Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Afrika-Cup der Frauen: Der König will Siege sehen
> Zeitgleich zur Frauen-EM findet in Marokko der Afrika-Cup statt. Dort
> wird massiv in den Fußball investiert. Das Heimteam steht unter großem
> Druck.
Bild: Marokkos Nationalspielerin Sanaa Mssoudy im Zweikampf mit Prisca Chilufya…
Köln/Rabat taz | Es war am späten Abend des 5. Juli ein Weitschuss, der
Marokko eine große Enttäuschung ersparte. Im Eröffnungsspiel des
Afrika-Cups der Frauen lag Gastgeber Marokko – amtierender afrikanischer
Vizemeister – kurz vor Schluss [1][gegen Sambia] mit 1:2 im Hintertreffen,
als Ghizlane Chebbak einfach mal aus der Distanz draufhielt.
Unhaltbar schlug die Kugel ein zum 2:2 – die Gastgeberinnen hatten sich
gegen einen der Mitfavoriten immerhin noch einen Punkt gesichert. „Wir sind
Marokko. Wir geben nicht so schnell auf“, versicherte Marokkos Stürmerin
Sakina Ouzraoui später. „Wir haben jetzt noch zwei Gruppenspiele, die
wollen und werden wir beide gewinnen“, meinte sie.
Während [2][in der Schweiz die europäischen Topteams um die
Europameisterschaft kämpfen], treffen sich in Marokko aktuell die besten
Teams vom afrikanischen Kontinent, um den dortigen Meister zu ermitteln.
Für die Gastgeberinnen ist klar: Der Titel muss her. 2022, beim letzten
Afrika-Cup, unterlagen Marokkos Frauen erst im Finale gegen Südafrika. 1:2
hieß es damals, es war eine herbe Enttäuschung. Denn auch damals fand der
Cup schon in Marokko statt und die Gastgeberinnen waren eigentlich mit dem
klaren Auftrag gestartet, den Pokal zu gewinnen.
Was damals nicht klappte, ist diesmal beinahe Pflicht. Zumindest aus Sicht
der Marokkaner. Der Aufwand, der in den letzten Jahren betrieben wurde, um
Marokkos Teams an die Spitze des afrikanischen Fußballs zu katapultieren,
ist enorm. Die Millionen an Dollar zu zählen, die investiert wurden, fällt
gar nicht mehr so leicht.
## Königliche Pläne
Los ging das Ganze vor 15 Jahren. Da wurde von der marokkanischen Regierung
– auf Geheiß des Königshauses höchstpersönlich – ein Förderprogramm
implementiert, das einzigartig in Afrika ist. Seinerzeit wurde in Sala Al
Jadida, einem Vorort Rabats, mit der Mohammed VI Football Academy ein
Trainingszentrum modernster Prägung eröffnet. Auf einer Fläche von 2,5
Quadratkilometern entstanden auf königliche Kosten beste
Ausbildungsbedingungen für 50 Nachwuchsfußballer und -fußballerinnen.
Die Akademie ist baulich an das marokkanische Kulturerbe angelehnt. Die
Form ähnelt einem traditionellen Douar mit einem zentralen Dorfplatz, der
von fünf Gebäuden umgeben ist. Jedes Gebäude erfüllt dabei eine bestimmte
Funktion: Unterkunft, Bildung, medizinische Einrichtung und Kantine. Eine
Schule mit zehn Klassenräumen sowie einem Sprach- und Informatikraum bietet
ein dreistufiges Programm für die Auszubildenden an. Das Lehrangebot der
Akademie wird dabei vom Kultusministerium unterstützt.
Eingebettet in die Anlage wurden vier [3][nach Fifa-Richtlinien erbaute
Stadien], sowie ein Kunstrasenfeld, ein Kleinfeld, vier Umkleideräume und
ein spezieller Trainingsbereich für Torhüter. Alles ist nach modernsten
Anforderungen eingerichtet: Das medizinische Zentrum besteht aus einer
Klinik, einer Praxis für Physiotherapeuten und einem sogenannten
„Balneotherapie-Pool“. Hier wird Wasser aus heißen Quellen zur
Thermaltherapie bei ausgelaugten Sportlern genutzt.
