| # taz.de -- Verhaftung nach Cyberangriff auf die taz: „Medien sind leichte Zi… | |
| > Expertin für Cybersicherheit Kerstin Zettl-Schabath über internationale | |
| > Hackergruppen, ihre Strategien – und ihre Verbindungen zu autoritären | |
| > Regimen. | |
| Bild: Im Dunkeln tippen: Hacker lassen sich schwer erwischen | |
| taz: Frau Zettl-Schabath, [1][in Ungarn wurde der Hacker Hano | |
| festgenommen], der zahlreiche Medien angegriffen hat, darunter auch die | |
| taz. Erst vergangene Woche wurde das russische Hackerkollektiv NoName57(16) | |
| zerschlagen, das für einige der größten Cyberattacken in Deutschland | |
| verantwortlich ist. Ist das Zufall? | |
| Kerstin Zettl-Schabath: In dem konkreten Fall kann ich es nicht sicher | |
| sagen. Aber wir beobachten seit 2022, dass die Strafverfolgungsbehörden in | |
| Europa immer erfolgreicher gegen Cyberkriminelle vorgehen. Die Zahl der | |
| Takedowns, also der Zerschlagung der technischen Infrastruktur dieser | |
| Kriminellen, ist sprunghaft angestiegen. Dahinter stehen oft große, | |
| international koordinierte Operationen der Strafverfolgungsbehörden mit | |
| Durchsuchungen und Festnahmen. Das ist natürlich auch PR: Die Operationen | |
| kriegen klangvolle Namen, werden über soziale Medien promotet. Das soll | |
| auch abschreckend wirken auf Cyberkriminelle. | |
| Funktioniert die Abschreckung? | |
| Zettl-Schabath: Wenn zentrale Personen festgenommen werden, steigt das | |
| Risiko für alle anderen. Das mag einige abschrecken. Aber generell nehmen | |
| politisch getriebene Hackerangriffe seit dem russischen Angriffskrieg auf | |
| die Ukraine eher zu. Selbst wenn die Serverstruktur einer Gruppe | |
| zerschlagen ist, lässt sie sich innerhalb weniger Monate wieder aufbauen. | |
| Die Strafverfolgung bringt also nichts? | |
| Zettl-Schabath: Das würde ich nicht sagen. Gerade der psychologische Effekt | |
| dieser großen Operationen ist wichtig. Damit signalisiert man der | |
| einheimischen Bevölkerung, dass wir wehrhaft sind, und den Kriminellen, | |
| dass der Cyberspace kein rechtsfreier Raum ist. | |
| Hano und [2][auch NoName57(16)] haben mehrmals die taz und andere Medien | |
| angegriffen. Wieso suchen sich Hacker Medien als Ziele? | |
| Zettl-Schabath: Dahinter steht sicherlich eine ideologische Motivation. Die | |
| Gruppe NoName57(16) beispielsweise hat gezielt während geopolitischer | |
| Events Websites und Medien attackiert, etwa während der Münchner | |
| Sicherheitskonferenz. Das schafft maximale Aufmerksamkeit. Dazu kommt, dass | |
| die meisten Medien nicht dafür bekannt sind, dass sie die schärfsten | |
| Sicherheitsmaßnahmen haben. Sie sind leichte Ziele und diese Angriffe | |
| mittlerweile fast ein Kinderspiel. | |
| Wie meinen sie das? | |
| Zettl-Schabath: Die Art der Angriffe, mit denen Hano und auch NoName57(16) | |
| die taz und andere Unternehmen überzogen haben, sind einfache | |
| Überlastungsangriffe, sogenannte DDoS-Attacken. Es hat sich im Internet | |
| eine ganze Industrie gebildet, bei der man das Werkzeug für solche Attacken | |
| kostengünstig einkaufen kann. Selbst Sie und ich könnten damit Attacken | |
| durchführen und mit ein bisschen Glück komplette Websites lahmlegen. | |
| Welche Schäden richten solche Cyberattacken an? | |
| Zettl-Schabath: Das lässt sich nicht beziffern. Der finanzielle Schaden ist | |
| aber bei DDoS aus meiner Sicht auch nicht das Hauptproblem, sondern eher | |
| der potenzielle psychologische sowie Reputationsschaden. Wenn | |
| internationale Hackerkollektive wie zuletzt auch Anbieter kritischer | |
| Infrastruktur in den Fokus nehmen, wie Stromversorger, Krankenhäuser, | |
| Verkehrsbetriebe, Behörden, kann dies vor allem Verunsicherung schüren. | |
| Finanziell viel schwerwiegender sind andere Angriffsformen, etwa | |
| Ransomware-Angriffe, mit denen Unternehmen um Geld erpresst werden und die | |
| oftmals längerfristige disruptive Effekte haben. Oder Angriffe, die mit | |
| Cyberspionage einhergehen. Aber auch diese Schäden lassen sich kaum seriös | |
| beziffern. | |
| Wie können sich Unternehmen gegen DDoS-Attacken schützen? | |
| Zettl-Schabath: Für die Abwehr schwerwiegender DDoS-Angriffe gibt es | |
| mittlerweile spezialisierte Anbieter, die Schutzmaßnahmen anbieten. Oftmals | |
| kostengünstigere Präventionsmaßnahmen sind dagegen die Identifizierung von | |
| bedrohten Zielen, d.h. Teilen der Infrastruktur, deren Störung Auswirkungen | |
| auf möglichst viele NutzerInnen hätte und für die technische | |
| Präventionsmaßnahmen priorisiert werden sollten (z.B. | |
| Netzwerksegmentierung). Wichtig ist zudem das Bereithalten von | |
| Notfallplänen und Prozessen für den Fall einer kurzzeitigen | |
| Funktionsstörung. | |
| 22 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Fromm | |
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