# taz.de -- Diskussion um Aufnahme von Geflüchteten: Sicherer Hafen versandet | |
> Lübeck schmückt sich damit, ein „sicherer Hafen“ für Geflüchtete zu s… | |
> Das Flüchtlingsforum hat daran seine Zweifel und fordert mehr Engagement. | |
Bild: Protestaktion der Seebrücke Lübeck 2018: Ist die Stadt für Geflüchtet… | |
taz | HAMBURG Fünf Jahre nachdem sich die Stadt Lübeck zu einem „Sicheren | |
Hafen“ für Geflüchtete erklärt hatte, kritisiert das Lübecker | |
Flüchtlingsforum, dass die Stadt dem Titel bisher nicht ausreichend gerecht | |
wird. Bei der Bürgerschaftssitzung am Donnerstag haben das Forum sowie | |
weitere zivilgesellschaftliche Akteure und die Fraktion Linke & GAL an | |
die Stadtverwaltung appelliert, sich gegen die EU-Asylrechtsreform zu | |
positionieren, um als [1][„Sicherer Hafen“] Verantwortung zu übernehmen. | |
Jene Städte, die sich zu Mitgliedern des Bündnisses „Sicherer Hafen“ | |
erklärt hatten, zeigen damit die Bereitschaft, mehr Geflüchtete bei sich | |
aufzunehmen, als es die gesetzlichen Quoten erfordern. Ins Leben gerufen | |
hatte das Bündnis die Initiative [2][Seebrücke], die sich für Geflüchtete | |
einsetzt. Laut der Seebrücke bilden die Mitgliedsstädte damit eine „starke | |
Gegenstimme zur europäischen Abschottungspolitik“. | |
2019 schloss sich auch Lübeck dem Bündnis an. Damals erklärte sich die | |
Stadt bereit, 40 Aufnahmeplätze mehr zur Verfügung zu stellen, als es die | |
Quoten erforderten. Doch die Stadt könnte mehr für den Titel „Sicherer | |
Hafen“ tun, findet Torsten Geise vom örtlichen Flüchtlingsforum. | |
Problematisch sei vor allem die Intransparenz bei der Umsetzung der | |
Geflüchtetenhilfe. Die Stadt dokumentiere nicht ausreichend, welche | |
Maßnahmen für die Geflüchtetenhilfe umgesetzt werden. So sei nach Angaben | |
der Seebrücke noch immer unklar, ob die Stadt tatsächlich die besagten | |
zusätzlichen 40 Plätze geschaffen und darin Geflüchtete aufgenommen hat. | |
Auf Nachfrage der taz hat sich die Lübecker Stadtverwaltung nicht zur | |
Kritik geäußert. | |
## Sprachkurse und Wohnungen fehlen | |
Laut Mariella Hettich von der Seebrücke Deutschland machen viele Städte | |
nicht öffentlich, was sie als „Sicherer Hafen“ umsetzen. Dabei ist | |
Transparenz eine der Forderungen der Seebrücke an die Städte mit dem Titel. | |
So möchte die Seebrücke das Engagement der Städte regelmäßig dokumentieren. | |
Jedoch melden die Städte teils schon seit Jahren keine Fortschritte mehr. | |
Auch die Stadt Lübeck übermittelte ihre Angaben der Seebrücke zufolge | |
zuletzt 2019. | |
Dabei gibt es in Lübeck laut Andreas Müller, dem Vorsitzendenden der | |
Fraktion Linke & GAL, viel Unterstützung für Geflüchtete – allerdings in | |
großem Umfang auf zivilgesellschaftlicher Ebene. So gibt es ein | |
ehrenamtlich betriebenes Hilfsprogramm für Geflüchtete bei ihrer Ankunft. | |
Zwar werde das auch von der Stadt mitfinanziert und sie unterstütze auch | |
weitere Projekte. Doch ein Großteil der Gelder für das Hilfsprogramm komme | |
von der privaten Possehl-Stiftung. Solche Angebote sind laut Müller jedoch | |
