# taz.de -- Hilfe für Clubs in Corona-Zeiten: Die Ärzte rücken an | |
> Um Geld für kleine Clubs zu sammeln, streamt die Band Die Ärzte eine | |
> Lesung. Kultursenator Lederer denkt über weitere Millionen-Hilfen nach. | |
Bild: Leiser statt lauter Punk: Farin Urlaub und Bela B. lesen im und fürs SO … | |
BERLIN dpa | Es könnten 60 Millionen Euro werden: Berlins Kultursenator | |
Klaus Lederer (Linke) hat den von der Corona-Pandemie besonders betroffenen | |
Kulturbetrieben der Stadt weitere Hilfen in Aussicht gestellt. Davon würden | |
auch die schwer angeschlagenen Clubs der Stadt profitieren. Und sie | |
bekommen beim finanzielle Überleben prominente Unterstützung: Die | |
Ärzte-Musiker Bela B (57) und Farin Urlaub (56) haben eine 45 Minuten | |
dauernde Lesung aufgezeichnet, um Spenden für die seit Monaten | |
geschlossenen Clubs zu sammeln. | |
Für die Aktion „Halt's Maul und lies!“ präsentieren sich die Musiker in | |
Form einer Literatursendung in Anzügen auf schweren Sesseln sitzend. Ort | |
der Aufzeichnung ist der legendäre Kreuzberger Szene-Club SO36. „Auf dieser | |
Bühne, die so viel Freude uns schon gemacht hat“, wie Bela B zu Beginn des | |
Videos sagt. | |
„Den Clubs [1][geht es gerade nicht gut], weil die leben davon, dass Leute | |
kommen und Konzerte besuchen“, begründet Farin Urlaub die Aktion. „Wir sind | |
auf Bühnen groß geworden, die sehr klein waren.“ Bands sollten auch in | |
Zukunft diese Möglichkeit haben, deswegen „würden wir gerne, dass ihr den | |
Clubs helft, indem ihr dafür spendet, dass wir was vorlesen“. | |
Als Ziel streben die Musiker 200.000 Euro an, mit denen Clubs wie Badehaus, | |
Festsaal Kreuzberg, Frannz Club, Gretchen, Privatclub, Schokoladen, Schwuz | |
oder das SO36 unterstützt werden sollen. Das sind Orte, die weniger als | |
1.000 Zuschauer fassen und regelmäßig Konzerte veranstalten. | |
Für die Lesung griffen die Ärzte – in diesem Fall ohne ihren dritten Mann | |
Rodrigo Gonzalez – auf „Didi & Stulle“-Comics des Berliner Autors und | |
Zeichners Fil zurück, laut Bela B „unsere gemeinsamen Lieblings-Comics“ vom | |
aus Ärzte-Sicht „lustigsten Mensch des Universums“. Während die zwei | |
Musiker die Dialoge der beiden Comic-Schweine mit verteilten Rollen lesen, | |
werden die Zeichnungen dazu im Video eingeblendet. | |
Der Senat überlegt laut Lederer, das im Mai aufgelegte Soforthilfeprogramm | |
von 30 Millionen Euro zu verlängern. Dabei geht es um einen Zeitraum von | |
zweimal drei Monaten und ein Gesamtvolumen von 60 Millionen Euro. Der | |
Linken-Politiker sagte am Freitagmorgen im Inforadio des RBB: „Das ist eine | |
realistische Zahl.“ | |
## Hilfe auch für kleine Theater und private Museen | |
Empfänger der Senatshilfe wären unter anderem außer Clubs Varieté-Theater, | |
Einrichtungen der freien Szene, kleine Kinder- und Jugendtheater sowie | |
private Museen. Clubs seien mittlerweile als Kulturorte anerkannt und die | |
Stadt wisse, was sie an ihnen habe, betonte Lederer. „Ich versuche alles zu | |
tun, damit sie überleben, aber ich kann natürlich keine Garantie abgeben.“ | |
Ausdrücklich unterstützte der Senator einen Vorstoß der Linksfraktion im | |
Bundestag, ein Gewerbemietrecht einzuführen, das Kulturschaffenden einen | |
Teil der Miete erlässt und ihnen notfalls Hilfen vom Bund ermöglich. Diese | |
Idee sei „sehr, sehr sinnvoll“, kommentierte Lederer. Denn während etwa die | |
Clubs derzeit keine eigenen Einnahmen hätten, liefen die vertraglichen | |
Vereinbarungen weiter und die so angesammelten Schulden hingen ihnen „wie | |
ein Mühlstein um den Hals“. | |
Das Soforthilfeprogramm für Clubs und kleinere Veranstalter dient Lederer | |
zufolge der Liquiditätssicherung, um Insolvenzen zu vermeiden. „Da laufen | |
im Moment die Auszahlungen.“ Es gelte, eine längere Durststrecke zu | |
überwinden. „Wenn wir jetzt nicht helfen, dann stehen wir am Ende mit einer | |
sehr, sehr armen Kulturlandschaft da.“ Wegen der Corona-Risiken in | |
Innenräumen werde das Clubleben voraussichtlich noch lange ruhen. Und | |
Festivals würden vermutlich nicht mehr in diesem Jahr stattfinden können. | |
## Senat will Clubs als Kulturgut anerkennen | |
Der Dachverband der Clubs begrüßte die [2][Bestätigung als Kulturbetrieb]. | |
„Wir kuratieren unsere Programme genauso wie Opernhäuser oder Theater und | |
sind daher ebenso Kulturbetriebe“, sagte die Vorsitzende der | |
Clubcommission, Pamela Schobeß. „Ganz besonders freuen wir uns auch über | |
die geplante Bundesratsinitiative, bei der sich Berlin für eine Reform der | |
Baunutzungsverordnung und für die Anerkennung von Clubs auf Bundesebene | |
einsetzen wird.“ | |
Noch ist nach Angaben des Verbands unklar, wann Clubs wieder öffnen können. | |
Open-Air-Flächen würden bereits von einigen Clubs als Biergärten genutzt. | |
Tanzveranstaltungen sind demnach aber weiter nicht erlaubt – auch nicht | |
unter freiem Himmel. „Hier würden wir begrüßen, wenn kleinere | |
Musikveranstaltungen unter Wahrung der Abstandsregelung durchzuführen | |
wären.“ In geschlossenen Räumen sei das allerdings aus wirtschaftlichen und | |
ästhetischen Gründen für die Berliner Clubs ausgeschlossen. Heißt: Mit | |
Abstand tanzen geht drinnen einfach nicht. | |
19 Jun 2020 | |
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