| # taz.de -- Zivilschutz in Israel: Bedingt geschützt | |
| > Nach Kriegseintritt der USA in Nahost verschärft sich die Lage auch in | |
| > Israel. Schutzräume sind sehr ungleich verteilt. Doch es gibt viel | |
| > Solidarität. | |
| Bild: Die Menschen um einen herum, die Nachbarschaft kennenlernen, die Angst te… | |
| Tel Aviv taz | Sie versuchen, die Kinder nicht zu wecken und sie vorsichtig | |
| aus ihren Betten zu heben, wenn die Alarmsirene mitten in der Nacht durch | |
| Tel Aviv schrillt. Schnell muss es trotzdem gehen. Seit Freitagnacht vor | |
| zehn Tagen ertönen in Israel jede Nacht die Warnungen: Schutz suchen vor | |
| iranischen Raketen, die das Regime in Teheran als Antwort auf die | |
| israelischen Luftangriffe schickt, die wiederum auf das Atomprogramm des | |
| Erzfeindes zielen. Nach dem militärischen Eingreifen der USA dort | |
| intensivieren sich die iranischen Angriffe auf Israel; laut israelischen | |
| Medien sind bereits dutzende Menschen getötet worden und hunderte verletzt. | |
| Wer „Glück“ in Israel hat, taumelt noch halb schlafend nur ein paar | |
| Schritte in den Schutzraum der eigenen Wohnung oder legt sich abends direkt | |
| dort schlafen. Andere stehen in den ersten Sekunden nach einem Bombenalarm | |
| direkt senkrecht im Bett – drei Jahre verpflichtender Militärdienst | |
| hinterlassen Spuren. Yonit und Ziv bleibt keine Zeit zum Zögern: Ihr | |
| Gemeinschaftsbunker liegt im Keller des Wohnblocks in Tel Aviv, jede | |
| Sekunde zählt. | |
| „Mein ganzer Körper fühlt sich ängstlich an. Wenn ich die Kinder im Arm | |
| halten und runterbringen muss, habe ich das Gefühl, dass meine Beine | |
| zittern“, sagt Yonit. Die Schuhe der Familie stehen griffbereit an der Tür, | |
| offen, um nur noch hineinschlüpfen zu müssen. Doch einmal, erzählt Yonit, | |
| muss ihre Tochter Lia vorher noch auf die Toilette. Das Mädchen beeilt | |
| sich, so gut es kann. Obwohl sie ihren Kindern gegenüber Ruhe ausstrahlen | |
| will, kommt es Yonit vor wie eine Ewigkeit, bis sie, ihr Mann Ziv und die | |
| beiden Kinder endlich in den Keller rennen. | |
| „Ich habe mich furchtbar gefühlt, weil unsere Nachbarn so lange warten | |
| mussten, bevor sie die Bunkertür schließen konnten.“ Eine Tür, die im | |
| Ernstfall Leben retten kann. Nur Sekunden bevor sie im Schutzraum ankommen, | |
| hören sie einen lauten Knall – entweder hat das israelische Abwehrsystem | |
| Iron Dome die Rakete abgefangen. Oder aber sie ist ganz in der Nähe | |
| eingeschlagen. | |
| Die israelischen Sicherheitsbehörden warnen die Bevölkerung früh und | |
| mehrstufig. Schon etwa zehn Minuten vor dem Sirenenalarm benachrichtigt | |
| eine Handy-App, dass man sich in der Nähe eines Schutzraums aufhalten soll. | |
| Nach dem Golfkrieg 1991 hat Israel entschieden, den Schutz auszubauen: Seit | |
| 1992 müssen alle Neubauten zumindest über einen Gemeinschaftsbunker im | |
| Keller verfügen. Die meisten älteren Häuser haben aber keinen Bunker. In | |
| modernen Gebäuden ist ein sogenannter [1][Mamad,] ein privater Schutzraum, | |
| in jeder Wohnung Pflicht. | |
| Verglichen mit Deutschland ist die Infrastruktur gut ausgebaut, dennoch | |
| zeigt eine Auswertung von 2020: Rund 63 Prozent der knapp drei Millionen | |
| Wohnungen in Israel verfügen über keinen eigenen Luftschutzraum. Besonders | |
| betroffen sind laut dem israelischen Bauverband die Großstädte Jerusalem, | |
| Tel Aviv und Haifa. Der staatliche Rechnungsprüfer warnte im selben Jahr, | |
