# taz.de -- Riesenslalom-Weltcup in Sölden: Kiwi auf Ski | |
> Ziemlich überraschend gewinnt die Neuseeländerin Alice Robinson den | |
> ersten Riesenslalom-Weltcup der Saison. Eine Neuseeländerin? | |
Bild: Gletscherspaß: Alice Robinson umkurvt ein Riesenslalom-Tor in Sölden | |
Sölden taz | Manchmal kommt es anders, als man plant. Alice Robinson hätte | |
eigentlich schnell aus Sölden abreisen wollen, sie musste zurück nach | |
Neuseeland in ihre Heimat, um dort die letzte Woche ihrer Schulzeit zu | |
absolvieren. Aber die 17-Jährige hatte am Samstag ein straffes Programm, | |
das nicht mit dem zweiten Durchgang des Riesenslaloms oben auf dem | |
Gletscher endete, sondern erst abends nach der Siegerehrung. Viel Zeit zum | |
Feiern blieb nicht. „Ein halbes Bier“, fand sie, sei angemessen. | |
Alice Robinson sorgte gleich beim Auftakt für die erste Überraschung des | |
Winters. Mit sechs Hundertstelsekunden Vorsprung gewann sie den ersten | |
Riesenslalom der noch jungen Alpinsaison und ließ das Establishment des | |
Weltcups hinter sich: Mikaela Shiffrin, die Gesamtweltcupsiegerin und die | |
dominierende Skirennläuferin der Gegenwart, Tessa Worley, die | |
Vorjahressiegerin, Weltmeisterin Petra Vlhova, die Olympiasiegerin von 2010 | |
und auch die Deutsche Viktoria Rebensburg. Gut, die Rennläuferin aus Bayern | |
kam nicht einmal in die Nähe der meisten geschlagenen Etablierten, erst | |
recht nicht in die von Siegerin Alice Robinson. Platz 13 – schlechter | |
schnitt Rebensburg in ihrer Paradedisziplin zuletzt vor knapp zwei Jahren | |
ab. | |
„Nicht unter den ersten zehn, das bin ich von der Vicky nicht gewohnt“, | |
sagte Wolfgang Maier, Alpinchef des Deutschen Skiverbandes – und lobte | |
Robinson. „Die zieht nicht zurück, sie fährt einfach aktiv. Da sieht man, | |
was man damit erreichen kann.“ Auch Shiffrin kam nicht umhin, Robinson | |
Respekt zu zollen – nachdem die Halbzeit-Führende aus den USA im Finale auf | |
Platz zwei zurückgefallen war und ihre Enttäuschung nicht hatte verbergen | |
können. „Es war wirklich cool, ihr zuzuschauen und das Feuer in ihren Augen | |
und das Feuer bei ihrer Fahrt zu sehen“, sagte Shiffrin. | |
Die Siegerin musste sich erst ans Rampenlicht gewöhnen. „Unglaublich, | |
verrückt“ stammelte sie unter Tränen in das Mikrofon einer Mitarbeiterin | |
des Weltverbandes FIS ein paar Minuten nach ihrem Triumph. Sie sei | |
„geschockt“, sagte sie auch später noch, als sie sich gefangen hatte: „D… | |
wird sicher ein bisschen dauern, bis es angekommen ist.“ Aber so richtig | |
freuen konnte sich Robinson auch wieder nicht, denn der Tag ihres Triumphes | |
fiel zusammen mit dem Aus der All Blacks im Halbfinale der | |
Rugby-Weltmeisterschaft gegen England. | |
## Feinschliff in Südtirol | |
Aber ganz aus dem Nichts kam die Neuseeländerin keineswegs. Zum ersten Mal | |
rückte sie bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Februar im schwedischen | |
Are ins Rampenlicht, als sie sich mit Bestzeit im zweiten Durchgang noch | |
auf den 17. Platz vorgeschoben hatte, ein paar Wochen später wurde sie beim | |
Weltcup-Finale in Andorra Zweite, in ihrem erst zehnten Weltcup-Rennen. | |
Neuseeländer im Ski-Weltcup sind zwar fast so etwas wie Exoten, aber | |
manchmal ziemlich erfolgreiche, allerdings bislang nur im Slalom: Annelise | |
Coberger war 1992 die erste „Kiwi“, die ein Weltcup-Rennen gewann. Später | |
holte die gebürtige Österreicherin Claudia Riegler für Neuseeland vier | |
Siege. | |
Alice Robinson kam in Sydney zur Welt, als sie vier war, verließ die | |
Familie Australien und zog nach Queenstown in der Bergregion auf | |
Neuseelands Südinsel. Dort begann die kleine Alice mit Skifahren und trat | |
mit acht dem örtlichen Skiclub bei. So richtig Fahrt nahm ihre Karriere | |
auf, als sie sich im vergangenen Jahr der Ski-Akademie der früheren Trainer | |
von Lindsey Vonn, Chris Knight und Jeff Fergus, in Südtirol anschloss. „Sie | |
brauchte Trainer mit Weltcup-Cup-Niveau, um vorwärtszukommen“, sagte Mutter | |
Sarah dem Blatt Mountain Scene in Queenstown. Es sei keine leichte | |
Entscheidung gewesen, die Tochter die Hälfte des Jahres weit weg in Europa | |
zu wissen. | |
Aber wohl die richtige. | |
27 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Schlammerl | |
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