Die ersten Auszubildenden wurden 2010 aus der Region rund um Rabat
zusammengezogen und fortan gezielt gefördert. Zudem wurde das Gelände als
permanenter Campus für Trainingslager der Männer- und
Frauen-Nationalmannschaft genutzt. Ähnliche Anlagen entstanden anschließend
bis 2015 in Agadir, Tanger und Saidia.
## Turniergastgeber Marokko
Systematische Förderung nennt man so etwas. Parallel dazu hat sich Marokko
[4][als Ausrichter großer Fußballveranstaltungen beim Fußballweltverband
Fifa angedient]. Nachdem 2013 und 2022 die Klub-WM im Königreich stattfand,
bekam Marokko den Zuschlag für die Ausrichtung gleich der nächsten fünf
U17-Weltmeisterschaften der Frauen (2025 bis 2029). Die Krönung: Nach fünf
vergeblichen WM-Bewerbungen erhielt das Land den Zuschlag für die WM 2030
(gemeinsam mit Spanien und Portugal).
Für den afrikanischen Fußballverband CAF entwickelte sich das Königreich
zuletzt beinahe zu einem ständigen Gastgeber. 2018 war man Gastgeber für
den CHAN, den Afrika-Cup für auf dem Kontinent verbliebene Spieler. Es
folgte das Finalturnier der Champions League der Frauen (2022), des
Afrika-Cups der Frauen (2022), der U23-Männer (2023) und schließlich jetzt
die erneute Ausrichtung des Afrika-Cups der Frauen. Und im kommenden Winter
(21. Dezember bis 18. Januar) werden dann die besten Männerteams beim
Afrika-Cup zu Gast sein.
Das alles ist nur möglich, weil Geld im Moment scheinbar keine Rolle
spielt, sobald es um Fußball geht. Allein für das gigantische neue Stadion
in der Nähe Casablancas, das zur WM 2030 115.000 Zuschauern Platz bieten
soll, werden Kosten um die 500 Millionen Dollar veranschlagt. Parallel dazu
werden gerade 45 Stadien und Trainingsanlagen erweitert oder renoviert. Das
Land plant zudem seine Flughafenkapazität in den nächsten viereinhalb
Jahren von 38 Millionen (2024) auf 80 Millionen Passagiere zu erweitern.
Gleichzeitig soll der Hochgeschwindigkeitszug zwischen Marrakesch und
Agadir in Betrieb genommen werden.
Enorme Anstrengungen, die auch zum nicht unbeträchtlichen Teil von der
Bevölkerung mitgetragen werden müssen: Besserverdienende in Marokko werden
mit 37 Prozent besteuert. Kritik ist in Marokko nicht gern gesehen. Amnesty
International weist immer wieder auf die eingeschränkte Meinungsfreiheit im
Land hin.
Aber klar: In der königlichen Regierung will man jetzt auch Erfolge sehen.
Rang vier bei der Männer-WM in Katar 2022 war so etwas wie ein erster
Triumph. Eine Art mentaler Türöffner. 2023 gewann die U23-Auswahl den
Afrika-Cup. Und als kürzlich die erste Futsal-Afrikameisterschaft der
Frauen ausgetragen wurde – natürlich auch in Marokko – triumphierte das
Gastgeberteam im Finale mit einem 3:2-Sieg über Tansania.
Der König höchstselbst gratulierte zum Sieg in der Fußball-Hallenvariante
mit markigen Worten. „Es erfüllt uns mit Stolz, dass unsere
vielversprechende Mannschaft die Ehre hatte, die erste Ausgabe dieser
Afrikameisterschaft zu gewinnen“, ließ Mohammed VI übermitteln. Das
siegreiche Team wird bei der kommenden Futsal-WM im November auf den
Philippinen dabei sein.
