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# taz.de -- Dokumentation über die Scorpions: Die Supergruppe aus Sarstedt
> Mit der Doku „Scorpions – Forever and a Day“ hat Katja von Garnier einen
> Film über die international erfolgreichste Rockband aus Deutschland
> gemacht.
Bild: Voll am Posen: die Scorpions heute.
SARSTEDT taz | Sie gehören international zu den erfolgreichsten
Rockmusikern, treten in den USA, Frankreich, Russland und Brasilien in
riesigen Arenen auf und haben mit „Wind of Change“ die Hymne zur
Perestroika aufgenommen. Nur in ihrem Heimatland werden die Scorpions eher
als Kuriosität angesehen als gefeiert.
Dieses Kernproblem der Band, die 1965 in Sarstedt bei Hildesheim unter dem
Nichtnamen „Nameless“ gegründet wurde, wird in Katja von Garniers
Dokumentarfilm „Scorpions – Forever and a Day“ nur nebenbei behandelt. Der
Sänger Klaus Meine bemerkte einmal, dass sie von ihren Fans im eigenen Land
nie so geliebt worden seien wie in vielen anderen Ländern – aber davon
abgesehen bleibt dieses Phänomen unerklärt.
Aber gerade dieser blinde Fleck macht den Film interessant, denn natürlich
liefert er eine Reihe von Hinweisen, die eher in Nuancen oder einzelnen
Sätzen deutlich werden. „They are the best american rock band, though they
are germans“, schreit ein enthusiastischer Fan in den 70er-Jahren in eine
amerikanische Kamera, und Meine bezeichnet es als „den glücklichsten
Moment“ seiner Karriere, dass seine Eltern ihn 1982 bei seinem ersten
Auftritt im New Yorker Madison Square Garden gesehen haben.
Bei solch einer Aussage wird man Keith Richards oder Jimmy Page nie
erwischen, und auch wenn einmal von Groupies bei den Tourneen gesprochen
wird, ist „Sex and Drugs and Rock ’n’ Roll“ eindeutig nicht das Motto d…
Band. Bei ihnen gibt es keine Skandale, Zerwürfnisse oder pittoresken
Auftritte.
So solide gebaut wie die Musik der Scorpions ist auch dieser Film, mit dem
von Garnier die dreijährige Abschieds-Tour der Band dokumentieren sollte.
Die Dreharbeiten begannen 2011 in Bangkok und über die Jahre war das
Filmteam dann in Moskau, Los Angeles, Paris, Brüssel, London und einigen
anderen Auftrittsorten dabei. Die Bandmitglieder erinnern sich jeweils an
diesen Orten daran, welche Bedeutung diese für sie und die Band in der
Vergangenheit hatten, und so bekam der Film eine organisch fließende
Dramaturgie, denn er ist zugleich ein Travelogue der Tournee und eine
halbwegs chronologische Darstellung der Bandkarriere.
Diese begann Anfang der 70er-Jahre mit einem Talentwettbewerb, bei dem eine
niedersächsische Rockband den ersten Preis bekam, dann aber disqualifiziert
wurde, weil sie „zu laut spielte“. Einen Plattenvertrag bekam sie trotzdem.
Der Gitarrist Rudolf Schenker war eines der Gründungsmitglieder und schon
bald engagierte er den Sänger Klaus Meine. Die beiden bilden noch heute den
Kern der Band, die über die Jahrzehnte in vielen verschiedenen Besetzungen
auftrat.
Bemerkenswert dabei ist, dass viele der ehemaligen Mitspieler heute vor der
Kamera ohne jede Bitterkeit über ihre Beteiligung an der Band und die
Gründe ihres Weggangs erzählen. Auch dabei ging es, zumindest in der
Erinnerung, norddeutsch nüchtern zu.
Im Stil einer konventionellen Dokumentation hat Katja von Garnier fast alle
wichtigen Zeitzeugen befragt. So erzählt der Moderator und Kenner der
deutschen Rock-Szene Frank Laufenberg von den frühen Tagen der Band; der
Fan und Gestalter eines der Plattencover, Gottfried Helnwein, philosophiert
über die Kunst in der Rockmusik und Wladimir Klitschko erzählt davon,
welche Wirkung die Musik der Scorpions in der Ukraine der 80er-Jahre hatte.
Die Scorpions waren eine der ersten westlichen Bands, die in den damaligen
Ostblockländern auftraten. Was damals als reine Geldverschwendung erschien
(„die 1000 Dollar kriegt ihr doch nie wieder rein“, wird ein damaliger
Manager zitiert), war wohl der klügste Karriereschritt der Band, die heute
in Russland eine riesige Fangemeinde hat und mit „Wind of Change“ die Musik
zu einer weltpolitischen Umwälzung lieferte. Damals wurden sie in den Kreml
eingeladen und Michail Gorbatschow spricht dann auch ein paar, eher
illustrierende als erhellende, Sätze in Garniers Kamera.
Zum Reiz von Künstler- und Band-Porträts wie diesem gehört, dass en passant
Weltgeschichte erzählt wird. Auf ihrer Tournee spielten die Scorpions auch
im Libanon und wohnten dort in einem der besten Hotels von Beirut, das sie
bei einem früheren Auftritt noch als zerbombte Ruine gesehen hatten.
In England traten sie zum ersten Mal in den frühen 70ern auf, als Rockmusik
noch in dreckigen Kellern gespielt wurde. Als sie dort abends vor
verschlossenen Türen ankamen, waren sie nicht wie befürchtet zu spät,
sondern zu früh, denn der Club machte erst um Mitternacht auf.
In Deutschland ging dagegen für die Scorpions alles seinen geordneten Gang,
und so liefern die Archivaufnahmen vom ersten Fernsehauftritt 1973 wegen
der Frisuren noch die spannendsten Bilder. Es gibt ein paar Sequenzen von
Proben und einem Auftritt mit den Berliner Philharmonikern (im Stil von
Deep Purple), von einem Auftritt beim Open-Air-Festival in Wacken und vom
Abschlusskonzert der Tournee in München, aber bei all diesen Aufnahmen
springt der Funke nicht so über wie bei den Konzertszenen aus Bangkok,
Paris oder Los Angeles. Ihre nächste „World Tour“ beginnt im August in
Eckernförde.
26 Mar 2015
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Doku
Film
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