf Druck | |
von der Basis reagiert, der schon zu Redlich-Zeiten immer wieder der | |
Aufstieg versprochen wurde? | |
Der Vorsitzende verneint das: „Wir spüren keinen Druck. Die Szene würde | |
sich garantiert über einen Aufstieg in die Regionalliga freuen. Aber wenn | |
es nicht klappen sollte, würden wir ihre Unterstützung auch nicht | |
verlieren.“ Ein möglicher Gang in die Vierte Liga müsse aber auf solidem | |
sportlichem und wirtschaftlichem Fundament stehen. „Wir werden daher einen | |
Aufstieg dann wahrnehmen, wenn der sportliche und finanzielle Rahmen mit | |
Sicherheit erfüllt werden kann. Das wird schwierig, aber dafür haben wir | |
noch ein halbes Jahr Zeit.“ | |
2 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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