## Fehlende Leichtigkeit
Beim aktuellen Afrika-Cup der Frauen hat das marokkanische Team
offensichtlich Probleme, mit dem Druck umzugehen. Es fehlt bislang die
Leichtigkeit. Nach dem Auftakt-Remis gegen Sambia gelang im zweiten Match
gegen Außenseiter DR Kongo zwar ein 4:2-Sieg. Aber es war ein schweres
Stück Arbeit. Nach frühem Rückstand glich Marokko aus und ging in Führung,
doch 20 Minuten vor Ende stand es auch hier nur 2:2, ehe es wieder Ghizlane
Chebbak war, die mit zwei späten Toren für den ersehnten Sieg sorgte.
Die bereits 35-Jährige, die seit vergangenem Sommer beim spanischen
Erstligisten FC Levante Badalona unter Vertrag steht, ist sozusagen das
weibliche Gesicht des marokkanischen Fußballs. Ihr verstorbener Vater war
marokkanischer Nationalspieler und gehörte zu der Mannschaft, die 1976 den
einzigen Afrika-Cup für die Atlas Lions gewann. Er war auch der größte
Förderer seiner Tochter, als sie sich entschloss, Fußball zu spielen.
Die meisten von Chebbaks Teamkolleginnen spielen aber noch in der Heimat,
den Großteil des Teams stellt Marokkos Serienmeister AS FAR. Das Team aus
Rabat holte sich in der abgelaufenen Saison den 12. Meistertitel, den
zehnten dabei in Folge.
Als das Team 2022 die Champions League gewann, wurde Stürmerin Fatima
Tagnaout zur Spielerin des Turniers ernannt. Die 26-Jährige ist jetzt auch
beim Afrika-Cup für das Nationalteam dabei – aber gerade die begnadete
Dribblerin, auf die enorme Hoffnungen gesetzt wurden, wirkt bislang seltsam
gehemmt. Nationaltrainer Jorge Vilda hat es bislang noch nicht geschafft,
seinem Team die Hemmungen zu nehmen.
Vilda ist im Frauenfußball beileibe kein unbeschriebenes Blatt. 2023 gewann
er mit seinem Heimatland Spanien zwar die Weltmeisterschaft, hatte zuvor
aber jede Menge Ärger überstehen müssen. Im September 2022 waren gleich 15
spanische Nationalspielerinnen aus Protest gegen Vildas Trainingsmethoden
in Streik getreten.
Bei Spanien musste er nach dem WM-Titel dann gehen. In Folge des
[5][Kuss-Skandals um Luis Rubiales] habe er die Betroffene Jennifer Hermoso
zu überreden versucht, Rubiales zu entlasten, lautete der Vorwurf. In
Marokko nahm man den 44-Jährigen mit Kusshand. Die Hoffnung auf sportlichen
Erfolg zerstreuten jeden Zweifel.
11 Jul 2025
## LINKS
[1] /Sambia-bei-der-Fussball-WM/!5946152
[2] /Fussball-EM-2025/!6097855
[3] https://inside.fifa.com/de/organisation/news/fifa-stadionrichtlinien-setzen…
[4] /Wie-Marokko-die-WM-ins-Land-holen-will/!5908927
[5] /Fussball-in-Spanien/!5954829
## AUTOREN
Olaf Jansen
## TAGS
Fußball-EM der Frauen 2025
Afrika-Cup
Marokko
Fifa
Fußball-EM der Frauen 2025
Frauen-Fußball-WM 2023
Klub-WM
## ARTIKEL ZUM THEMA
Frauenfußball vor der EM in der Schweiz: Revolutionär, feministisch und letzt…
Der Frauenfußball wächst und wächst. Wachstum scheint auch der einzige
Maßstab, andere Themen werden übersehen.
Sambia bei der Fußball-WM: Erschütternder Auftritt
Das Team aus Sambia verliert deutlich gegen Japan. Bei all den Skandalen um
Missbrauch und ausbleibende Zahlungen ist das nur eine Randnotiz.
Wie Marokko die WM ins Land holen will: Marokkos Masterplan
Das Königreich ist wieder Gastgeber der Fußball-Klub-WM. Das Timing ist
gut: Die Männer reüssierten bei der WM, die Frauen streben auch nach vorn.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.