# taz.de -- Christchurch-Prozess in Neuseeland: Attentäter muss lebenslang in … | |
> Der 29-Jährige hat 51 Menschenleben auf dem Gewissen. Er erhält ein | |
> bisher einzigartiges Strafmaß in Neuseeland: Lebenslange Haft ohne | |
> Bewährung. | |
Bild: Vor dem Gericht jubelten die Menschen nach der Urteilsverkündung | |
CHRISTCHURCH dpa | Der Attentäter von Christchurch muss für den Rest seines | |
Lebens in Haft. Richter Cameron Mander verurteilte d[1][en 29-jährigen | |
Rechtsextremisten aus Australien] am Donnerstag zu einer lebenslangen | |
Haftstrafe ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung. Mit dem | |
Urteilsspruch nach einer viertägigen Anhörung ist damit eineinhalb Jahre | |
nach den Anschlägen auf zwei Moscheen mit 51 Toten und 50 Verletzten eines | |
der dunkelsten Kapitel in der jüngeren Geschichte des Pazifikstaates | |
zumindest juristisch abgeschlossen. | |
„Sie waren motiviert von einem grundsätzlichen Hass auf Menschen, von denen | |
Sie glauben, dass sie anders sind als Sie selbst. (...) Sie stellen ein | |
großes Risiko für die öffentliche Sicherheit dar“, sagte Mander vor der | |
Verkündung des Strafmaßes. Der Angeklagte verfolgte die Ausführungen des | |
Richters ohne sichtbare Emotion. | |
Staatsanwalt Mark Zarifeh hatte zuvor ebenfalls auf lebenslang ohne | |
Bewährung plädiert. Ein solches Strafmaß hat es in Neuseeland bisher noch | |
nie gegeben. Zarifeh betonte, die Anschläge seien „ein schmerzhafter und | |
erschütternder Moment in der neuseeländischen Geschichte“. Er hob zudem | |
hervor, wie hinterhältig der Täter agiert habe: „Viele von denen, die | |
erschossen wurden, knieten im Gebet und hatten dem Schützen den Rücken | |
zugewandt.“ Sowohl der Staatsanwalt als auch der Richter erklärten, dem | |
Angeklagten fehle es völlig an Empathie. | |
Der Attentäter hatte im März 2019 zwei Moscheen in Neuseeland angegriffen | |
und 51 Menschen getötet. 50 weitere wurden teilweise lebensgefährlich | |
verletzt. Das minutiös geplante Massaker übertrug der Täter per Helmkamera | |
ins Internet. Das Verbrechen gilt als das verheerendste in der jüngeren | |
Geschichte des Pazifikstaats. Viele Überlebende leiden bis heute unter den | |
Folgen, sind arbeitsunfähig oder müssen mit starken Schmerzen leben. In | |
Folge der Tat verschärfte die Regierung die Waffengesetze. | |
## Der Angeklagte hatte darauf verzichtet, sich zu äußern | |
Der 29-Jährige hatte nach der Tat zunächst auf nicht schuldig plädiert, | |
sich aber im März plötzlich doch in allen Anklagepunkten schuldig bekannt. | |
Deshalb entfiel eine Hauptverhandlung. Ihm wurden 51 Morde, 40 versuchte | |
Morde und Terrorismus zur Last gelegt. Der Extremist ist der erste | |
Angeklagte, der unter dem Gesetz gegen Terrorismus („Terrorism Suppression | |
Act“) von 2002 verurteilt wurde. | |
Er hatte zuvor darauf verzichtet, sich noch selbst vor Gericht zu äußern. | |
Die Ankündigung räumte monatelange Befürchtungen aus, der Angeklagte könnte | |
den Gerichtssaal zur Selbstdarstellung und als Plattform zur Verbreitung | |
seiner rechtsextremistischen Ansichten nutzen. Ein Pflichtanwalt verlas | |
stattdessen eine kurze Erklärung, in der es hieß, der Angeklagte widersetze | |
sich einem lebenslangen Urteil ohne Bewährung nicht. | |
Mehrere Dutzend Betroffene waren während der Urteilsverkündung im | |
Gerichtssaal. Hunderte weitere verfolgten sie per Live-Stream. Auf dem Dach | |
des High Court in Christchurch waren Scharfschützen positioniert, das | |
Sicherheitsaufgebot war riesig. | |
Premierministerin Jacinda Ardern begrüßte das Urteil. „Ich hoffe, heute ist | |
der letzte Tag, an dem wir Anlass haben, den Namen des dahinter stehenden | |
Terroristen zu hören oder auszusprechen“, teilte die 40-Jährige mit. „Er | |
verdient völlige Stille auf Lebenszeit.“ | |
## Ardern würdigt muslimische Gemeinde | |
Ardern würdigte auch die Stärke der muslimischen Gemeinschaft. In den | |
vergangenen Tagen hatten [2][mehr als 80 Überlebende und Hinterbliebene vor | |
Gericht Erklärungen abgegeben]. In emotionalen Statements wandten sie sich | |
oft direkt an den Täter. Viele hatten den Richter eindringlich gebeten, den | |
Attentäter für immer einzusperren. | |
Die Betroffenen hätten die schrecklichen Ereignisse noch einmal durchlebt, | |
um zu berichten, was an diesem Tag geschehen sei und welchen Schmerz sie | |
hinterlassen hätten, sagte Ardern. „Nichts wird Ihnen den Schmerz nehmen, | |
aber ich hoffe, Sie haben während dieses ganzen Prozesses die Arme | |
Neuseelands um sich herum gespürt“. | |
27 Aug 2020 | |
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