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# taz.de -- Das Problem strukturelle Polizeigewalt: Polizei und Pokémon
> In Los Angeles wurden zwei Polizisten gefeuert, weil sie trotz eines
> akuten Notrufs lieber Pokémon spielten. Das ist so symbolisch wie
> tragisch.
Bild: Lachnummer: Polizisten des L.A. Police Departments jagen Pokemons statt D…
Bei meiner täglichen Polizei-Lektüre ist mir letzte Woche diese Schlagzeile
entgegengesprungen: „Polizisten in Los Angeles gefeuert, weil sie ein
Snorlax anstatt Kriminelle jagten.“
Officer Lozano und Officer Mitchell vom Los Angeles Police Department
(LAPD) [1][ignorierten laut Ermittlungen einen Notruf], bei dem sie Diebe
hätten festnehmen sollen, und entschieden sich, ein Snorlax zu fangen. Beim
3D-Reality-Spiel Pokémon Go sind meist in Stadtgebieten überall auf der
Welt Pokémons versteckt.
Man kann ihre Standorte auf dem Smartphone sehen und sie, wie in der Serie,
mit einem virtuellen Poké-Ball fangen, somit Prestige und Macht sammeln.
Vor einer Untersuchungskommission gaben Lozano und Mitchell an, dass sie
„beschäftigt gewesen“ seien und nicht zum Einsatz fahren konnten. Eine
Kamera im Einsatzwagen brachte Klarheit: sie zeigte, wie die Polizisten das
Pokémon-Monster triumphierend mit dem Smartphone einfangen.
## Den ganzen Tag schlafen
Als Kind hätte ich das Spiel geliebt, ich war ein großer Fan der
Anime-Serie von 1999. Damals gab es weder Smartphones noch mobiles
Internet, noch wusste ich über das Polizeiproblem Bescheid. So
interpretiere ich heute viel in diese Geschichte mit meinem
Pokémon-Insiderwissen und meinen Recherchen zur strukturellen
Polizeigewalt:
Die meisten Pokémon-Monster gehen durch Entwicklungsstadien, lernen fürs
Leben, reifen und entwickeln eine Fehlerkultur. So auch das berühmte
Elektro-Pokémon Pikachu, das zu einem weisen Raichu wird. Pikachu soll by
the way eine Ratte symbolisieren, habe ich neulich gelesen. Das hat den
jugendlichen Pokémon-Enthusiasten in mir richtig getroffen. Ich komme vom
Thema ab …
Snorlax, die begehrte Beute des für seine Skrupellosigkeit berüchtigten
LAPD, entwickelt sich nicht. Snorlax bleibt immer Snorlax. Seine besondere
Kraft: Faulenzen. Es schläft den ganzen Tag und steht nur kurz auf, um zu
essen. Dabei verschlingt ein Snorlax laut Poké-Wiki bis zu 400 Kilo Nahrung
pro Tag. Auf Deutsch ist Snorlax auch als Relaxo bekannt. Es erinnert mich
ein bisschen an ein gemütliches Schwein.
## Alle wissen es, aber es tut sich nichts
Snorlax steht für den [2][State of Mind in Sachen Polizeigewalt]. Es
entwickelt sich einfach nicht weiter. Die Fakten liegen auf dem Tisch, die
Geschichten der Betroffenen sind erzählt, die Fälle wiederholen sich mit
deprimierender Zuverlässigkeit und werden immer häufiger mit Smartphones
dokumentiert und im Netz für alle sichtbar geteilt. Alle wissen
mittlerweile, dass es ein [3][grundsätzliches Problem mit polizeilichem
Machtmissbrauch] gibt.
Das betrifft in verschiedenen Abstufungen Polizeibehörden weltweit: von
L.A. über Berlin bis zum weit entfernten Indigo-Plateau aus der
Pokémon-Serie. Die meisten Entscheidungsträger*innen bei der Polizei,
bei Polizeigewerkschaften, in Medien und der Politik machen aber – wie
Snorlax – lieber ein Nickerchen.
20 Jan 2022
## LINKS
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[3] /US-Prozess-um-Tod-von-Ahmaud-Arbery/!5817864
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
Kolumne Die Nafrichten
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
USA
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