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# taz.de -- Ein Jahr, so verrückt wie jedes andere: Wohin mit dem Cannabis-Üb…
> Kaum angefangen, ist auch 2025 schon wieder fast vorbei – und lässt viele
> Fragen offen. Schuld daran ist nicht zuletzt Estland.
Bild: Im Sommer ein Suppelrand, im Winter ein Eisparadies: Der Strand in Estlan…
Wenn ich diese Kolumne schreibe, bin ich immer erstaunt, wie schnell die
Zeit vergeht. Völlig bekloppt, sich alle vier Wochen zu wundern, dass
tatsächlich schon wieder vier Wochen rum sind. Genau wie mit Weihnachten:
Jährlich stelle ich verdutzt fest, dass schon wieder ein Jahr vorbei ist.
Heute sind die vier Wochen UND das Jahr fast durch. Die Marienkäfer haben
sich schon vor Wochen in die Dichtungen unserer Fenster verzogen und ich
habe auch dieses Jahr noch kein einziges Geschenk für die Kinder besorgt
und überhaupt weder mehr Sport getrieben, mehr Gemüse gegessen noch mehr
Marihuana geraucht.
Dabei hatte ich meinen Vater erfolgreich bequatscht, für mich drei
Hanfpflanzen anzubauen. Zuerst hat er sich gewehrt, aber dann konnte er der
Herausforderung doch nicht widerstehen.
Als er mir erzählte, er habe Erde auf eine genau berechnete Temperatur
erhitzt – ganz sanft natürlich, weil ja nicht alle Mikroorganismen getötet
werden sollen –, um die vorgekeimten Samen dann bei exakt 19 Grad in
einzusetzen, wusste ich, dass er die Mission angenommen hatte.
Fast täglich bekam ich Fotos: Drei Pflänzchen am Fenster, dann bei mildem
Wetter stundenweise draußen, dann mit Sonnenlicht-Reflektorschilden umgeben
oder mit einer eigens konstruierten Bewässerungsanlage auf dem Balkon, als
meine Eltern mal ein paar Tage weggefahren sind. Abends sah man im Fenster
die wunderschön im UV-Licht erstrahlenden Pflanzen.
Meine Mutter war nicht so begeistert. Nicht, weil mein Vater in dieser
Phase mehr (und deutlich liebevoller) mit dem Hanf sprach als mit ihr,
sondern weil die ganze Bude unglaublich krass nach Gras gestunken hat. Dann
übersiedelte das Cannabis in den Garten, wo sich die Nachbarn wohl nur
deswegen nicht über den Geruch beschwert haben, weil sie den über
80-Jährigen auf der anderen Seite des Sichtschutzzaunes nicht zutrauen,
dass sie ernsthaft Gras anbauen.
Als die Pflanzen nicht höher als 80 Zentimeter wachsen wollten, hat mein
Vater leider den Spaß an ihnen verloren. Er hatte eine Mindesthöhe von zwei
Metern angestrebt und war genervt von den auf Kleinwuchs für den heimlichen
Anbau in Jugendzimmern überzüchteten Sorten. Für die durchaus
beeindruckenden Blütenstände hat er sich nie interessiert. Die sind im
Sommer dann aber ohnehin fast komplett durch irgendeinen Pilz dahingerafft
geworden.
Egal, mit seinem Enthusiasmus und seinem Größenwahn hat mein Papa mir
trotzdem eine große Freude gemacht. Außerdem große Freude bereitete mir
dieses Jahr im Urlaub das Estnische Wort für Badestrand: Suppelrand!
Zusätzlich beschenkte Google uns beim Übersetzen dieser einzigartigen
Sprache reich mit Scherzen. „Stöcke“ oder „Kinderbraten“ haben wir im
Restaurant zwar vorsichtshalber nicht bestellt, aber der „Muttermilchquark“
schmeckte sehr gut. Was wir dabei allerdings genau gegessen haben, wissen
wir bis heute nicht.
Auch manch andere Frage ist dieses Jahr offen geblieben oder hat sich neu
gestellt: Wie wurden früher Dinge transportiert, als es noch keine blauen
Ikea-Taschen gab? Wie wurde kommuniziert, als man noch keine kleinen
Gesichter oder Herzen auf Handys hin und her schicken konnte?
## Warum heißt es nicht Rasenmuhen?
Warum sagt unser Sohn Willi jedes Mal „Mäh“, wenn er auf einen
aufgekratzten Mückenstich zeigt? Falls das Wort Rasenmähen von diesem
Tiergeräusch kommt, könnte es dann genauso gut Rasenmuhen heißen?
Und was wollte ich mir sagen, als ich für den 4. April in meinen Kalender
„3 Wochen Mo+AB – 1 Stunde Milch“ eingetragen habe? Ferner ungeklärt: Was
hätte ich mit den Unmengen Kraut angefangen, wenn die Cannabisblüten nicht
verdorben wären?
Der winzige Teil, der rauchbar ist, ist immer noch mehr, als ich im Jahr
konsumieren könnte. Meine Eltern wollten bis jetzt nichts probieren. Mein
Papa hat allerdings vorgeschlagen, aus dem, was wir haben, für Weihnachten
Kekse zu backen, damit wir alle mal etwas entspannter sind. Eine gute Idee.
11 Dec 2025
## AUTOREN
Birte Müller
## TAGS
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