| dass von den rund 9,5 Millionen Einwohnern Israels circa 2,6 Millionen | |
| keinen ausreichenden Raketenschutz haben. | |
| Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 | |
| und dem Beginn des Kriegs in Gaza bleibt den Menschen je nach Wohnort nur | |
| sehr wenig Zeit, um Schutz zu suchen. Kommen Raketen aus dem Gazastreifen, | |
| sind es zum Teil nur 15 bis 90 Sekunden, um sich in Sicherheit zu bringen. | |
| Weil Raketen und heutzutage auch Drohnen immer schneller in ihrer Flugbahn | |
| geworden sind, werden öffentliche Schutzräume aus den 1950er Jahren in | |
| Israel weniger wichtig. | |
| Die Dichte und Kapazität der öffentlichen Bunker, die etwa in Schulgebäuden | |
| eingerichtet sind, ist regional auch ganz unterschiedlich verteilt. | |
| Mitunter ist der nächste Schutzraum eine Minute entfernt, mitunter zehn | |
| Minuten. In Israel gibt es etwa 53.000 gemeinschaftliche öffentliche | |
| Bunker, ausgelegt für rund 3,1 Millionen Menschen. [2][Tel Aviv hat knapp | |
| über 500 öffentliche Bunker.] Ein mittelgroßer davon kann bis zu 200 | |
| Personen aufnehmen. | |
| In Tamra, einer vorwiegend arabisch geprägten Gemeinde im Norden Israels, | |
| gibt es keine öffentlichen Bunker für die rund 38.000 Einwohner:innen. | |
| Manche haben private Mamads in ihren Wohnungen, doch selbst dieser Schutz | |
| bietet keine Garantie, wenn eine Rakete direkt einschlägt. Es gibt zwar | |
| durchaus Aufnahmen in den israelischen Medien, wo klaffende Löcher der | |
| Zerstörung in Wohnblöcken gezeigt werden. Bilder, wo einzelne Wohnungen | |
| einem Geröllfeld gleichen und die Stahlträger von der Decke hängen – das | |
| Mamad jedoch intakt geblieben ist. Und doch gibt es auch immer wieder | |
| Nachrichten über Menschen, die gestorben sind, auch wenn sie es rechtzeitig | |
| ins Mamad geschafft haben. Eine Überlebensgarantie gibt es in Israel zu | |
| Kriegszeiten gerade nicht. | |
| Ballistische Raketen aus dem Iran erreichen Israel in sieben bis zwölf | |
| Minuten. Wenn man fit ist und rennen kann, schafft man in zwölf Minuten | |
| zwei Kilometer zu Fuß. Aber nicht alle sind so gut zu Fuß. Da ist selbst | |
| ein naher Schutzraum für manche Menschen zu weit. | |
| „Die iranischen Raketen sind wirklich beängstigend, schwere, starke Raketen | |
| und viel mehr als früher – das ist nicht wie bei Hisbollah und Hamas“, sagt | |
| Shoshana. „Nach der Eskalation jetzt durch das Eingreifen der USA im Iran | |
| gibt es mehr tödliche Raketen, und ich bin nicht geschützt, weil der | |
| Schutzraum im Keller bei uns nicht zugänglich für mich ist.“ Die 74-Jährige | |
| wohnt mit ihrem Ehemann Avi in Ramat Gan, beide haben eine Gehbehinderung | |
| und kein eigenes Mamad. Ihre Heimat, etwa 20 Autominuten südlich von Tel | |
| Aviv, befindet sich im Zentrum des Raketenbeschusses. Mehrere Raketen dort | |
| hat der Iron Dome nicht abgefangen. Eine schlug 150 Meter von Shoshanas | |
| Haus entfernt ein. Ihre Fenster klirrten, die ihrer Nachbarn zersprangen | |
| und Avi spürte den Aufprall durch seinen Körper wummern. „Seit 33 Jahren | |
| müssen Schutzräume eingebaut werden, unser Haus ist 35 Jahre alt“, sagt | |
| Shoshana. | |
| Sie hört die lauten Einschläge der Raketen und manchmal, wenn sie im Bett | |
| liegt, sieht sie die Raketen auch von ihrem Fenster aus. „Ich weiß, dass | |
| sie gefährlich sind, aber ich bleibe liegen. Wenn man hilflos ist, wartet | |
| man einfach.“ Sie hat sich als Kind mit Polio angesteckt und ist vom | |
