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# taz.de -- Olympia-Teilnehmerin aus Saudi-Arabien: London ja, aber bitte mit K…
> Schon ihre Olympia-Teilnahme hat den Konservativen in Saudi-Arabien nicht
> gepasst. Ein Kopftuch konnten sie der Judoka Wojdan Shaherkhani aber
> aufzwingen.
Bild: Weil Papa es so wollte: Judoka Wodjan Shaherkani startet mit Kopftuch
BERLIN taz | Es ist entschieden. Endgültig. Die saudische Judoka Wojdan
Shaherkhani darf an den Olympischen Spielen teilnehmen. Die letzte Hürde
auf dem Weg nach London war niemand anderes als der eigene Vater der
16-Jährigen gewesen.
Der hatte der saudischen Tageszeitung Al-Watan gesagt, er würde seine
Tochter nicht ohne Kopftuch starten lassen. Obwohl Kopftücher für
muslimische Sportlerinnen gang und gäbe sind, hatte der Internationale
Judoverband (IJF) damit aber ein Problem: Das Kopftuch entspreche nicht den
Regeln, ließ IJF-Präsident Marius Vizer wissen. Das Tuch könne zu
Verletzungen führen. Nun haben sich alle geeinigt – auf ein, wie es heißt,
speziell entworfenes Kopftuch.
Als erste saudische Olympionikin überhaupt soll Shaherkhani nun am Freitag
an den Start gehen. Nächste Woche wird ihr die saudische 800-Meter-Läuferin
Sarah Attar folgen. In der 40-jährigen Geschichte der saudischen
Olympia-Teilnahme [1][waren es bislang stets Männer], die für das
Königreich um Medaillen kämpften. Mit der diesjährigen Entscheidung, auch
Frauen zu entsenden, ist das Land nicht nur das letzte der Region, sondern
auch der ganzen Welt – [2][mit Ausnahme von Nauru].
Trotzdem ist die Teilnahme nicht unumstritten, auch wenn das Thema
innerhalb Saudi-Arabiens nicht so heftig diskutiert wird wie von einigen
Menschenrechtsorganisationen, allen voran Human Rights Watch. Die
Organisation hatte die Spiele als Gelegenheit genutzt, Druck auf die Saudis
und das IOC auszuüben: Entweder sollten auch saudische Sportlerinnen in
London antreten – oder alle saudischen Olympia-Delegierten sollten
ausgeschlossen werden.
## Religionsgerechte Kleidung und männliche Begleitperson
In Saudi-Arabien unbeliebt gemacht hat sich vor allem Nawaf Bin Faisal,
Vorsitzender des saudischen Olympia-Komitees und Mitglied der
Königsfamilie. Um konservative Kreise zu beschwichtigen, hatte der Prinz
seine Zustimmung zwar an die Bedingung geknüpft, dass die Sportlerinnen in
London „Kleidung tragen, die den islamischen Regeln nicht widerspricht“ –
und somit die Bedingung von Shaherkhanis Vater vorweggenommen. Auch sollte,
wie für Saudi-Arabien üblich, eine männliche Begleitperson dabei sein und
die Vermischung von Männern und Frauen vermieden werden.
Doch Kritik folgte trotzdem: Die Presse würde fotografieren, Fernsehsender
würden filmen. „Würdest du das deiner eigenen Tochter erlauben?“, fragte
der konservative islamische Gelehrte Muhammad Al-Arifi auf Twitter, dessen
Kurznachrichten – ein Rekord unter den islamischen Autoritäten – mehr als
2.250.000 Menschen abonniert haben.
Der an Bin Faisal gerichtete Tweet war ein kräftiger Hieb auf die
Königsfamilie, deren Mitglieder einschließlich des Königs teilweise in der
Kritik stehen, zu liberal zu sein. Andere Twitter-Nutzer kritisierten die
historische Entscheidung Bin Faisals unter dem Hashtag „Olympia-Huren“.
## Olympia als exklusiver Klub für Industrieländer
Aber auch in liberaleren Kreisen stößt der Druck seitens IOC und Human
Rights Watch nicht nur auf Gegenliebe: „Die Olympischen Spiele sind ein
exklusiver Klub für die Industrieländer“, schrieb die englischsprachige
Tageszeitung Arab News. Bevor Sportlerinnen um Medaillen kämpfen, müsse in
Saudi-Arabien eine Sportkultur etabliert werden.
Sportlerinnen müssten vorbereitet sein, sonst drohe eine Blamage. Andere
jubelten. Die in den Vereinigten Staaten lebende Olympia-Läuferin Sarah
Attar kommentierte die Entscheidung Saudi-Arabiens: „Es ist eine große
Ehre, und ich hoffe, dass es wirklich ein Schritt dahingehend ist, dass
Frauen dort drüben sich sportlich mehr engagieren.“
In Saudi-Arabien sind Frauen weitestgehend vom Sport ausgeschlossen. An
staatlichen Schulen findet für Mädchen und Frauen überhaupt kein
Sportunterricht statt. Im Bildungsministerium gibt es jedoch Überlegungen,
dies zu ändern. Ein Argument dafür, das oft angeführt wird, ist das
Übergewicht vieler saudischer Frauen. Laut Medienberichten leiden etwa 37
Prozent der Frauen an Fettleibigkeit. Nur wenige tun etwas dagegen, indem
sie Frauen-Fitnessstudios besuchen oder im öffentlichen Raum „Nordic
Walking“ betreiben.
Frauensport ist also eines der Themen, mit denen in Saudi-Arabien der Kampf
um Gleichberechtigung ausgetragen wird, auch wenn die derzeitige Diskussion
außerhalb angestoßen und vor allem in internationalen Medien geführt worden
ist.
In saudischen Medien nimmt das Thema keine so prominente Stellung ein wie
etwa das umstrittene Kommunalwahlrecht für Frauen oder das Autofahrverbot.
1 Aug 2012
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## AUTOREN
Jannis Hagmann
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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