| # taz.de -- Ausgebüxtes Känguru in Berlin: „Ich bin auch nur ein Känguru“ | |
| > Seit einigen Tagen hüpfte ein Känguru durch Berlin. Niemand konnte es | |
| > einfangen. Die taz konnte ein Gespräch an einem geheimen Ort mit ihm | |
| > führen. | |
| Bild: Ein Wallaby in Sydney (nicht das von Jakob Augstein) | |
| taz: Liebes Berliner Känguru, Sie hüpfen seit einigen Tagen durch die | |
| Hauptstadt. Wo kommen Sie ursprünglich her? | |
| Augsteins Känguru: Manche sagen aus Australien, andere aus Tasmanien. Aber | |
| zuletzt hat man mich in einem Garten in West-Berlin eingesperrt. | |
| taz: [1][Berichten zufolge] gehören der Garten und Sie dem Journalisten | |
| Jakob Augstein. Fühlten Sie sich von ihm schlecht versorgt? | |
| Augsteins Känguru: Kein Kommentar. | |
| taz: Darf ich Augstein-Känguru zu Ihnen sagen? | |
| Augsteins Känguru: Nein. Ich bin nur ein Känguru. | |
| taz: Ein Experte hat Sie aufgrund der [2][Paparazzifotos], die durchs Netz | |
| gehen als Bennett-Wallaby klassifiziert, also als Winzkänguru. Fühlen Sie | |
| sich korrekt identifiziert? | |
| Känguru: Das ist mir völlig schnuppe. Ich hätt nur mal gern wieder was | |
| Ordentliches in meinem Magen. | |
| taz: Ich hatte Sie zu einem Döner-Imbiss Ihrer Wahl eingeladen, aber Sie | |
| wollten ja nicht. | |
| Känguru: Ne, ich bin komplett Blätter- und Rindenfrutist. Was anderes kommt | |
| mir nicht auf den Tisch. | |
| Ihr Name ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Ist das Ihre Form von Krieg | |
| gegen die Pronomen? | |
| Känguru: Das ist nicht mein Revier. Ich bin auch nur ein Känguru. | |
| taz: Aus persönlichem Schutz treffen wir uns hier an einem geheimen Ort | |
| beim ehemaligen Fliegerhorst Gatow, den einst der Führer persönlich | |
| einweihte. Warum haben Sie sich ausgerechnet diesen Ort ausgesucht. | |
| Känguru: Mitte, Kreuzberg, Prenzlberg, das kennt jeder, aber der Westrand | |
| Berlins ist ein Lost Place, nur Rentner*innen und zugezogene | |
| Millionenerben. Da geht bzw. hüpft noch was. | |
| taz: Sie sind gerade mal 80 Zentimeter groß, also kniehoch. Sie wollen aber | |
| offenkundig noch höher hinaus? | |
| Känguru: Lassen Sie es mich so sagen: Im Zentrum von Berlin wird [3][ein | |
| Hochhaus nach dem nächsten] gebaut. Da ist für kleine Lichter wie mich sehr | |
| einschüchternd. Hier, am Rand der Stadt dagegen fühl ich mich wohl. Aber | |
| wenn Sie meine Meinung hören wollen: Ein paar Hochhäuser ohne Wuchermieten | |
| könnte Kladow besser vertragen als [4][das Tempelhofer Feld]. | |
| taz: Es heißt, Sie wirkten recht verschreckt, wenn man Ihnen auf Straßen, | |
| Parkplätzen oder in Grünanlagen begegnet. | |
| Känguru: Unter uns gesagt, ich traue den Berliner*innen nicht. Schauen | |
| Sie sich doch die Stadt an: Kann, wer so hässlich ist, eine gute Seele | |
| sein? | |
| taz: Die Berliner Polizei hat versucht, Sie festzunehmen, mit einer | |
| Fangschlinge und einer Decke. | |
| Känguru: Ja, hehe, das ging ordentlich schief. | |
| taz: Nachdem Sie der Polizei entkamen, gaben die bekannt, dass von Ihnen | |
| keine Gefahr ausgehe. Sind Sie ein gutes Känguru? | |
| Känguru: Ach, wissen Sie, mal so, mal so. Wenn mir jemand blöd kommt, hau | |
| ich dem meine Füße ins Gesicht. | |
| taz: Was halten Sie eigentlich von Ihrem Kollegen, dem kommunistischen | |
| [5][Känguru, das in einer WG mit Marc Uwe Kling lebt] und sich von ihm | |
| aushalten lässt? | |
| Känguru: Verkürzter Antikapitalismus. | |
| taz: Berliner Winter – für Sie als Tasmane auch kein Problem, oder? | |
| Känguru: Ne, ich komm da besser durch als [6][die vielen Obdachlosen dieser | |
| Stadt]. Hätte ich nen größeren Beutel, würd ich ja den ein oder anderen bei | |
| mir aufnehmen. Aber fragen Sie mal diesen Pseudokommunisten aus dem | |
| Kling-Universum, der denkt nur an seinen eigenen Beutel. Der Mangel an | |
| bezahlbaren Wohnraum aber ist so groß, da reicht das bisschen | |
| Wallaby-Wannabe-Samaritertum eh nicht aus. | |
| taz: Ich [7][sprach kürzlich mit einem Kollegen von Ihnen, Elch Emil]. Der | |
| wandert seit Monaten durch Europa. Nachdem er den Sommer in Österreich | |
| verbracht hat, wurde er nun betäubt und in den tschechischen Böhmerwald | |
| abgeschoben, wo er seinesgleichen suchen sollte. Emil will aber mit seiner | |
| Crowd offenbar nichts zu tun haben und ist wieder zurück nach Niederbayern | |
| gewandert. Würden Sie einem Treffen zustimmen? | |
| Känguru: Definitiv, ich freue mich immer über einen Austausch mit | |
| Gleichgesinnten. | |
| taz: Vielleicht nächste Woche bei Lanz? | |
| Känguru: Gern. | |
| 2 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.sueddeutsche.de/panorama/kaenguru-alarm-berlin-wallaby-kladow-l… | |
| [2] https://www.instagram.com/reel/DPLefmTivO2/ | |
| [3] /Berliner-Hochhaus-waechst-und-waechst/!6108064 | |
| [4] /Die-Wahrheit/!6102175 | |
| [5] /Die-Soeder-Challenge/!6065170 | |
| [6] /Wohnungslosigkeit-in-Berlin-/!6111647 | |
| [7] /Elch-ueber-Urlaube-und-Grenzen/!6109063 | |
| ## AUTOREN | |
| Doris Akrap | |
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