| Oberschenkel abwärts gelähmt, das Laufen fällt ihr schwer. Ihr Mann Avi | |
| sitzt durch eine neurologische Bewegungsstörung (Zerebralparese) im | |
| Rollstuhl und hört nicht gut. „Wir haben ein paar Mal versucht, in den | |
| Schutzraum im Keller zu gehen, aber es war zu viel für uns“, sagt Shoshana. | |
| Avi höre die Raketen ohnehin nicht und bleibe daher einfach im Bett liegen. | |
| Sie suche manchmal Schutz im Treppenhaus. Aber auch nur, wenn sie die Kraft | |
| dazu habe. | |
| Es gibt viele Telefonnummern, die Shoshana anrufen könnte; die Behörden | |
| würden ihr ständig Hilfe anbieten, sagt sie, aber sie hat sich dagegen | |
| entschieden, das Angebot anzunehmen. „Ich habe das Gefühl, sie könnten mir | |
| nicht richtig helfen.“ Ein Freund ihrer Nachbarn habe ihnen sogar den | |
| Schlüssel für sein Apartment mit Mamad in Tel Aviv überlassen, aber das | |
| Ehepaar hat dankend abgelehnt. „Wir bleiben lieber zuhause, wir haben keine | |
| Angst“, antwortet sie auch auf die wiederholten Bitten ihres Sohnes, | |
| zumindest temporär an einen sicheren Ort zu ziehen. | |
| Geborgenheit scheint dem Ehepaar wichtiger zu sein als Sicherheit. Aber | |
| vielleicht fühlen sie sich in dem Komfort ihres eigenen Zuhauses, das auf | |
| ihre Behinderungen ausgerichtet ist, auch aus anderen Gründen geborgener. | |
| Während des Sechstagekrieges 1967 überlebte Shoshana, die in den 1950er | |
| Jahren als Kleinkind mit ihrer jüdischen Familie aus Rumänien nach Israel | |
| kam, einen Raketenangriff in ihrer damaligen Wohnung in Jerusalem. „Das | |
| macht mich gleichgültig gegenüber den heutigen Raketen“, sagt sie. | |
| Die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu mache sie jedoch | |
| wütend: „Sie fangen jetzt mit dem Iran an, aber sie müssen zuerst einen Weg | |
| finden, die Geiseln zurückzubringen – jede Minute, jede Sekunde zählt.“ | |
| Während alle stolz auf „Israels mutigen Angriff“ auf den Iran seien, könne | |
| sie nur daran denken, wie furchtbar die Situation in Gaza sei. Es fällt | |
| Shoshana schwer, die Tränen zurückzuhalten, wenn sie über das Schicksal | |
| der Geiseln spricht – „sie werden einfach vergessen. Die Eskalation des | |
| Krieges jetzt hat die Chance auf ihre Freilassung in weite Ferne gerückt.“ | |
| Israels militärischer Angriff auf den Iran hat das Land nach Monaten | |
| heftiger gesellschaftlicher Spannungen über das Vorgehen der Regierung im | |
| Gazakrieg ein Stück weit zusammengerückt. Und doch, einig ist man sich in | |
| Israel über den Krieg mit Iran keineswegs. Eine Umfrage der [3][Hebräischen | |
| Universität Jerusalem] unter rund 1.000 Israelis am vergangenen Wochenende | |
| ergab, dass rund 82 Prozent der jüdischen Israelis den Angriff auf den Iran | |
| unterstützen. Unter den arabischen Israelis beträgt die Zustimmung nur 32 | |
| Prozent. | |
| ## Spaltung geht oft durch die Menschen selbst | |
| Schon von klein auf wird israelischen Kindern anerzogen, wie wichtig die | |
| Wehrhaftigkeit des eigenen Landes angesichts der Bedrohungen von außen ist. | |
| Die Mischung aus Stolz auf das starke Militär und einer Wut auf die | |
| Regierung spaltet in Israel nicht nur Familien – sie geht oft mitten durch | |
| die Menschen selbst. „Ich mag Netanjahu nicht, aber die Entscheidung, gegen | |
| den Iran vorzugehen, und der Zeitpunkt waren richtig. In wenigen Jahren | |
| könnten sie dreimal so viele ballistische Raketen haben“, sagt Ziv, der | |
