# taz.de -- Todesfall auf Bundeswehr-Schulschiff: Keine besondere Gefahr erkannt | |
> Nach dem Tod ihrer Tochter auf der „Gorch Fock“ vor acht Jahren bekommen | |
> die Eltern einer Soldatin keine Entschädigung. Ein Gericht wies die Klage | |
> ab. | |
Bild: Die „Gorch Fock“, das Schulschiff der Marine (Archivbild aus dem Jahr… | |
Münster dpa | Acht Jahre nach dem Tod der Bundeswehr-Kadettin Jenny Böken | |
auf der „Gorch Fock“ hat das Oberverwaltungsgericht in Münster eine Klage | |
der Eltern auf Entschädigung zurückgewiesen. Nach einem rund zwölfstündigen | |
Prozesstag sah es das Gericht am Mittwochabend als erwiesen an, dass Böken | |
2008 auf dem Segelschulschiff nicht unter „besonders lebensgefährlichen“ | |
Umständen gestorben sei. | |
Diese Feststellung wäre aber notwendig gewesen, damit den Eltern aus | |
Geilenkirchen bei Aachen nach dem Soldatenversorgungsgesetz 20 000 Euro | |
zugestanden hätten. Das Gericht ließ keine Revision zu. Dagegen können die | |
Kläger beim Bundesverwaltungsgericht Nichtzulassungsbeschwerde einlegen | |
(Az.: 1 A 2359/14). | |
Nach Auffassung des Gerichts lag nach messbaren Gesichtspunkten wie den | |
Wetterbedingungen keine besondere Gefahr für die Besatzung vor. Laut | |
mehreren Zeugenaussagen segelte die „Gorch Fock“ bei Windstärke 7 ruhig bei | |
einer leichten Neigung im Wasser. | |
Böken war im September 2008 nördlich von Norderney bei einer Nachtwache | |
über Bord gegangen. Ihre Leiche wurde elf Tage später bei Helgoland in der | |
Nordsee gefunden. Die genauen Todesumstände blieben auch nach der | |
Verhandlung in Münster ungeklärt. Die Staatsanwalt Kiel wertet den | |
Todesfall Böken bis heute als Unglück und hat kein Strafverfahren eröffnet. | |
## Kein Grund, die Besatzung besonders zu sichern | |
Der Vorsitzende Richter hatte bereits zu Beginn vor zu großen Erwartungen | |
gewarnt. Die Verhandlung werde die genauen Todesumstände von Böken im Jahr | |
2008 nicht aufklären können, sagte er. Das bestätigte sich nach der | |
Aussagen von acht Zeugen am Mittwoch. | |
Nach übereinstimmenden Aussagen lag das Schiff am Abend des 3. September | |
ruhig im Wasser, als Böken vorne auf der „Gorch Fock“ im Ausguck stand. Das | |
Gericht befragte mehrere Soldaten, die 2008 zum Beispiel bei der Übergabe | |
der Wache gegen 22 Uhr dabei waren. Eine damalige Kadettin schilderte die | |
Wetterlage und Sichtverhältnisse. Es sei trocken und der Himmel sei klar | |
gewesen. | |
Ob Böken den Kameraden an diesem Abend von Unterleibsschmerzen erzählt | |
hatte? Diese Frage verneinten die Zeugen. Bei Detailfragen gaben eine | |
heutige Bundeswehr-Ärztin und eine Soldatin allerdings Erinnerungslücken | |
an. Dass Böken im Dienst immer mal wieder eingeschlafen sei, sei aber | |
durchaus Thema an Bord gewesen. | |
Der ehemalige Kommandant der „Gorch Fock“ sagte als Zeuge aus. Es habe an | |
dem Abend keinen Grund gegeben, die Besatzung besonders zu sichern, sagte | |
Kapitän Norbert Schatz. An dem Abend sei es trocken gewesen, das Schiff | |
habe stabil und ruhig in der Nordsee gelegen. Es seien 10 von 23 Segeln | |
gesetzt gewesen. Schwimmwesten müssten nach Vorschrift nur angeordnet | |
werden, wenn es Eisbildung, Nebel oder schwere See gebe. „Nichts davon war | |
an dem Abend erfüllt.“ | |
## Häufig im Lazarett | |
Nach Aussage einer damaligen Sanitäterin war Böken auf der „Gorch Fock“ | |
häufig im Lazarett gewesen. Sie sei dort „Stammgast“ gewesen. Noch am Tag | |
vor dem Unglück habe sie notiert, dass sie sich Sorgen um die junge Frau | |
mache, sagte die heute 38-Jährige. Die Zeugin arbeitet heute nicht mehr bei | |
der Bundeswehr. | |
Der im Anschluss befragte Schiffsarzt bestritt diese Darstellung. Die | |
Sanitäterin habe ihm mitgeteilt, dass es der Kadettin wieder besser gehe, | |
sagte er vor Gericht. Nach Meinung der klagenden Eltern war ihre Tochter | |
gesundheitlich angeschlagen und nicht diensttauglich gewesen. Auch dies | |
wies das Gericht zurück und bestätigte damit eine Entscheidung des | |
Verwaltungsgerichts Aachen aus der ersten Instanz. | |
15 Sep 2016 | |
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