| # taz.de -- Klimaschutzprogramm BEK: Mehr Zuckerbrot als Peitsche | |
| > Endlich fertig, aber selbst für manche Unterstützer noch viel zu soft: | |
| > Das Energie- und Klimaschutzprogramm BEK ist durchs Parlament. | |
| Bild: Radelt voran für gutes Klima: Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günt… | |
| Gut, man darf nicht jede Wetterkapriole dem Klimawandel in die Schuhe | |
| schieben. Aber hey, es ist Ende Januar, draußen fliegen die Haselpollen, | |
| und wenn es so weitergeht, wird die aktuelle Kita-Generation bald | |
| Schneemänner für so real wie Lebkuchenhäuschen halten. Insofern war es | |
| höchste Zeit, dass das Abgeordnetenhaus am Donnerstag das [1][Berliner | |
| Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK)] verabschiedete – obwohl es | |
| eigentlich schon im Sommer 2016 fertig gewesen war. Der rot-schwarze Senat | |
| hatte das Dokument, das Berlins Energiewendegesetz mit konkreten Maßnahmen | |
| füllt, zwar noch beschlossen, den Weg durchs Parlament hatte es aber nicht | |
| mehr geschafft. | |
| Dafür fällt das Programm nun etwas pointierter aus, wie der | |
| Grünen-Abgeordnete Georg Kössler in seinem Debattenbeitrag unterstrich: Mit | |
| 60 Änderungsanträgen hatte Rot-Rot-Grün die Beschlussempfehlung gespickt, | |
| unter anderem der Aktualisierung des Klimaziels auf den Stand der Pariser | |
| Verhandlungen – eine globale Erwärmungsobergrenze nicht von 2, sondern von | |
| 1,5 Grad Celsius. Weil das ein himmelweiter Unterschied ist, soll das Land | |
| Berlin nun seine CO2-Emissionen bis 2050 nicht mehr um 80 Prozent gegenüber | |
| dem Stand von 1990 reduzieren, sondern um ganze 95 Prozent –„über die | |
| gesetzlichen Vorgaben hinaus“, wie es nun im BEK heißt. | |
| „Wir können jetzt zum Praxislabor der Energiewende werden“, sagte Kössler | |
| in seiner Rede vor den Abgeordneten, „und die öffentliche Verwaltung hat | |
| dabei eine Vorreiterrolle.“ Klimaschutz werde mit dem BEK zum zentralen | |
| Kriterium der Bauplanung, Verkehrsprojekte müssten sich ab sofort an ihrer | |
| Klimawirkung messen lassen. Ein weiterer Bauabschnitt der A100 sei damit | |
| etwa gestorben. Der Grüne ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass ihm das | |
| eingeschlagene Tempo nicht wirklich ausreicht („Wir brauchen mehr Speed in | |
| dieser Stadt“). Es sei trotzdem wichtiger gewesen, loslegen zu können. Der | |
| Opposition rief er entgegen, sie solle lieber für das BEK abstimmen: „So | |
| handzahm bekommen sie Klimaschutz nie wieder von uns serviert!“ | |
| Schon vorher hat Kössler gegenüber der taz durchblicken lassen, dass ihm | |
| das BEK eigentlich viel zu weich ist. Etwa die Klimaschutzvereinbarungen, | |
| die der Senat schon seit einiger Zeit mit den großen | |
| Infrastrukturdienstleistern, Wohnungsbaugesellschaften oder Hochschulen | |
| abschließt, und die das Programm fortschreibt: Das seien „Blankoschecks für | |
| zehn Jahre“, und die Unternehmen seien froh, dass man sie dann in Ruhe | |
| lasse. Kössler lobt dagegen auch kleine Initiativen im Programm, wie den | |
| „Green Clubs Award“ – ein Wettbewerb, bei dem sich Clubs mit | |
| Energiesparmaßnahmen für eine Förderung bewerben können: „Das ist praxisn… | |
| und erreicht viele junge Großstädter.“ | |
| Insgesamt ist das BEK viel mehr Zuckerbrot als Peitsche. Unter seinen rund | |
| 100 Maßnahmen, bei denen es ums Stromsparen, um energetische Sanierung, | |
| Verkehrsvermeidung und bewussteren Konsum geht, sind viele Kampagnen und | |
| Anreize durch Förderprogramme. Echte Sanktionierungsmechanismen gegen | |
| KlimasünderInnen enthält es dagegen nicht. Was nicht heißt, dass keine | |
| weitreichenden Ideen darin stehen. Beispielsweise sollen alle geeigneten | |
| Dachflächen öffentlicher Gebäude zur Erzeugung von Solarstrom genutzt | |
| werden – und wenn das nicht geschieht, sollen BürgerInnen, etwa im Rahmen | |
| eines Vereins, diese Flächen pachten dürfen, um dort Solaranlagen zu | |
| installieren. | |
| ## Günther: Mehr ÖPNV nutzen! | |
| Umweltsenatorin Regine Günther lobte am Donnerstag das „Zukunftspaket für | |
| mehr Lebensqualität in der Stadt“, mahnte aber auch die tatkräftige | |
| Unterstützung der Bevölkerung zur Erreichung der Klimaziele an: „Wir alle | |
| können in unserem Alltag einen Beitrag zur Verringerung der | |
| Treibhausgasemissionen leisten, indem wir unseren Energieverbrauch senken | |
| oder den ÖPNV nutzen.“ Der Appell kommt nicht von ungefähr: Günther wird | |
| sich klar darüber sein, dass sich das ehrgeizige Ziel „Klimaneutralität“ | |
| nicht so einfach herbeiregieren lässt. | |
| Für die CDU kritisierte Jürn Jakob Schultze-Berndt das Projekt, das seine | |
| Fraktion einst mitgetragen hatte: Bauanträge würden jetzt noch stärker | |
| verlangsamt, es drohe ein Speedlimit auf der Autobahn und flächendeckendes | |
| Tempo 30 – mit seiner Partei sei dieses „Diktat des Klimaschutzes“ nicht … | |
| machen. Sein Kollege Henner Schmidt von der FDP bezeichnete es gleich als | |
| „rot-rot-grünen Sandkasten“, rund 100 Millionen Euro verschwende der Senat | |
| in dieser Legislaturperiode mit „Öffentlichkeitsarbeit“. | |
| 25 Jan 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.berlin.de/senuvk/klimaschutz/bek_berlin/ | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Erneuerbare Energien | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Solarenergie in Berlin: „Der Status quo ist bedrückend“ | |
| Der Bau von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden kommt in der Stadt eher | |
| schleppend voran, kritisiert der Abgeordnete der Linkspartei, Michael | |
| Efler. |