# taz.de -- Aktuelle Coronamaßnahmen: Mediziner warnen vor Überlastung | |
> Die Zahl der Neuinfektionen steigt weltweit weiter an. Ärzte warnen vor | |
> Personalengpässen in der Pflege. Angela Merkel verteidigt Maßnahmen. Die | |
> Coronalage im Überblick. | |
Bild: Eine Pflegerin auf der Intensivstation in Essen, wo Coronapatienten behan… | |
Intensivmediziner warnen vor drohender Überlastung | |
Auf Deutschlands Intensivstationen ballt sich angesichts der rasant | |
steigenden Corona-Infektionszahlen Wut, Frust und Traurigkeit. „Es ist | |
jetzt schon nachweislich schlimmer als im Frühjahr“, sagte Uwe Janssens, | |
Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und | |
Notfallmedizin (DIVI). „In 14 Tagen haben wir die schweren Krankheitsfälle | |
und unsere großen Zentren kommen unter Maximalbelastung.“ Kliniken müssten | |
sich deshalb bereits jetzt fragen, bei welchen Patientinnen sie vereinbarte | |
Operationen guten Gewissens verschieben könnten. Die Devise könne nur | |
lauten: „Fahrt runter!“ | |
In Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen seien einige Kliniken schon gut | |
mit Covid-19-Patienten belegt, andere Erkrankte würden bereits verdrängt, | |
sagte Stefan Kluge, Leiter der Intensivmedizin am Universitätsklinikum | |
Hamburg-Eppendorf (UKE). Die Lage sei „absolut besorgniserregend“. Von den | |
Infizierten müssten etwa 5 Prozent im Krankenhaus behandelt werden, 2 | |
Prozent auf der Intensivstation, so Kluge. Über 70-Jährige hätten ein | |
Todesrisiko von über 50 Prozent. | |
Das Problem sei dabei nicht so sehr die Anzahl der Intensivbetten. „Wir | |
haben mehr Betten und mehr Beatmungsgeräte als zu Beginn der Pandemie. Aber | |
wir haben nicht eine müde Maus mehr beim Personal“, sagte Janssens. „Bis | |
jetzt sind wir zurechtgekommen. Aber wir müssen die | |
Pflegepersonal-Untergrenzen wieder aussetzen, wenn das so weitergeht.“ | |
Laut Janssens gibt es auch eindeutig mehr Infektionen unter | |
Klinikmitarbeitenden. „Wir haben im März und April kaum Infektionen gehabt, | |
die jemand von draußen hereingetragen hat“, sagte er. „Jetzt haben wir in | |
kürzester Zeit Mitarbeiter, die positiv sind. Sie sind sofort raus.“ Andere | |
hätten engen Kontakt zu positiv Getesteten gehabt. „Die sind dann auch noch | |
weg.“ Das Schichtsystem auf Intensivstationen könne damit schnell aus den | |
Fugen geraten. Ein beatmeter Covid-19-Patient braucht allein bis zu fünf | |
Schwestern oder Pfleger. (dpa) | |
## Weltweit mehr Coronafälle, neuer Höchstwert in Russland | |
In Russland verzeichnen die Behörden 17.717 Neuinfektionen, das sind so | |
viele wie nie zuvor binnen 24 Stunden. Allein 4.906 der Fälle wurden in der | |
Hauptstadt Moskau nachgewiesen. Insgesamt steigen die Ansteckungsfälle auf | |
über 1,58 Millionen. 366 weitere Menschen starben mit oder an dem | |
Coronavirus, seit Beginn der Epidemie sind es damit 27.301. Weltweit steht | |
Russland bei den Infektionen auf Platz vier hinter den USA, Indien und | |
Brasilien, allerdings mit deutlich weniger Todesfällen. | |
Frankreichs Gesundheitsminister Olivier Veran schließt eine dritte | |
Coronavirus-Welle nicht aus. Das sagt er dem Radiosender France Info. Ab | |
Freitag gelten in Frankreich schärfere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. | |
Veran sagt, derzeit seien in Frankreich vermutlich eine Million Menschen | |
mit dem Virus infiziert. | |
Weltweit haben sich mehr als 44,2 Millionen Menschen nachweislich mit dem | |
Coronavirus angesteckt. Das ergibt eine Reuters-Erhebung auf Basis | |
offizieller Daten. Fast 1,17 Millionen Menschen sind demnach mit oder an | |
dem Virus gestorben. Die meisten Infektionen weltweit verzeichnen die USA, | |
gefolgt von Indien, Brasilien, Russland und Frankreich. (rtr) | |
## Kanzlerin verteidigt Coronamaßnahmen | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Bundestag die getroffenen | |
Coronamaßnahmen verteidigt. Die Gesundheitsämter seien mit der Ausbreitung | |
überfordert, 75 Prozent der Infektionen können demnach nicht mehr | |
nachverfolgt werden. Merkel sagte vor dem Hintergrund der steigenden | |
Infektionszahlen: „Wir befinden uns zu Beginn der kalten Jahreszeit in | |
einer dramatischen Lage.“ | |
Ginge die Entwicklung so weiter, wäre die Intensivmedizin schon bald | |
überfordert, sagte die CDU-Politikerin und fügte mit Blick auf die Pandemie | |
hinzu: „Sie betrifft uns alle.“ Die beschlossenen Maßnahmen sind nach ihren | |
Worten daher „geeignet, erforderlich und verhältnismäßig“. Die derzeitige | |
Dynamik des Infektionsgeschehens könne die Intensivmedizin in wenigen | |
Wochen überfordern, warnte Merkel und verwies darauf, dass sich die Zahl | |
