# taz.de -- Energiewende im Westharz: Stromspeicher im Bergwerk | |
> Im Westharz könnte das erste unterirdische Pumpwerk zur Speicherung von | |
> Windstrom eingerichtet werden. Lokale Politiker träumen bereits von einer | |
> autonomen Energieversorgung. | |
Bild: Verwandelt elektrische Energie in Lageenergie - und wieder zurück: Pumps… | |
HAMBURG taz | In stillgelegten Bergwerken im Harz könnten | |
Pumpspeicherkraftwerke eingerichtet werden. Sie würden überschüssigen | |
Windstrom aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben. Ein entsprechendes | |
Modellprojekt hat das Energieforschungszentrum Niedersachsen (EFZN) | |
durchgerechnet. Die Bedingungen im Harz seien so günstig, "dass man jetzt | |
plant, in die Umsetzung zu gehen", sagt Marko Schmidt vom EFZN. Der | |
Landkreis Goslar hofft, mit Hilfe des Pumpspeicherkraftwerks seinem Ziel | |
näher zu kommen, eine "Ressourceneffizienzregion" zu werden. | |
Pumpspeicherkraftwerke pumpen Wasser aus einem tiefer in ein höher | |
gelegenes Becken und speichern damit Energie. Auf dem Weg zurück strömt das | |
Wasser durch Turbinen, die Stromgeneratoren antreiben. Die Werke können | |
dabei helfen, eines der zentralen Probleme des Umstiegs auf erneuerbare | |
Energien zu lösen: Wind- und Sonnenenergie stehen nur in stark schwankendem | |
Maße zur Verfügung und auch nicht gerade dann, wenn der erzeugte Strom | |
gebraucht wird. Fallen sie plötzlich weg, muss die Lücke schnell gefüllt | |
werden, um das Stromnetz stabil zu halten. | |
Pumpspeicherkraftwerke sind hierzu gut geeignet, weil nur ein paar | |
Schleusen geöffnet werden müssen, um die Turbinen auf Touren zu bringen. Im | |
Gegensatz zu den meisten anderen Kraftwerken brauchen sie selbst praktisch | |
keine Energie, um gestartet zu werden. In einer Studie aus dem vergangenen | |
Jahr bezeichnete die Deutsche Energie-Agentur Pumpspeicherwerke als | |
"derzeit flexibelste Speichertechnologie zur Bereitstellung von | |
Regelenergie". | |
Pumpspeicher werden wegen des großen Höhenunterschieds in der Regel im | |
Gebirge angelegt. Eine Ausnahme bildet ein Werk in Geesthacht bei Hamburg: | |
Dort wird das Wasser nur von der Elbe auf die Geest hinauf gepumpt. Der | |
Charme eines Pumpspeichers im Bergwerk läge darin, dass dafür keine | |
Staumauer gebaut und kein Tal überschwemmt werden müsste. | |
In ganz Deutschland haben die Forscher vom EFZN nach geeigneten Bergwerken | |
gesucht. Fündig wurden sie im Harz, im Erzgebirge und im Siegerland. Von | |
sechs in Fragen kommenden Bergwerken im Harz untersuchten sie eines bei Bad | |
Grund genauer. "Wir haben beispielhaft geplant, was man machen müsste, um | |
dort ein Pumpspeicherwerk unterzubringen", so Projektleiter Schmidt. | |
Die nötige Höhendifferenz sei bei einer Teufe der Harzbergwerke von bis zu | |
700 Metern gegeben, ja sogar recht günstig. Bei großer Fallhöhe muss für | |
die gleiche Leistung weniger Wasser durch die Turbine strömen. Trotzdem | |
müssten die vorhandenen Stollen und Kavernen erweitert werden, um genügend | |
Speichervolumen zu schaffen. Dass die Hohlräume lecken könnten, sei nicht | |
zu befürchten, versichert Schmidt: Unterhalb der Bergwerke sei das Gestein | |
gesättigt, "da läuft nichts ab". | |
Allerdings werde von oben her knapp ein Prozent des bewegten Volumens | |
einsickern. Turbinen und Generatoren müssten durch die Bergwerkschächte in | |
Bauteilen in den Berg geschafft und dort zusammengesetzt werden. Ein | |
Konzept dafür habe das EFZN zusammen mit dem Maschinenbauer Voith "in | |
Ansätzen erarbeitet", sagt Schmidt. Die Bedienungsmannschaft würde das Werk | |
in einer Leitwarte über Tage steuern. | |
Goslars Landrat Stephan Manke (SPD) möchte das Pumpspeicherwerk mit den | |
Windkraftanlagen im Westharz verkoppeln. Langfristiges Ziel sei eine | |
autonome Energieversorgung für die Region, sagt sein Sprecher. Dafür sei | |
die heutige Windenergieleistung aber zu gering. Zusammen mit den | |
Amtskollegen einiger weiterer Kommunen will Manke deshalb den Zweckverband | |
Großraum Braunschweig bitten, mehr Vorrangflächen für Windenergieanlagen | |
auszuweisen. Die entsprechende Resolution müssten noch die | |
Kommunalparlamente beschließen. | |
31 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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