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# taz.de -- Abschied von Marta: Der Tanz, das Tempo, die Tragik
> Brasilien ist raus, Marta muss gehen. Sie wird das Turnier nicht in guter
> Erinnerung behalten. Eine Würdigung der besten Fußballerin dieser WM.
Bild: Die beste Spielerin der WM ist raus: Marta
DRESDEN taz | Brasilien führte 1:0. An der Eckfahne hielt Marta den Ball
und blamierte ihre Gegenspielerin mit Übersteigern. Sie dribbelte auf der
Stelle, um Zeit zu schinden. Es waren die letzten Sekunden des ersten
Gruppenspiels der Brasilianerinnen gegen Australien. Endlich zeigte Marta,
was sie kann. Sie wirkte arrogant.
„Sie ist erstaunlich.“ Für Norwegens unterkühlte Trainerin Eli Landsem ei…
überschwängliche Äußerung. Zwei Tore hatte Marta gegen Norwegen erzielt,
ein weiteres vorbereitet. Sie hat gespielt und gekämpft. Vor ihrem ersten
Tor hat sie Norwegens Verteidigerin Nora Berge umgerissen. Sie wirkte
übermotiviert.
„Es ist unmöglich, ihr ein ganzes Spiel lang hinterherzulaufen. Das kann
nur ein Mann.“ Das sagte Marcelo Frigerio, der Trainer der Auswahl
Äquatorialguineas nach der 0:3-Schlappe gegen Brasilien über Marta. Im
letzten Gruppenspiel verausgabte sich die 25-Jährige nicht gerade, zeigte
ein paarmal, was sie mit dem Ball kann. Hinterher redete sie über den
WM-Titel und sagte, wie sehr sie sich darüber freuen würde. Sie wirkte
gelangweilt.
„Sie ist die Beste der Welt. Sie ist fantastisch“, Pia Sundhage, die
Trainerin der US-Frauen, lobte Marta nach dem Viertelfinalerfolg über den
grünen Klee. „So etwas hat die Welt noch nicht gesehen“, sagte sie und
meinte die Sprints, die Tempodribblings, die Tanzeinlagen mit Ball, die
öffnenden Pässe, die Lupfer, den Durchsetzungswillen, die Schüsse, die zwei
Tore. Sundhage hatte gut lachen, weil sie gesehen hatte, „dass das Team
besser war als eine Spielerin“. Nicht gut lachen hatte Marta. Irgendetwas
passte ihr nicht am Auftritt der Amerikanerinnen. Wenn sie nicht gerade
glänzte, dann meckerte und motzte sie. Sie wirkte beleidigt.
## Das schönste Tor der WM
„Seit sie in Deutschland ist, wird sie ausgepfiffen.“ Brasiliens Trainer
Kleiton Lima kann sich den Unmut des deutschen Publikums nicht so recht
erklären. „Sie war immer genial.“ Er mutmaßte: „Vielleicht pfeifen sie,
weil sie Brasilianerin ist, weil sie keine Deutsche ist.“ Doch so recht
weiß er es nicht. „Sie hat doch wieder einmal ein gutes Turnier gespielt.
Sie hat vier Tore geschossen.“ Sie wird das Turnier in unguter Erinnerung
behalten, nicht nur, weil es wieder nichts geworden ist mit dem Titel.
Kleiton Lima wirkte ratlos.
Marta hat mit ihren 25 Jahren jetzt schon ebenso viele Tore bei einer
Weltmeisterschaft erzielt wie Birgit Prinz. Ein so schönes wie das 2:1 zu
Beginn der Verlängerung hat die WM bis dato noch nicht gesehen. Sie selbst
wollte nach dem Spiel nicht darüber reden. Ganz schnell verließen die
Spielerinnen das Dresdner Stadion, die vor dem Spiel trommelnd und tanzend
in die Kabine eingezogen waren.
Die Zuschauer, die Marta ausgepfiffen hatten, diskutierten noch lange nach
dem Abpfiff über ihre Hassfigur. Jeder erzählte die Geschichte von der
arroganten Spielerin, die in der Dresdner Innenstadt nur dann
Autogrammwünsche erfüllt hat, wenn eine Kamera auf sie gerichtet war. Lief
keine Aufzeichnung, soll sie die Fans regelrecht angeherrscht haben. Viele
Dresdner erzählten das am Sonntag so, als seien sie selbst dabei gewesen.
Aus den Erzählungen spricht der Wunsch nach einer handzahmen
Superfußballerin zum Anfassen.
Lieb und nett ist Marta nicht. Sie ist eben auch schnell beleidigt, lebt
das Gefühl der fußballerischen Überlegenheit aus und arbeitet weiter für
die Mannschaft, auch wenn das Spiel unterbrochen ist. Dann motzt sie eben.
Andere dürfen das. Marta ist Genie und Aggressivleader in einem. Das
scheint nicht zusammenzupassen. Darf nur im defensiven Mittelfeld gemeckert
werden? Darf nur Zeit schinden und eine Verletzung vortäuschen, wer nicht
ganz so gut Fußballspielen kann? Und vielleicht hat Kleiton Lima einfach
recht: Wäre Marta eine Deutsche, sie dürfte sein, wie sie ist. Das Land
würde sie lieben.
11 Jul 2011
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fußball
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Schwerpunkt Deniz Yücel
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
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