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# taz.de -- Die letzten Züge der EM: Schluss mit Schweiz!
> Drama, Sprachenvielfalt und Anonymität bleiben von der EM in Erinnerung.
> Der Abschied aus Superreichen-Land-Schweiz fällt nicht schwer.
Bild: Schweizer Fans auf dem Weg ins Stadion von Bern
Die EM geht ihrem Ende entgegen. Viel zu schnell, habe ich das Gefühl. Bin
ich nicht gerade erst angekommen? Turniere haben einen unerbittlichen
Arbeitsrhythmus, sie fliegen vorbei. Und diese unfassbar spektakuläre EM
mit ihren dramatischen Wendungen ist besonders schnell gerauscht. [1][Es
war das dramaturgisch wahrscheinlich schönste Turnier, das ich live sehen
durfte.] Jeder einzelne Abend war unglaublich. Andererseits war all diese
Dramatik auch erschöpfend. Irgendwann wollte ich nicht noch ein
Last-Minute-Tor gegen ein Team erleben, mit dem ich litt.
## Frauenturniere sind gute Turniere
Und die Schweiz? Sie war als Gastgeberin das Gegenteil, nämlich verdammt
unspektakulär. Falls Sie noch nicht da waren: Es ist wie Deutschland, nur
reicher und alles funktioniert. Oder vielleicht nicht ganz alles, wie die
vielen Wohnungslosen bezeugen. [2][Kein einziger kritischer Text über den
Gastgeber Schweiz ist mir in der Zeit untergekommen.] Frauenturniere sind
gute Turniere. Aber Staaten üben nicht nur Gewalt aus, wenn sie Hände
abhacken. Wie viel weitreichendere Gewalt übt ein Staat für Superreiche
aus, mit Steuerverstecken für CEOs und Diktatoren weltweit? Wie brutal ist
dieses Horten von Mitteln?
Doch systemische Gewalt zählt nichts, denn dann müssten wir übers System
reden. Ich konnte mir nicht leisten, viel Zeit in der Schweiz zu
verbringen. Es ist kein Staat für Menschen aus semipräkeren Verhältnissen,
ich wohnte auf der französischen Seite. Von Schweizer:innen weiß ich
ohnehin nicht allzu viel nach diesen zwei Wochen. Wie in Deutschland gilt:
Durchkapitalisierte Gesellschaften fangen keine Gespräche mit Fremden an.
Die einzige Person, die sich interessierte, war ein algerischer Migrant.
Und selbst das war realpolitisch gesehen in Frankreich. Immerhin das mochte
ich: die schwindelerregende Vielsprachigkeit. Den vielstimmigen
Konversationen im Zug zu folgen, war abwechselnd ultimativ das Beste und
unendlich überstimulierend. In Basel von einer Seite zur anderen dieses
Dreiländerecks zu spazieren, ließ fühlen, wie konstruiert Grenzen sind.
## Eine neue Fankultur
Gelitten haben darunter ein paar britische Fans, die ständig unerwartet
ihren Pass vorzeigen mussten, weil sie wieder aus Versehen eine Grenze
überquert hatten. Es waren junge Frauen, wie so viele hier. Auch das war
wirklich gut: [3][Hätte es das für mich als Kind gegeben, so einen offenen
Ort Stadion, diese gleichaltrigen Mädels in Trikots von Frauen!] Damals
hätte sich das niemand erträumen können. Was für eine Leistung, Uefa, trotz
allem.
Und zuletzt habe ich gleich zwei kleine Wunder von Heimat erlebt. In Basel
teilte ich das Airbnb mit zwei Argentinier:innen, die anschließend als
Volunteers nach Italien wollten – ausgerechnet in das kleine Kaff im Süden,
wo ich wohne. Keine Sau geht dorthin. Und mein Mitbewohner in Saint-Louis
entpuppte sich als Italiener aus einem Nachbardorf. Er fand das so
unglaublich, dass er seine Frau per Videocall dazuholte. Ich habe mich dann
erinnert, dass auch ich es da unten vermisse. Es ist genug mit Schweiz.
Oder, wie man in Apulien sagen würde: Basta.
26 Jul 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Fußball-EM der Frauen 2025
Schweiz
Uefa
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