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# taz.de -- DFB beim Fall Gündoğan-Özil-Erdoğan: Basta statt Aufarbeitung
> Was hat der DFB im Fall Gündoğan-Özil-Erdoğan falsch gemacht? So ziemlich
> alles. Ganz offensichtlich hat der Verband keine Ahnung von Krisen.
Bild: Özil, Löw, Gündoğan: Glaubwürdigkeit geht anders
Sportliche Leistungen, exzellente Leistungsträger und Fitness auf den Punkt
sind das eine. Aber Fußball ist zuallererst ein Mannschaftssport. Und der
basiert auf der Fähigkeit, gemeinsam ein Spiel zu entscheiden – besonders
bei der deutschen Elf, die als Turniermannschaft gilt.
Nun ist Fußball im Verband organisiert. Und dort wollen viele Köche daran
arbeiten, den fünften Stern für die deutsche Mannschaft einzufahren. Heißt
im Klartext: Auch der DFB muss in seiner Verbandsspitze eine
Mannschaftsleistung abliefern, die den Boden bereitet für die Gemeinschaft
der Spieler. Im Verband zählt insbesondere die Kommunikationsleistung. Hier
werden jene Werte definiert, die Orientierung bieten sollen für den
Einzelspieler. Eine originäre Aufgabe des DFB ist die des
Kommunikationsmanagers.
Nun besteht die deutsche Elf überwiegend aus hochbezahlten Spielern, die
jeder für sich auf ein eigenes Management angewiesen sind, wenn sie den
Alltag in den europäischen Ligen bestmöglich für sich nutzen wollen. Dieser
Interessenkonflikt zwischen DFB-Management und Einzelvertretung ist nicht
neu. Und er tritt insbesondere dann zutage, wenn Entscheidungen der Spieler
und ihrer Manager in Konflikt geraten mit der Rolle als Nationalspieler.
Wie hier der GAU aussehen kann, machte der Fall der Spieler Gündoğan und
Özil klar, die dem türkischen Präsidenten Wahlkampfhilfe leisteten und
damit massive Empörung auslösten.
Für einen vorbereiteten Verband ist das der Moment, zu zeigen, was gutes
Krisenmanagement bedeutet. Der DFB allerdings hat hier auf ganzer Linie
gepatzt. Denn als die Fans in den letzten beiden Testspielen vor dem
Turnier mit Pfiffen zeigten, was sie von den Erdoğan-Auftritten der beiden
Spieler halten, galt es, schnell, präzise und richtig zu agieren.
## DFB ohne Erfahrung im Krisenmanagement
Nun gehört es leider zum gängigen Verhalten der Sportmanager, den Zugang zu
den Spielern gegenüber den Medien zu verknappen und so eine Angebotsmacht
entstehen zu lassen. Über dieses Verhalten wird auch Macht ausgeübt und bei
allzu kritischer Berichterstattung damit gedroht, den Kritiker künftig von
Informationen auszuschließen. Dass allerdings geht nur gut, bis ein
veritabler Skandal zu bereinigen ist. Dann wird Verknappung von
Informationen zum Desaster. Noch mehr, wenn Sport zum Politikum wird.
Das Management des DFB bewies deutlich, dass es mit solchen Krisen
keinerlei Erfahrung hat, als es beispielsweise auf Pressekonferenzen zum
Fall Gündoğan-Özil-Erdoğan nicht einmal mehr Nachfragen zuließ, weil keine
Antworten verfügbar waren oder der Versuch unternommen wurde, ein „Basta“
zu setzen, von dem man schnell zurückrudern musste. Nun sollten
Krisenmanager eines wissen: Meistens führt nicht der Casus an sich zur
Eskalation. Krisen eskalieren über den falschen Umgang mit ihnen. So treten
Politiker selten wegen des Fehlers selbst zurück, sondern viel öfter noch
nach einem unzureichenden Krisenmanagement.
In der Causa Gündoğan-Özil-Erdoğan gab es bis heute keine veritable
Aufarbeitung durch den DFB und die Spieler. Nichts wurde klargestellt, Özil
ist sogar völlig in der Versenkung verschwunden. Gündoğan kommunizierte auf
Schmalspur via Twitter, und der DFB wollte am liebsten kein Wort mehr
darüber verlieren, wollte indes viel lieber der Schiedsrichter sein, als
Verantwortung übernehmen für das Verhalten seiner Spieler. Glaubwürdigkeit
geht anders.
## Der DFB hat alles nur noch schlimmer gemacht
Und die Bereitschaft, zu verzeihen, ist ja da. Vor so einem sportlichen
Großereignis noch viel mehr, als zu jeder anderen Zeit. Leider wurde diese
Gelegenheit vom DFB und den betroffenen Spielern nicht angenommen.
Nennen wir es beim Namen: Es geht um Beichte, Reue und Buße. Das mag
religiös klingen, ist aber grundlegender Mechanismus jedes
gesellschaftlichen Miteinanders. Innerhalb der Gesellschaft muss es das
Mittel geben, Entschuldigung zu sagen, um Übergriffe, Verletzungen und
Fehler zu bereinigen. Anders ist das Miteinander von Menschen, die
natürlich tagtäglich Fehler begehen, nicht möglich. Dieser Prozess ist im
Prinzip so einfach wie erforderlich.
Die Basta-Politik des DFB hat den Spielern diese Gelegenheit verbaut. Mit
dem Anpfiff zum Auftaktspiel war sie verpasst. Dabei wollen die Fans doch
nur eines: am liebsten wieder Weltmeister werden. Selten wäre die Chance
größer gewesen für die Spieler und den DFB, Fehler verziehen zu bekommen.
19 Jun 2018
## AUTOREN
Hasso Mansfeld
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