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# taz.de -- Flughafenchef Mehdorn: „Er hat sich selbst ins Spiel gebracht“
> Der neue Flughafenchef Hartmut Mehdorn wird die vom Hof gejagten
> BER-Chefplaner zurückholen, prognostiziert der Piraten-Abgeordnete Martin
> Delius.
Bild: Zählt schon mal die fehlenden Milliarden: Hartmut Mehdorn
taz: Herr Delius, Sie haben junge Talente für die
Flughafen-Geschäftsführung gefordert. Seit Montag ist ein 70-Jähriger Chef
am BER.
Martin Delius: Genau das wollten die Verantwortlichen: Schnell jemanden
verpflichten, von dem man vorher weiß, wie er agiert. Für einen Neustart
hätte es eine transparente Ausschreibung gebraucht. Dann wäre kein
70-Jähriger, weißer Mann, sondern vielleicht eine Frau aus internationalem
Kontext Chef geworden. Ich bin überzeugt, dass es genügend Kandidatinnen
gegeben hätte.
Hat er nicht das Potenzial zum Aufräumer, der endlich Ordnung in den
Saustall bringt?
Jedenfalls brennt er ganz offensichtlich noch für seine Sache. Ich würde
sogar mutmaßen, er hat sich selbst ins Spiel gebracht. Sein Vertrag läuft
drei Jahre, wir dürfen also annehmen, dass er spätestens 2016 diesen
Flughafen eröffnen möchte.
Ist das realistisch?
Weit früher wäre jedenfalls ambitioniert bis unglaubwürdig.
Wovon hängt ab, ob Mehdorn erfolgreich sein wird?
Zunächst von der Frage: Was geschieht mit dem Generalplaner? Mehdorn hat
von der Beschleunigung des Verfahrens, von mehr Druck gesprochen, um
schnell zum Ergebnis und zu einem neuen Termin zu kommen.
Was heißt das?
Ich halte es für wahrscheinlich, dass der Flughafen die alten
Chef-Architekten von gmp und JSK zurückzuholen und die Klage gegen sie
ruhen lassen wird.
Die wurden von Klaus Wowereit und Co. hochkant rausgeschmissen.
Er würde das öffentlich nie zugeben, aber ich glaube, auch beim Regierenden
Bürgermeister ist inzwischen angekommen, dass er und die anderen
Verantwortlichen mit dem Rausschmiss der Generalplaner einen der
Hauptfehler begangen haben.
Warum?
Das war der Hauptkommunikationspunkt zwischen Bauherren, Subplanern,
ausführenden Firmen, Prüfern. Wenn man das Gehirn entfernt, dann ist nicht
mehr viel mit Muskeln. Natürlich suchen alle nach einem Weg, diese
Entscheidung rückgängig zu machen, ohne das Gesicht zu verlieren. Da kommt
Mehdorn ins Spiel: Er ist prädestiniert, diesen Weg zu bieten.
Der Rausschmiss der Planer war nicht seine Entscheidung.
Genau. Die Gesellschafter hatten gemeinsam beschlossen, möglichst hart und
öffentlich diskreditierend gegen die Explaner vorzugehen. Doch jetzt haben
sie Mehdorn Entscheidungsfreiheit und Unterstützung zugesichert. Wenn der
sagt, um schnell voranzukommen, brauchen wir die Generalplaner wieder, dann
können sich die Gesellschafter zurücklehnen.
Wann wird er das machen?
Ich denke, es wird die nächste oder übernächste Sache, die er öffentlich
verlautbart. Mehdorn und die alten Planer kennen es ja, gemeinsam in einer
schwierigen Situation zu stecken: vom Bau des Berliner Hauptbahnhofs.
[Siehe Text links; Anm. d. Red.]
Moment. Wegen des Hauptbahnhofs gab es riesigen Streit zwischen Mehdorn und
den Architekten.
Das stimmt natürlich. Trotzdem war das Projekt am Ende erfolgreich, im
Zeit- und Kostenrahmen. Ich halte es für extrem plausibel, dass die
Flughafenplaner zurückgerufen werden.
Klingt, als würde alles gut, auch ohne den von Ihnen geforderten Neustart.
Oh, auch mit Gehirn gibt es noch genügend Unabwägbarkeiten: Der Sachstand
muss schnell ermittelt werden, Ausschreibungen, Bauarbeiten und Abnahmen
müssen problemlos laufen. Die Gerichtsverfahren um die Flugrouten! Die
Kapazitäts-frage! Und das Thema Geld: Es gibt keine liquiden Mittel mehr,
aus denen die Flughafengesellschaft schöpfen könnte. Die 1,2 Milliarden
Euro Mehrausgaben werden nicht reichen. Es hätte genug Anlass gegeben, die
Art und Weise des Umgangs mit diesem Projekt völlig neu zu gestalten.
Dieses Interview ist Teil des Themenschwerpunkts in der Wochenendausgabe
der taz.berlin. Darin außerdem eine ausführliche Bilanz des bisherigen
Wirkens von Mehdorn sowie ein Essay. Am Samstag, iIm Briefkasten und am
Kiosk.
16 Mar 2013
## AUTOREN
Sebastian Puschner
Sebastian Puschner
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Berlin
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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