# taz.de -- Greenpeace-Analyse Hambacher Forst: Ein „vergiftetes Angebot“ | |
> Eine Rodung des Hambacher Forstes ist unzulässig und unnötig. Zu diesem | |
> Schluss kommt Greenpeace auf Grund einer fachtechnischen Schnellanalyse. | |
Bild: Mit einer steileren Böschung innerhalb des Tagebaus könnte auf eine Rod… | |
BERLIN taz | Die geplante kurzfristige Rodung des Hambacher Forstes | |
verstößt gegen geltendes Recht: Diesen Vorwurf hat die Umweltorganisation | |
Greenpeace am Montag unter Berufung auf ein Rechtsgutachten und eine | |
bergbauliche Stellungnahme erhoben. | |
Die „[1][fachtechnische Schnellanalyse]“, die das unter anderem auf Bergbau | |
spezialisierte Beratungsunternehmen Plejades im Auftrag von Greenpeace | |
erstellt hat, kommt zu dem Schluss, „dass es aktuell möglich wäre, die | |
Tagebauentwicklung und Abbaugewinnung temporär so anzupassen, dass auf | |
einen kurzfristigen Rodungsbeginn in der aktuellen Fällzeit nicht bestanden | |
werden muss“. Möglich sei das unter anderem, indem die Breite der zweiten | |
Sohle des Tagebaus auf das technisch notwendige Maß verringert werde, bevor | |
weiter an der Oberfläche gebaggert werde, schreiben die Berater. | |
Auf dieser Grundlage argumentiert die Berliner Rechtsanwältin Cornelia | |
Ziehm in einer Stellungnahme, dass die zuständige Bezirksregierung | |
unverzüglich ein Rodungsverbot erlassen müsse. Denn die erteilte | |
Genehmigung sei an die Bedingung geknüpft, dass die Rodung sowohl vom | |
Umfang als auch in zeitlicher Hinsicht „erforderlich“ beziehungsweise | |
„unerlässlich“ sei, schreibt Ziehm. Und das sei nicht gegeben. | |
Zum einen habe RWE in einem Gespräch mit Umweltverbänden selbst angeboten, | |
den Beginn der Rodung auf den 15. Dezember – und damit nach der geplanten | |
Veröffentlichung des Abschlussberichts der sogenannten Kohlekommission – zu | |
verschieben. „Eine Rodung vor dem 15. Dezember wäre deshalb in jedem Fall | |
unzulässig“, meint Ziehm. | |
## „Geologische und betriebliche Zwänge“ | |
Zudem gebe es mit dem neuen Bergbau-Gutachten sowie ähnlichen Berechnungen | |
des Umweltverbands BUND „mindestens plausible fachspezifische Hinweise“, | |
dass eine Rodung in der diesjährigen Periode, die bis Ende Februar dauert, | |
überhaupt nicht „erforderlich und unerlässlich im Sinne der einschlägigen | |
Zulässigkeitsvoraussetzungen“ sei. | |
Der Energiekonzern RWE wies die Aussagen des Greenpeace-Gutachtens zurück. | |
Diese vernachlässige ebenso wie die Berechnungen des BUND „alle | |
geologischen und betrieblichen Zwänge“ und verlasse sich ausschließlich | |
„auf die Auswertung zweidimensionaler Luftbild- und | |
Satelliteninformationen“, erklärte Unternehmenssprecher Guido Steffen auf | |
taz-Anfrage. Das Fazit, dass die Rodung nicht zulässig sei, sei deshalb | |
„nicht zutreffend“. | |
Das sieht auch die Bezirksregierung Arnsberg so. „Es gibt keinen Grund für | |
eine neue Entscheidung“, sagte Sprecher Werner Isermann der taz. Das | |
Angebot von RWE, erst Mitte Dezember mit der Rodung zu beginnen, sei an die | |
Bedingung geknüpft worden, dass die Umweltverbände Greenpeace, BUND und DNR | |
diese dann im Gegenzug akzeptierten. „Dadurch wäre die Rodung dann | |
schneller gegangen, so dass ein späterer Beginn möglich wäre“, meint | |
Isermann. Diesen Vorschlag – laut Greenpeace-Energieexperten Karsten Smid | |
ein „vergiftetes Angebot“ – hatten die Umweltverbände abgelehnt. | |
Auch die Möglichkeit, durch eine steilere Böschung innerhalb des Tagebaus | |
zunächst auf die Rodung zu verzichten, ändere für die Bezirksregierung | |
nichts. „Wir orientieren uns am normalen Betriebsablauf“, sagt Isermann. | |
„Um den zu gewährleisten, muss bis zum 1. März gerodet werden.“ Ob das | |
stimmt, wird vermutlich die Justiz entscheiden. Rechtsanwältin Ziehm hält | |
es jedenfalls für denkbar, die Bezirksregierung vor Gericht zu einem | |
entsprechenden Erlass zu verpflichten. | |
## Von Garzweiler II versorgt | |
Doch nicht nur die kurzfristige Notwendigkeit der Rodungen ist umstritten. | |
Auch an der Aussage von RWE, dass der Tagebau zur Versorgung der | |
Kohlekraftwerke im Rheinland unverzichtbar sei, gibt es neue Zweifel. So | |
hat Bruno Burger vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in | |
Freiburg berechnet, dass die Braunkohle aus Hambach künftig nicht mehr | |
benötigt würde, wenn die Braunkohle-Förderung bis zum Jahr 2030 linear auf | |
0 reduziert würde – was viele Szenarien vorsehen. | |
Die beiden verbleibenden rheinischen Braunkohlekraftwerksstandorte Neurath | |
und Niederaußen könnten allein vom Tagebau Garzweiler II versorgt werden, | |
argumentiert Burger. Das wäre auch technisch kein Problem, weil die | |
Kraftwerke per Schiene sowohl mit Hambach als auch mit Garzweiler verbunden | |
sind. | |
Zu einem ähnlichen Schluss war kürzlich bereits das Deutsche Institut für | |
Wirtschaftsforschung (DIW) gekommen. Für die Versorgungssicherheit sei die | |
Nutzung des verbliebenen Teils des Hambacher Forstes nicht notwendig, heißt | |
es in einer DIW-Studie. Durch „steilere Arbeitsböschungen und geringere | |
Böschungsbreiten“, die anderswo bereits praktiziert würden, könnte zudem | |
mindestens drei Jahre ohne Rodungen weiter Kohle gefördert werden. | |
Insgesamt können nach Schätzung des DIW in Hambach noch 230 Millionen | |
Tonnen Braunkohle gefördert werden, ohne den Wald zu roden. | |
Eine ähnliche Zahl hält auch Greenpeace für realistisch. Bei | |
gleichbleibender Abbruchkante könne allein durch einen steileren | |
Böschungswinkel noch mehrere Jahre Kohle gefördert werden, meint | |
Energie-Kampaigner Karsten Smid. | |
24 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.greenpeace.de/presse/publikationen/bergbaugutachten-zum-hambach… | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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