nicht ausreichend. „Es fehlen Sprachkurse und Wohnungen“, sagt er. „Und d… | |
kann man leider nicht ehrenamtlich bauen.“ | |
## Woanders klappt es | |
Mariella Hettich sagt, dass das kein Einzelfall ist: „Vieles wird auf die | |
Zivilgesellschaft ausgelagert.“ In manchen Städten übernähmen | |
Privatpersonen die Unterbringung von Geflüchteten. „Dadurch ist der Staat | |
dann raus aus der Finanzierung“, sagt Hettich. | |
Andererseits gibt es auch kleinere Kommunen, die eine besonders aktive | |
Geflüchtetenhilfe leisten. „Da ist man dann schon ein bisschen überrascht, | |
wenn diese kleinen Kommunen zusätzlich zehn Plätze zur Verfügung stellen'“, | |
sagt Hettich. Das zeige, was Kommunen leisten können, wenn der Wille da | |
ist. | |
So etwa hat die 18.000-Einwohner:innen-Gemeinde Bruchhausen-Vilsen in der | |
Nähe von Bremen über die Quoten hinaus Geflüchtete bei sich aufgenommen, | |
nachdem sie sich zum „Sicheren Hafen“ erklärt hatte. Dort gibt es keine | |
Geflüchtetenunterkunft – alle Schutzsuchenden kommen nach Angaben der | |
Stadtverwaltung in Wohnungen unter. „Natürlich ist unser Wohnungsmarkt auch | |
entspannter als der in Großstädten“, sagt Volker Kamman von der | |
Stadtverwaltung Bruchhausen-Vilsen. Trotzdem sei der Verzicht auf | |
Geflüchtetenunterkünfte mit mehr Aufwand verbunden, den die Gemeinde aber | |
zu Integrationszwecken betreibe. | |
In Lübeck hoffen das Flüchtlingsforum und die Fraktion Linke & GAL nun | |
darauf, dass die Verwaltung transparent macht, welche Maßnahmen sie seit | |
2018 ergriffen hat, um dem Titel „Sicherer Hafen“ gerecht zu werden. Den | |
Antrag, dass sich der Lübecker Bürgermeister mit weiteren | |
schleswig-holsteinischen Städten des Bündnisses „Sicherer Hafen“ gegen die | |
Asylrechtsreform aussprechen soll, hat die Bürgerschaft bei der Sitzung am | |
Donnerstag von der Tagesordnung genommen. Denn für Politik auf EU-Ebene sei | |
die Stadt nicht zuständig, sagt Peter Petereid, Fraktionsvorsitzender der | |
SPD in Lübeck. Trotzdem stehe Lübeck zu seinem Titel als „Sicherer Hafen“. | |
2 Sep 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Katarina-Machmer/!a136456/ | |
[2] https://www.seebruecke.org/ | |
## AUTOREN | |
Katarina Machmer | |
## TAGS | |
Geflüchtete | |
Seebrücke | |
Seenotrettung | |
Schwerpunkt Flucht | |
Ampel-Koalition | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Aktivist über Lübeck als Sicherer Hafen: „Die Seenotrettung unterstützen“ | |
In einem offenen Brief fordert das Flüchtlingsforum, dass Lübeck für den | |
Titel „Sicherer Hafen“ auch etwas tut. | |
Oberbürgermeister zur Flüchtlingspolitik: „Wir können nicht mehr helfen“ | |
Das Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ ist mit der solidarischen Aufnahme v… | |
Geflüchteten an der Belastungsgrenze, sagt Potsdams Oberbürgermeister. | |
Flüchtlingsgipfel der Union: „Die Luft brennt“ | |
Beim Flüchtlingsgipfel der Union sparen Lokalpolitiker*innen nicht | |
mit Katastrophen-Rhetorik. Die Lage scheint drastisch in den Kommunen. |