| # taz.de -- Es weihnachtet im Detail: Tor, Tor, ho ho ho! | |
| > Weihnachtspullis, Weihnachtstrikots, allgemeines Adventssingen im | |
| > Stadion: Der Fußball hat sich dem totalen Kitsch geöffnet. Wenn das | |
| > Adorno wüsste! | |
| Bild: Ho, ho, ho-tschi-minh! Łukasz Kwaśniok in Kölle | |
| Sicher, so weit gehen wie Der Spiegel muss man nicht, nicht ganz falsch ist | |
| die Überschrift „[1][Das Bunteste an dieser Liga sind die | |
| Weihnachtspullis“] aber auch nicht. Doch an dieser Stelle soll es nicht um | |
| die mindere Spielqualität gehen, die geringe Torausbeute oder den fehlenden | |
| Glamfaktor, den Spiele wie Augsburg gegen Bremen oder Mainz gegen St. Pauli | |
| eben so nach sich ziehen. Sprechen wir lieber einmal über eine andere | |
| Unsitte, die alle Jahre wieder immer weiter um sich greift: die totale | |
| Hingabe an den Kitsch, besonders zu Weihnachten. | |
| Der rot-weiße Weihnachtspulli, den der amtierende FC-Trainer sich nicht | |
| entblödete, zum Spiel zu tragen – es ging daraufhin auch verdientermaßen | |
| gegen die Kölner aus, die in der Kitschtabelle – wir sagen nur Geißbock, | |
| Cheerleader, „das Karnevalstrikot“, heimische Gesangsfolklore – eh ganz | |
| weit oben stehen. Łukasz Kwaśnioks Pullover zierte über den üblichen | |
| Weihnachtszierrat hinaus noch der Schädel des Geißbocks, bekanntlich die | |
| größte Kitschkonstante beim Effzeh. | |
| Das furchtbare Weihnachtsgesingelsangel, das sie beim 1. FC Union Berlin, | |
| dem Gegner von Samstag, schon seit Jahren betreiben, ist mittlerweile in | |
| der glühweinbeseelten Breite angekommen: In München wurde genauso wie in | |
| Dortmund „dem Christkind ein Ständchen“ gesungen. Vor oder nach dem Spiel. | |
| Warum nur? Die Anzahl der Kirchgänger nimmt republikweit seit sehr Langem | |
| kontinuierlich ab, den Weihnachtskitsch nehmen reziprok dazu umso mehr mit; | |
| vermutlich steckt da wieder irgendeine Identitäts- und/oder Geschäftsidee | |
| dahinter. Es fehlt tatsächlich noch das „Weihnachtstrikot“, aber [2][in | |
| Bremen hat man das] – mit dem Werder-W in einem Tannenbaum – auch schon | |
| gesehen. | |
| Falsche Geborgenheit, Massenproduktion, Ablenkung – Theodor Wiesengrund | |
| (hallo Werder!) Adorno hätte seinen zynischen Spaß an diesem Kitsch. Er sah | |
| in demselben, und ich zitierte mithilfe von KI, eine Form der Kultur, die | |
| gefälschte Gefühle präsentiert – eine tröstliche, aber naive und | |
| [3][oberflächliche Massenkultur], die [4][ästhetischen Ernst] vortäuscht, | |
| ohne ihn zu erfüllen und somit die Menschen von echter kritischer Reflexion | |
| abhält, indem er „dümmlich tröstend“ wirkt und zur Flucht vor der Realit… | |
| einlädt. | |
| Hm, ja. Aber dass die Bundesliga den Kapitalismus in Reinkultur spiegelt, | |
| ahnte man bereits. Dass die Liga seit Jahrzehnten von einem bestimmten | |
| Verein beherrscht wird, hat schließlich auch irgendwas damit zu tun. Oder | |
| etwa nicht? Insofern: Frohe Weihnachten! | |
| 21 Dec 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.spiegel.de/sport/fussball/fussball-bundesliga-ein-nachmittag-mi… | |
| [2] https://www.deichstube.de/news/werder-bremen-holt-weihnachtsbaum-zurueck-au… | |
| [3] https://www.google.com/search?q=oberfl%C3%A4chliche+Massenkultur&oq=adorno+… | |
| [4] https://www.google.com/search?q=%C3%A4sthetischen+Ernst&oq=adorno+kit&gs_lc… | |
| ## AUTOREN | |
| René Hamann | |
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