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# taz.de -- Angeblicher Angriff auf Linken in Wismar: Nicht gestochen, sondern …
> Neonazis hätten ihn attackiert, behauptete ein Linke-Politiker. Nun
> ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn, weil die Geschichte wohl
> erfunden war.
Bild: Frage für die Ermittler: Wie war das mit dem Messer? Hier: ein Richter i…
BERLIN taz | „Auf die Unschuldsvermutung wird ausdrücklich hingewiesen.“
Das ist [1][der letzte Satz einer Pressemitteilung], die von der
Staatsanwaltschaft Schwerin am Montagnachmittag versendet wurde. Der Satz
ist wichtig, weil alles andere in dieser Pressemitteilung Sprengkraft hat:
Demnach soll der Nachwuchspolitiker der Linkspartei, der am Montag
angeblich von Rechtsextremen überfallen und mit 17 Messerstichen attackiert
worden war, den Übergriff frei erfunden haben.
[2][Die Staatsanwaltschaft ermittelt] nun gegen den Linkenpolitiker Julian
K. wegen Vortäuschung einer Straftat. Wenn sich der Verdacht erhärtet und
bewiesen werden kann, droht dem Sprecher der Linksjugend Solid in Schwerin
laut Strafgesetzbuch eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu
drei Jahren.
In der vergangenen Woche hatten zunächst Julian K. und dann der
Kreisverband der Linkspartei öffentlich behauptet, K. sei am Montag von
drei Rechtsextremen in der Nähe des Wismarer Bahnhofs [3][überfallen und
mit einem Messer attackiert worden]. Demnach hätten Ärzte 17
Messereinstiche an seinem Körper gezählt. [4][Das Neue Deutschland schrieb]
daraufhin von einem Mordversuch. Politiker wie Dietmar Bartsch
(Linkspartei) und Volker Beck (Grüne) warnten daraufhin vor der neuen
Dimension rechter Gewalt.
Allerdings hatte es von Anfang an gewisse Besonderheiten bei dem Fall
gegeben. So war auffällig, wie schnell, lautstark und selbstbewusst sich
das vermeintliche Opfer des Mordangriffes kurz nach der Tat wieder geäußert
hatte. In einer schon kurz nach der Tat verschickten Mitteilung schrieb K.:
„Ich werde mich von diesem feigen Angriff nicht einschüchtern lassen“,
schrieb K. Auffällig war auch, dass sich K. erst einen Tag nach der Tat an
die Polizei wandte – und dann auch nur über ein Internetportal.
## Offenbar komplett erfunden
Andererseits: Muss das, nur weil es außergewöhnlich ist, auf eine erfundene
Geschichte hindeuten? Nicht unbedingt. Als K. dann aber auch am Folgetag
für die Polizei kaum erreichbar war, während aus Reihen der Linkspartei
schon scharfe Forderungen nach konsequenten Ermittlungen laut wurden,
begann die Geschichte denkwürdig zu werden.
Nun deutet vieles darauf hin, dass die Geschichte komplett erfunden war.
Das meint zumindest die Staatsanwaltschaft Schwerin. Demnach hat ein
Rechtsmediziner in seinem Gutachten festgestellt, dass die Schnittwunden,
die K. am Arm hat, kaum von massiven Messerangriffen stammen könnten,
sondern wahrscheinlich eher aus Selbstverletzungen stammen.
Auch habe K. bei einer Tatortbegehung Zweifel an seiner Version aufkommen
lassen. Zudem sei angeblich die Jacke verschwunden, die als Beleg für die
Schnittwunden dienen könnte. Und so ergibt sich das – vorläufige –
Gesamtbild: K. soll gelogen haben.
Wenn dies stimmt: Wieso tut jemand so etwas? Aus Geltungsdrang? Aus falsch
verstandenem Politisierungsbedürfnis? Sprechen die Zahlen über täglich neue
Angriffe von Rechtsextremen auf Flüchtlinge und Büros der Linkspartei nicht
für sich?
Für die taz war K. trotz mehrfacher Nachfragen in der vergangenen Woche
nicht zu erreichen, auch am Montag nicht. Auch der Kreisverbandsvorsitzende
der Linkspartei in Schwerin, Peter Brill, der mit seiner Pressemitteilung
das Thema auf die Agenda gesetzt hatte, will plötzlich nichts mehr sagen.
Auch auf mehrmalige Nachfrage gab sich Brill am Montag zu keiner
Einschätzung bereit. Er sagte lediglich, er habe die Umstände zur Kenntnis
genommen, aus seiner Sicht sei alles gesagt. Ob die von ihm dargestellte
Faktenlage nun bestand habe oder nicht, wollte Brill ebenfalls nicht
kommentieren.
11 Jan 2016
## LINKS
[1] http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/108746/3221906
[2] http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/108746/3221906
[3] /!5266754/
[4] http://www.neues-deutschland.de/artikeal/997032.messerattacke-auf-linkenpol…
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
Wismar
Linksjugend Solid
Die Linke
Rechtsextremismus
Die Linke
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rassismus
Erfurt
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