# taz.de -- "Gas geben" im Berliner Wahlkampf: Rechte werben, wo sie wollen | |
> Die NPD hat in der Nähe des Holocaust-Mahnmals den Slogan "Gas geben" | |
> plakatiert. Der Bezirk kann dagegen nichts tun. Der "RBB" hingegen | |
> verweigert NPD Wahl-Spot. | |
Bild: Protest gegen NPD Kundgebung. | |
Die Berliner Bezirke müssen rechte Wahlwerbung auf den Straßen genehmigen, | |
auch wenn sie an "historisch belasteten" Orten aufgehängt werden soll. Das | |
ergab eine Recherche der taz. Dagegen hat sich der öffentlich-rechtliche | |
Sender RBB geweigert, einen Wahlwerbespot der rechtsextremen NPD | |
auszustrahlen. | |
"Gas geben" - mit diesem Spruch wirbt ausgerechnet die NPD um Stimmen bei | |
der Berlinwahl. Bis vor wenigen Tagen tat sie das sogar in der Umgebung des | |
Holocaust-Mahnmals, wo der Slogan seine Widerwärtigkeit ganz besonders | |
offenbart. Die Neonazi-Plakate wurden zwar inzwischen entfernt - "von | |
Unbekannten", wie der zuständige Stadtrat von Mitte, Ephraim Gothe (SPD), | |
sagt. Doch die NPD könnte sie jederzeit wieder aufhängen. Denn kein Gesetz | |
verbietet solche Wahlwerbung an historisch heiklen Orten. | |
In Berlin sind die Bezirke für die Genehmigungen, Wahlplakate aufzuhängen, | |
zuständig. Meist gehört dies zu den Aufgaben der Ordnungsämter. In Mitte | |
ist das Straßen- und Grünflächenamt zuständig, das zu den | |
Verwaltungsbereichen von Stadtentwicklungsstadtrat Gothe gehört. "Die | |
Parteien beantragen, das Amt genehmigt, so einfach", sagt Gothe. Der | |
Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichte die Behörden dazu, allen zur Wahl | |
zugelassenen Parteien gleichermaßen die Gelegenheit zum Plakatieren zu | |
geben. | |
Gründe für eine Ablehnung seien nur die Gefährdung von | |
VerkehrsteilnehmerInnen durch Sichtbehinderung oder Verdeckung von | |
Verkehrszeichen durch Plakate, aber auch Verstöße gegen den Umweltschutz, | |
erklärt Joachim Wenz, Leiter des Ordnungsamtes von | |
Friedrichshain-Kreuzberg: "Das Plakatieren an Bäumen etwa ist grundsätzlich | |
nicht erlaubt." Sonderbestimmungen regeln zudem, dass "historische | |
Lichtmaste" wie auf der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain oder am | |
Neuköllner Richardplatz von Wahlwerbung frei zu bleiben haben. Auch vor dem | |
Jüdischen Museum in Kreuzberg könnte die NPD also legal plakatieren. | |
## 25 Plätze auf der Ausschlussliste | |
Der Bezirk Mitte hat sogar eine besonders lange Ausschlussliste, in der 25 | |
Plätze und Straßen konkret aufgeführt sind, an denen keine Wahlplakate | |
aufgehängt oder -gestellt werden dürfen: etwa der Pariser Platz, die Allee | |
Unter den Linden, die Straße des 17. Juni, der Große Stern, auch der | |
Marlene-Dietrich-Platz und der Gendarmenmarkt sowie viele Straßen um das | |
Bundeskanzleramt und den Bundestag. "Historisch gewachsen" sei diese Liste, | |
erklärt Bezirksstadtrat Gothe: Bundesinstitutionen etwa hätten sich | |
ausgebeten, dass in ihrem Umfeld keine Wahlplakate gehängt würden. Die | |
Straßen um das Holocaust-Mahnmal stünden bislang nicht auf der Liste, "weil | |
sich bisher niemand darüber aufgeregt hat", so Gothe. Er sei "wahrlich kein | |
Freund der NPD: Aber wir müssen denen eine Genehmigung erteilen nach den | |
gleichen Richtlinien wie den anderen Parteien auch." | |
Zudem könne man nicht einer Partei die Werbung an einem bestimmten Ort | |
verbieten. "Und wenn die Plakate inhaltlich nicht mit unserer | |
demokratischen Grundordnung übereinstimmen, muss Anzeige erstattet und die | |
Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden." In den Zuständigkeitsbereich der | |
Ordnungs- oder Grünflächenamter gehöre die inhaltliche Prüfung der Plakate | |
nicht: "Wir können bei einem Antrag nicht ersehen, was auf den Plakaten | |
draufsteht." Das Amt prüfe nur, ob die Parteien vom Landeswahlleiter zur | |
Wahl zugelassen seien. | |
Ergäbe sich aber aus der politischen Diskussion um das Thema die Anregung, | |
weitere Orte in die Negativliste aufzunehmen, wäre er offen, so Gothe: "Das | |
könnte aus der BVV, aber auch von der Stiftung des Holocaustmahnmals selber | |
kommen." | |
## RBB-Abendschau verlängert | |
Der TV-Spot der NPD sollte eigentlich am Montagabend kurz nach der | |
RBB-Abendschau laufen. Stattdessen verlängerte sich die Nachrichtensendung | |
um eine Minute. Am Freitag hatte sich der RBB gegen die Ausstrahlung des | |
Spots entschieden. Nach Ansicht der Rundfunkanstalt erfüllt die Wahlwerbung | |
den Straftatbestand der Volksverhetzung. Bis Montag, 10 Uhr, hätte die NPD | |
ein neues Video einreichen können. Sie ließ die Frist jedoch verstreichen. | |
Ein Eilantrag, um den Werbespot doch noch ausstrahlen zu können, lag zu | |
Redaktionsschluss nicht vor. | |
Die NPD will trotzdem rechtliche Schritte einleiten. Spätestens heute solle | |
ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht eingehen. Die Neonazis fordern einen | |
neuen Sendetermin. Ob sie damit Erfolg haben werden, ist unklar. "Das hat | |
das Gericht zu entscheiden", sagte Volker Schreck, stellvertretender | |
Sprecher des RBB. "Wir sehen die Kombination von Text und Bild kritisch." | |
Im Werbespot werden Menschen nichtdeutscher Herkunft gezeigt. Vor dem | |
Hintergrund dieser Bilder beklagt die NPD die wachsende Kriminalität in | |
Berlin. | |
15 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Julia Fiedler | |
Alke Wierth | |
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