| # taz.de -- Cannabis-Modellprojekte: Schwarzmarkt weiterhin geöffnet | |
| > Die Bundesanstalt BLE will weiterhin keine Cannabis-Modellprojekte | |
| > bewilligen – auch nicht in Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Pankow. | |
| Bild: Hanfparade 2025 in Berlin: Es bleibt noch viel zu tun | |
| taz | Es war zu erwarten, aber nun ist es schriftlich: Die Bundesanstalt | |
| für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) hat auch das von drei Berliner | |
| Bezirksämtern beantragte Forschungsprojekt zum probeweisen Verkauf von | |
| Konsumcannabis in Fachgeschäften abgelehnt. Zuvor hatte die BLE bereits | |
| einen gemeinsamen Forschungsantrag von Frankfurt und Hannover zum | |
| kontrollierten Verkauf von Konsumcannabis negativ beschieden. | |
| [1][Zusammen mit der Humboldt-Universität hatten die Bezirksämter | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Pankow 2024] ein Modellprojekt zum | |
| kontrollierten Verkauf von Cannabis entworfen, eine Absichtserklärung | |
| unterzeichnet und die Projektskizze eingereicht. Umgesetzt werden soll das | |
| Modellprojekt, ebenso wie das in Frankfurt und Hannover, durch die Berliner | |
| Sanity Group GmbH. | |
| Das Unternehmen betreibt bereits in der Schweiz für ein Forschungsprojekt | |
| Cannabis-Geschäfte. Wie Sanity-Sprecherin Jennifer Plankenbühler am Freitag | |
| zur taz sagte, hat das Unternehmen beim BLE gegen sämtliche | |
| Ablehnungsbescheide Widerspruch eingelegt. | |
| Ziel des Vorhabens ist, eine wissenschaftliche Grundlage für die | |
| Cannabispolitik zu schaffen. Teilnehmen an der Studie können nur Menschen, | |
| die in den beteiligten Bezirken gemeldet und mindestens 18 Jahre alt sind. | |
| Im Gegenzug dafür, dass sie Cannabis legal an ausgewählten Verkaufsstellen | |
| erwerben können, müssen sie aktiv an dem Forschungsprojekt mitwirken – wozu | |
| gehört, regelmäßig Angaben über das eigene Konsumverhalten und Befinden zu | |
| machen. Die Antragsteller hoffen aus den anonymisierten Daten Rückschlüsse | |
| auf Risiken, Nutzen und mögliche Schadensminderungen zu ziehen. | |
| ## Angeblich keine Gesetzesgrundlage | |
| Ihre Ablehnung begründet die BLE mehr oder weniger gleichlautend: Regional | |
| und zeitlich begrenzte Modellvorhaben seien nicht vom [2][geltenden | |
| Konsumcannabisgesetz (KCanG)] gedeckt. Für solche Projekte brauche es ein | |
| eigenes Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene. [3][Das KCanG in seiner | |
| jetzigen Form – gemeint ist die sogenannte Säule 1] der im Frühjahr 2024 | |
| noch von der Ampelregierung beschlossenen Teillegalisierung von Cannabis – | |
| liefere keine gesetzliche Grundlage für die Erteilung einer Erlaubnis. Das | |
| beantragte Vorhaben sei im Kern als Modellprojekt der sogenannten Säule 2 | |
| einzuordnen, meint das BLE. | |
| Diese Einschätzung wird von antragstellenden Projektpartnern nicht geteilt. | |
| Finn Hänsel, Geschäftsführer der Sanity Group, verwies am Freitag gegenüber | |
| der taz auf ein von dem Unternehmen in Auftrag gegebenes | |
| [4][Rechtsgutachten]. „Wir haben die rechtlichen Grundlagen unseres Antrags | |
| sehr sorgfältig prüfen lassen und zusätzlich durch ein externes | |
| juristisches Gutachten absichern können.“ Das komme „zu dem klaren | |
| Ergebnis“, dass die Forschungsklausel der Säule 1 des KCanG eine rechtlich | |
| tragfähige Genehmigungsgrundlage für wissenschaftlich konzipierte | |
| Konsumcannabis-Pilotprojekte darstelle. Das Gutachten sei der BLE bereits | |
| im Verlauf des Prüfverfahrens zur Verfügung gestellt worden. | |
| ## Selbst CDU-Stadtrat dafür | |
| In einer gemeinsamen Presseerklärung mit dem Bezirksamt Neukölln | |
| bezeichnete Clara Herrmann, grüne Bezirksbürgermeisterin von | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, die Begründung der BLE als „vollkommen absurd.“ | |
| Die Ampelregierung hätte Nägel mit Köpfen machen müssen, so Herrmann am | |
| Freitag. Nun ignoriere die CDU-SPD-Bundesregierung die Gesetzeslage und | |
| lehne das Modellprojekt aus fadenscheinigen Gründen ab. Das Modellprojekt | |
| hätte eine wirkungsvolle Maßnahme werden können, um den Schwarzmarkt mit | |
| Cannabis zurückzudrängen und den Gesundheitsschutz zu verbessern, glaubt | |
| Herrmann. | |
| Hannes Rehfeldt, CDU-Stadtrat für Soziales und Gesundheit in Neukölln, | |
| bekräftigte das: Es brauche keine zweite Säule, um Forschung zu | |
| ermöglichen. Die BLE ignoriere dabei die Auswirkungen der weitgehenden | |
| Cannabis-Legalisierung auf den Alltag und verschließe die Augen vor dem | |
| dringenden wissenschaftlichen Bedarf, das Konsumverhalten zu erforschen. | |
| Gegenüber der taz hatte der CDU-Stadtrat die Beteiligung Neuköllns an dem | |
| Modellversuch Anfang des Jahres so begründet: Er erhoffe sich davon Daten, | |
| die anderweitig kaum zu erlangen seien. „Wir raten jedem ab, zu | |
| konsumieren“, so Rehfeldt, „aber wenn er das tut, soll er das möglichst | |
| ungefährlich tun.“ Also in lizenzierten Fachgeschäften einkaufen und nicht | |
| auf „das gepanschte Zeug von der Straße“ angewiesen sein. | |
| Am 26. September von der taz um einen Zwischenstand gebeten, hatte die BLE | |
| mitgeteilt, bei ihr seien 64 Anträge auf Forschungsvorhaben eingangen, | |
| davon seien 36 Modellprojekte. 19 Ablehnungsbescheide zu insgesamt sieben | |
| Forschungsvorhaben seien verschickt worden, Erlaubnisse habe die BLE bisher | |
| nicht erteilt. Eine grundsätzliche Linie „gibt es nicht“. Jeder Antrag | |
| werde formell und materiell geprüft und beschieden. | |
| Bei der Nicht-Linie ist es offensichtlich geblieben. | |
| 28 Nov 2025 | |
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| [1] /Cannabisgesetz/!6064812 | |
| [2] /Cannabis-Legalisierung/!5997434 | |
| [3] /Schwarzmarkt-nach-Cannabis-Legalisierung/!6127978 | |
| [4] https://sanitygroup.com/2025/07/09/rechtsgutachten-bestaetigt-wissenschaftl… | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
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