| # taz.de -- Die DDR und der alpine Ski: „Wunder vom Fichtelberg“ | |
| > Bei der Ski-WM fehlt es an ostdeutschen Vertretern. In den 60er Jahren | |
| > überraschte noch ein DDR-Meister die Stars aus den Alpenländern. | |
| Bild: Konkurrenzfähig: Eberhard Riedel erreichte bei den Olympischen Spielen i… | |
| Der deutsche Slalomspezialist Felix Neureuther legte vor zwei Wochen bei | |
| den Hahnenkamm-Weltcup-Skirennen in Kitzbühel ein breites Schmunzeln auf | |
| nach der Frage, ob ihm der Name des DDR-Alpinstars Eberhard Riedel aus | |
| Oberwiesenthal etwas sagt: „Ja klar, ich habe in Adelboden die lange | |
| Siegerliste dieses traditionsreichen Ski-Wettkampf-Klassikers gesehen. Es | |
| hat mich sehr gefreut, dort seinen Namen zu lesen. Es ist schon cool, das | |
| wir zwei dort deutsche Skigeschichte geschrieben haben.“ | |
| Dem Sachsen Eberhard Riedel, der am 14. Februar seinen 81. Geburtstag | |
| beging, gelang am 9. Januar 1961 im schweizerischen Adelboden sein größter | |
| Coup. Riedel konnte damals als 22-jähriger Athlet aus dem kleinen | |
| Erzgebirge die ganzen Ski-Stars der Alpenländer im Riesenslalom bezwingen. | |
| Für seinen Sieg bei den „7. Internationalen Adelbodner Skitagen 1961“ wurde | |
| er 2004 in den „Place of Fame“ in Adelboden aufgenommen, wo er zusammen mit | |
| weiteren Skistars mitten auf dem Dorfplatz seinen in Beton gegossenen | |
| Fußabdruck hinterließ. Riedel erfüllt es bis heute mit Stolz, „dass man | |
| mich nach so vielen Jahren auch dort nicht vergessen hat“. | |
| Dieser Erfolg vor 58 Jahren war herausragend, weil er in der Frühzeit eines | |
| heutigen Weltcup-Klassikers zustande kam. Der Ski-Weltcup wurde erst 1967 | |
| eingeführt. Ganze 53 Jahre hatte es gedauert, bis mit dem Bayern Felix | |
| Neureuther am 11. Januar 2014 wieder ein Deutscher den legendären | |
| Riesenslalom in Adelboden gewinnen konnte. | |
| Was heute die jüngeren Generationen kaum noch wissen: In den 1950er und | |
| 1960er Jahren fuhren bei den alpinen Ski-Weltmeisterschaften und den großen | |
| Ski-Klassikern wie den Hahnenkamm-Rennen auf der Streif in Kitzbühel oder | |
| den Lauberhorn-Rennen in Wengen auch Alpinski-Haudegen aus der DDR mit. | |
| ## Ende der Förderung | |
| 1957 hatte Riedel mit 18 Jahren seine Streif-Premiere mit Rang 34 in der | |
| Abfahrt. Und 1965 gelang es ihm sogar, mit Platz 9 unter die Top Ten der | |
| besten Abfahrer der Welt in Kitzbühel zu fahren. Der zehnfache | |
| DDR-Skialpin-Meister Riedel, der von 1960 bis 1968 dreimal für die DDR an | |
| olympischen Winterspielen teilnahm, galt als „das Wunder vom Fichtelberg“. | |
| Der Hausberg in Oberwiesenthal, der Fichtelberg, war mit einer Höhe von | |
| 1.214 Metern der höchste Berg der DDR. Dort trainierten die | |
| DDR-Skialpinfahrer unter der Anleitung des Trainers Joachim Loos mangels | |
| Alternativen bei gefährlichen Speedabfahrten mit bis zu 130 km/h und | |
| Sprüngen auf der Trasse der Seilbahn, die zum Gipfel des Fichtelberges | |
| führt. Im Sommer wurden die Skier mit Bohnerwachs präpariert und dann auf | |
| mit Wasser besprengten Wiesen in Oberwiesenthal der Slalom geübt. | |
| Doch nach den Spielen von Grenoble 1968 kam das Aus für die Förderung des | |
| alpinen Skirennsports in der DDR. Zu teuer, zu wenig Medaillenchancen und | |
| mit zunehmendem Profitum nicht in das sozialistische Bild des Sports | |
| passend, so lauteten die Gründe der DDR-Sportfunktionäre. Riedel beendete | |
| frustriert seine Sportlerkarriere. „Bald zwei Jahre hat es gedauert, bis | |
| ich das Desaster verarbeitet hatte. Ich habe damals eine Zeit lang auch | |
| keine alpine Skirennen im Fernsehen anschauen können.“ | |
| Der Wiederaufbau des alpinen Skisports in Ostdeutschland im | |
| Leistungssportbereich nach zwei Jahrzehnten Stillstand begann nach der | |
| Wiedervereinigung in den neunziger Jahren. Es ist bis heute ein schwieriger | |
| Weg geblieben. Nur zwei Alpintrainer arbeiten am Sportgymnasium in | |
| Oberwiesenthal, welches die einzige Talenteschmiede mit Alpinski-Ausbildung | |
| in Ostdeutschland ist. | |
| Mit der 19-jährigen Julia Mehner vom Alpinen Skiclub Oberwiesenthal ist | |
| eines der vielversprechendsten Talente der letzten Jahre aus Sachsen in der | |
| Abfahrt und im Riesenslalom auch diesen Weg gegangen. Leider haben schwere | |
| Bänderverletzungen Julia zurückgeworfen. Eberhard Riedel verfolgt im | |
| Fernsehen die aktuelle Ski-WM in Are „mit großem Interesse“, und hofft | |
| natürlich darauf, dass es auch mal wieder Skialpin-Sportler „aus | |
| Mitteldeutschland in die Weltspitze schaffen“. | |
| 15 Feb 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Purschke | |
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