| # taz.de -- Norwegen verabschiedet sich von EM: Gescheiterte Heldin | |
| > Norwegen verliert im Viertelfinale gegen Italien und wieder einmal dreht | |
| > sich alles um die Kapitänin Ada Hegerberg. Sie wird zur tragischen Figur. | |
| Bild: Unverhohlene Schadenfreude: Elena Linari jubelt über die vergebene Chanc… | |
| Es war am Ende eine Tragödie beinahe griechischen Ausmaßes, die sich da um | |
| Norwegens Kapitänin Ada Hegerberg entspann. Die Überfigur des norwegischen | |
| Fußballs, die fast alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, wie keine andere | |
| polarisiert und von norwegischen Medien zuletzt scharf als sportliche und | |
| vielleicht auch als sonstige Last fürs Team kritisiert wurde, war in Genf | |
| nahe dran an der Heldinnenrolle. Tragisch verschoss sie gegen Italien | |
| [1][schon den zweiten Elfmeter im Turnier,] um es dann scheinbar allen | |
| Kritiker:innen zu zeigen und sechs Minuten später klinisch präzise zum | |
| Ausgleich zu treffen. | |
| Es hätte die Geschichte des Abends sein können. Und doch hieß die Heldin am | |
| Ende Cristiana Girelli. Auch eine Veteranin, die Italien in der 90. Minute | |
| zum 2:1-Halbfinaltraum köpfte. Girelli war [2][Teil eines Teams, das sein | |
| Herz gemeinsam auf dem Rasen ließ.] Norwegen hingegen wirkt manchmal eher | |
| wie Hegerberg & Band. Und so wird man nach dem seltsam passiven Ausscheiden | |
| im Viertelfinale weiter erbittert über Ada Hegerberg diskutieren. Und übers | |
| Scheitern. | |
| Denn es ist ja eine seltsame Geschichte. Eigentlich stellt Norwegen eine | |
| Elf, die mindestens in ein Halbfinale gehört. Namen wie Caroline Graham | |
| Hansen, Guro Reiten, Frida Maanum, Ingrid Syrstad Engen und eben Hegerberg | |
| spielen bei der Crème de la Crème europäischer Klubs, sind hochdekoriert | |
| mit Titeln, exzellente Einzelkönnerinnen. | |
| Auch rücken da vielversprechende Großtalente nach, allen voran die erst | |
| 20-jährige Sensation Signe Gaupset. Eigentlich müsste das Team mit diesen | |
| Kräften einen berauschenden Fußball spielen. Stattdessen scheitert es seit | |
| Jahren, und das mit oft völlig uninspirierten Auftritten: Bei der WM 2023 | |
| im Achtelfinale, bei den letzten beiden EM-Turnieren blamabel schon in der | |
| Gruppenphase, darunter mit einem denkwürdigen 0:8 gegen England. Auch | |
| diesmal hat mutmaßlich nur das Losglück in Form der mit Abstand schwächsten | |
| EM-Gruppe ein noch früheres Aus verhindert, denn überzeugt hat Norwegen im | |
| Turnier selten. Ob das wirklich nur sportliche Gründe hat? | |
| ## Sehr dominant im Team | |
| Zerstritten sollen sie sein, die Norwegerinnen. Immer wieder rumort es rund | |
| um das Team. Auffällig etwa, dass Teamkolleginnen sich während | |
| [3][Hegerbergs fünfjährigem feministischem Boykott] für mehr | |
| Gleichberechtigung kaum solidarisch äußerten. Die Stürmerin selbst ist eine | |
| extrem selbstbewusste, dominante Figur. Zu dominant für ein gesundes | |
| Gleichgewicht im Team? Solche Fragen sind längst keine Blasphemie mehr. | |
| Auch sonst fehlt im Zusammenspiel oft die Chemie. So haben es verschiedene | |
| Trainerinnen nie geschafft, die Stars in eine überzeugende Taktik | |
| zusammenzufügen. In der ersten Hälfte gegen Italien trat Norwegen | |
| rätselhaft passiv auf, war körperlich kaum präsent. In der Defensive | |
| klafften große Löcher, vor allem die rechte Abwehrseite wurde regelrecht | |
| zerlegt. | |
| Unklar auch, ob Konter gegen einen Underdog wirklich der Matchplan waren. | |
| Erst im zweiten Teil zeigte das Team von Emma Grainger mit nun verbessertem | |
| Pressing und gefälligen Kombinationen, was es leisten kann. Und doch war | |
| Italien meist wacher, engagierter, aber auch überlegen in der | |
| Raumaufteilung. Der Sieg ging in Ordnung. Zeit für unbequeme Fragen im | |
| Pionierinnenland Norwegen. | |
| Zu erkennen sind dabei gewisse Dissonanzen. Tief enttäuschte Gesichter in | |
| der Mixed Zone, die sich zugleich branchenüblich in Optimismus üben | |
| mussten. „Wir haben gezeigt, dass wir wettbewerbsfähig sind“, befand etwa | |
| die eingewechselte Elisabeth Terland. „Wir haben viele junge Spielerinnen | |
| und eine aufregende Zukunft vor uns. Ich bin wirklich aufgeregt, wir können | |
| Tolles leisten.“ Aufgeregt klang sie dabei ganz und gar nicht. | |
| Routinier Maren Mjelde erklärte nachvollziehbar, es sei schwer, so kurz | |
| nach dem Spiel alles einzuordnen. „Wir müssen einfach wirklich | |
| zusammenhalten und vorwärts gehen. Das ist das Wichtigste.“ Graham Hansen, | |
| Reiten und Hegerberg sind alle 30 Jahre alt, Mjelde selbst 35; ein Umbruch | |
| ist absehbar, vielleicht mit Chance auf Neuanfang. Und die Aufregung in der | |
| norwegischen Presse um Hegerberg, hat sie das Team negativ beeinflusst? | |
| „Ich lese oder höre nicht wirklich irgendwas“, erwiderte Mjelde freundlich. | |
| „Fragen Sie mich nicht danach, ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“ Das | |
| wiederum mochte man dann doch nicht so recht glauben. | |
| 17 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schweizer-Auftakt-bei-der-Fussball-EM-/!6097864 | |
| [2] /Italiens-Fussballerinnen-bei-der-EM/!6098109 | |
| [3] /Ada-Hegerberg-wieder-Nationalspielerin/!5841443 | |
| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
| ## TAGS | |
| Fußball-EM der Frauen 2025 | |
| Norwegen | |
| Ada Hegerberg | |
| Fußball-EM der Frauen 2025 | |
| Fußball-EM der Frauen 2025 | |
| Ada Hegerberg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Norwegischer Fußballverband: Hort des Widerstands | |
| Während andere Verbände alles durchwinken, was die Fifa dem Weltfußball | |
| zumutet, kommt aus Norwegen Protest. Der Widerspruchsgeist hat Tradition. | |
| Schweizer Auftakt bei der Fußball-EM: Rausch und Ernüchterung | |
| Die Gastgeberinnen lassen sich beim EM-Auftakt von der positiven Stimmung | |
| beflügeln und verlieren doch. Die Gefühlslage ist deshalb zwiespältig. | |
| Ada Hegerberg wieder Nationalspielerin: Der Boykott der Besten ist vorbei | |
| Die norwegische Fußballerin Ada Hegerberg kehrt nach fünf Jahren Boykott | |
| für mehr Gleichberechtigung zurück. Es habe sich vieles verbessert. |