# taz.de -- Dänische Wahlsiegerin Mette Frederiksen: Opportunistin, lautet ein… | |
> Frederiksen machte eine atemberaubende Karriere als Sozialdemokratin in | |
> Dänemark. Ihren Wahlkampf machte sie jedoch mit einer rechten Kampagne. | |
Bild: Sie hat es geschafft: Dänemarks Wahlsiegerin Mette Frederiksen | |
STOCKHOLM taz | An Selbstbewusstsein mangelte es Mette Frederiksen, [1][der | |
Siegerin der dänischen Parlamentswahl], noch nie. Als sie mit 15 Jahren | |
1993 auf das Gymnasium in ihrer Heimatstadt Aalborg wechselte, klärte sie | |
als erstes mit ihren Eltern, dass die sich von nun an nicht mehr in ihren | |
Schulgang einzumischen hätten. Schule sei allein ihre Sache, schließlich | |
habe sie ja auch selbst entschieden, aufs Gymnasium zu gehen. | |
Einmischen wurde auch nie notwendig. Die erste Tochter aus ihrer | |
Arbeiterfamilie, die eine höhere Ausbildung absolvierte, schaffte die nicht | |
nur mit links, sondern brachte sie auch noch mit frühen politischen | |
Aktivitäten unter einen Hut. Mit 12 Jahren hatte sie sich schon ein | |
symbolisches Stück Regenwald in Südamerika gekauft und engagierte sich für | |
die südafrikanische Anti-Apartheidbewegung. | |
Ihre Parteiwahl war nie eine Frage: Schon Vater, Groß- und Urgroßvater | |
waren ja aktive Sozis. Mit 23 Jahren als jüngste Sozialdemokratin erstmals | |
ins Parlament gewählt, wurde Mette Frederiksen schnell durch ihr starkes | |
soziales Engagement bekannt. Und weil ihre Stimme am Rednerpult oft etwas | |
zu laut und zu schrill wurde bekam sie neben dem Spitznamen „røde Mette“ | |
noch einen weiteren: „Skrigeskinken“, was in etwa „Schreihals“ bedeutet. | |
Als 2005 ein neuer Parteivorsitzender gewählt wurde, konnte ihr Vater sie | |
überzeugen, nicht zu kandidieren: „Wenn du das mit 27 machst, was machst du | |
dann erst mit 40?“ Und mit 27 war sie ja schon sozialpolitische Sprecherin | |
der Partei und stellvertretende Fraktionsvorsitzende, absolvierte nebenher | |
noch ein Soziologiestudium und machte einen Master in Afrikakunde – das | |
musste erst einmal reichen. | |
Ihre Zeit kam, als die seinerzeitige Parteivorsitzende Helle | |
Thorning-Schmidt, in deren Kabinett Frederiksen erst Arbeitsmarkt- dann | |
Justizministerin war, nach einer Wahlniederlage im Juni 2015 die Brocken | |
hinwarf. An Thorning-Schmidts Stuhl, die sie schon wegen Herkunft und | |
Vorliebe für teure Handtaschen und Kleider für keine „echte“ | |
Sozialdemokratin hielt, hatte Frederiksen da schon länger gesägt. | |
Was sich wie ein roter Faden durch die Karriere der 41-jährigen zieht: Die | |
Fähigkeit binnen kurzer Zeit die Meinung zu ändern. Das wurde ihr schon | |
vorgeworfen, als sie Tochter Ida und Sohn Magne auf eine Privatschule | |
schickte, nachdem sie zuvor Eltern, die das taten, just dafür kritisiert | |
hatte. | |
## Eine rechte oder traditionelle Sozialdemokratin? | |
Buchstäblich von einem Tag auf den anderen sprach sie sich im Parlament | |
erst gegen ein Burkaverbot aus, um es 16 Stunden später ganz | |
selbstverständlich als sozialdemokratische Forderung zu verkaufen. | |
Wendehals und Opportunistin lauten Vorwürfe, die an ihr kleben. | |
Ihre Partei schluckte das bislang alles. Auch den historischen | |
Rechtsschwenk mit dem sie die Sozialdemokraten in der Ausländerpolitik Seit | |
an Seit zu den Rechtspopulisten positionierte. Frederiksen, die die | |
DänInnen für die kompetenteste aller Parteivorsitzenden halten und die sich | |
selbst nicht als „rechte“, sondern als „traditionelle“ Sozialdemokratin | |
sieht, [2][dürfte nun die bislang jüngste Person im dänischen | |
Ministerpräsidentenamt werden.] | |
„Røde Mette“ wird sie schon seit Jahren nicht mehr genannt. | |
6 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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