der intensivmedizinisch betreuten Covid-19-Patienten in den vergangenen | |
zehn Tagen auf mehr als 1.500 verdoppelt habe. Wenn man warte, bis die | |
Intensivstationen voll sind, „dann wäre es zu spät“, sagte sie. (dpa) | |
Merkel hatte am Mittwoch mit den Regierungschefs der Länder erneute | |
drastische Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens beschlossen. | |
Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen sollen ab der kommenden | |
Woche für den ganzen November schließen. Die Bürger sollen ihre privaten | |
Kontakte auf ein Minimum reduzieren. | |
Sie verstehe die Frustration und Verzweiflung aller, die trotz erarbeiteter | |
Hygienekonzepte schließen müssten, sagte Merkel. Doch in der gegenwärtigen | |
Situation könnten Hygienekonzepte ihre Kraft nicht mehr entfalten. Es gebe | |
kein anderes Mittel als konsequente Kontaktbeschränkungen, um die Pandemie | |
auf ein beherrschbares Niveau zu bringen. | |
## Kanzleramtsminister Braun zu den Maßnahmen | |
Das Maßnahmenpaket sei gut, müsse aber auch von der Bevölkerung mitgetragen | |
werden, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun im [1][ARD-„Morgenmagazin“]. | |
Er sei zuversichtlich, dass damit ein Gesundheitsnotstand in Deutschland | |
verhindert werden könne. | |
Auch wirtschaftlich ist es ihm zufolge sinnvoll. Dort, wo die | |
Infektionszahlen höher seien, seien auch die wirtschaftlichen Einbrüche | |
höher, sagt er. „Zu glauben, dass kein Lockdown bedeutet, es läuft | |
wirtschaftlich besser, ist wahrscheinlich komplett falsch.“ Die Maßnahmen | |
seien so bemessen, „dass wir glauben, … dass wir genau diesen November | |
brauchen“. Ziel sei es, im Dezember wieder „mehr wirtschaftliches Leben“ | |
und vor allem „mehr private Kontakte in der Weihnachtszeit“ möglich zu | |
machen. (taz) | |
## Neuer Höchstwert: 16.774 Coronaneuinfektionen | |
Die Zahl der registrierten [2][Coronaneuinfektionen] in Deutschland hat mit | |
16.774 Fällen binnen eines Tages einen neuen Höchstwert erreicht. Dies geht | |
aus Angaben des Robert-Koch-Instituts vom frühen Donnerstagmorgen hervor. | |
Der bisherige Höchstwert vom Vortag lag bei 14.964 Fällen. Am Donnerstag | |
vor einer Woche hatten die Gesundheitsämter 11.287 Neuinfektionen gemeldet. | |
Damit hatte der Wert erstmals seit Beginn der Coronapandemie in Deutschland | |
die Marke von 10.000 überschritten. | |
Die jetzigen Werte sind nur bedingt mit denen aus dem Frühjahr | |
vergleichbar, da mittlerweile wesentlich mehr getestet wird und dadurch | |
auch mehr Infektionen entdeckt werden. | |
Insgesamt haben sich dem RKI zufolge seit Beginn der Pandemie bundesweit | |
481.013 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Die Zahl der Todesfälle im | |
Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Donnerstag um 89 auf insgesamt 10.272. | |
Das RKI schätzt, dass rund 339.200 Menschen inzwischen genesen sind. | |
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht | |
vom Mittwoch bei 1,03. Das bedeutet, dass ein Infizierter etwas mehr als | |
einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das | |
Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. | |
Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. | |
Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher | |
weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert | |
am Dienstag bei 1,17. Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 | |
Tagen. | |
Mit einer Regierungserklärung im Bundestag will Bundeskanzlerin Merkel am | |
heutigen Donnerstag [3][die zusätzlichen Coronamaßnahmen] erläutern. | |
(taz/dpa) | |
29 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/morgenmagazin/ind… | |
[2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/ | |
[3] /Einigung-im-Corona-Gipfel/!5724526/ | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Pflegekräfte in Coronakrise: Nur im Ausnahmefall | |
Jens Spahn relativiert Äußerungen zum Noteinsatz von Covid-19-infiziertem | |
Pflegepersonal. Scharfe Kritik kommt von PatientenschützerInnen. | |
Einigung im Corona-Gipfel: Ab Montag gelten schärfere Regeln | |
Um die Corona-Pandemie einzudämmen, sollen Restaurants und Hotels | |
schließen. Kitas bleiben aber offen. Das haben Bund und Länder beschlossen. | |
Neue Coronamaßnahmen in Deutschland: Kauf dich glücklich | |
Diesmal treffen die Coronabeschränkungen die Kulturschaffenden am | |
härtesten. Sie müssen jetzt umfänglich entschädigt werden. | |
Neue Hilfen in Coronapandemie: Bis zu 50.000 Euro im Monat | |
Für vier Monate können Unternehmen und Soloselbständige Gelder vom Staat | |
bekommen – anteilig für betriebliche Fixkosten. |