| derzeit jede Nacht mit seiner Familie in den Bunkerkeller hastet. „Ich | |
| fühle mich besser, weil ich jetzt weiß, dass sich die USA an der Sache | |
| beteiligen. Aber es ist immer noch nicht klar, ob sie sich weiterhin | |
| beteiligen werden.“ | |
| Seine Frau Yonit dagegen fühlt sich, als würde sie in ein „russisches | |
| Roulette“ geworfen: „Ich habe das Gefühl, ich kann niemandem trauen. Nicht | |
| Trump, nicht Netanjahu, und ich fühle mich deswegen nicht sicher. Ich | |
| möchte einfach nur, dass es aufhört und die Geiseln nach Hause kommen.“ | |
| Nicht so weit von ihr und Ziv entfernt hat der Iran am Sonntagmorgen im | |
| Norden von Tel Aviv Gebäude getroffen, „es fühlt sich jetzt näher an. Ich | |
| bin es leid, mich um jeden zu sorgen, den ich kenne.“ | |
| Seit Jahren spricht die Familie über einen möglichen Umzug nach | |
| Kalifornien, um dem ständigen Konflikt in der Heimat zu entkommen. | |
| Entschieden haben sie sich noch nicht, denn hier ist zu Hause, ist alles, | |
| was sie kennen. „Überall anders wären wir Immigranten“, sagt Yonit. Neben | |
| dem inneren Konflikt lastet auch der Druck von außen schwer auf ihr: „Die | |
| Israelis wollen diesen Krieg nicht, alle wollen, dass er endet – das ist | |
| die Regierung, nicht das Volk.“ | |
| Yonits und Zivs Kinder wissen mit ihren sechs und neun Jahren bereits: Bei | |
| Alarm müssen wir uns in Sicherheit bringen. „Sie verstehen schon, was los | |
| ist, aber sie fragen nicht nach Details“, sagt Ziv. „Kinder sind immuner | |
| gegen diese Situation, als wir denken.“ Vermutlich liegt das auch daran, | |
| dass ihre Eltern versuchen, trotz geschlossener Schulen bestimmte Routinen | |
| aufrechtzuerhalten – ein häuslicher Stundenplan, der Normalität schafft. | |
| „Ich denke eigentlich die ganze Zeit nur darüber nach, was ich ihnen zu | |
| essen machen könnte“, sagt Yonit, deren Mutter als Kind aus dem Iran kam. | |
| Für sie als Eltern sei es härter, denn sie hätten sich seit Tagen nicht | |
| mehr aus ihrer Nachbarschaft wegbewegt, Freunde angerufen oder die Familie | |
| gesehen. Ihre Kinder dagegen träfen Freunde im nahegelegenen Park. „Ich | |
| glaube, sie freuen sich sogar, in den Schutzraum zu gehen, denn da sind | |
| viele andere Kinder, mit denen sie spielen können“, sagt Ziv. Auch für den | |
| 41-Jährigen hat ein Gemeinschaftsbunker seine Vorteile: „Wir lernen die | |
| Community kennen und wir teilen die Angst.“ | |
| In Ramat Gan, wo Shoshana lebt, wird die Metrostation Bialik über Nacht zum | |
| Zufluchtsort. Wer keinen sicheren Ort zum Schlafen hat, rollt hier eine | |
| Matratze aus, manche schlagen Zelte auf. Kinder schauen auf ihren Tablets | |
| noch einen Film, bevor sie zwischen Betonpfeilern einschlafen. Die Szenerie | |
| erinnert an die ersten Wochen des Ukrainekriegs, denn auch dort | |
| verwandelten sich U-Bahn-Schächte in Notunterkünfte. | |
| Weiter als 300 Meter hat sich auch Shoshana nicht mehr von ihrem Haus | |
| fortbewegt, seit die ersten iranischen Raketen kamen. Damit fällt für sie | |
| auch die wichtigste Aktivität des Tages weg: „Was mich am meisten stört, | |
| ist, dass ich nicht ins Schwimmbad gehen kann, wo ich sonst jeden Tag bin.“ | |
| Das Schwimmbad ist Teil eines behindertengerechten Centers, wo Freiwillige | |
| jetzt Brote schmieren für Menschen, die ihr Zuhause verloren haben. | |
| Shoshana hat überlegt, sich zu beteiligen, denn sie ist vor allem dort sehr | |
| gerne unter Menschen. „Ich bin aber zu dem Schluss gekommen, dass ich ihre | |
| Arbeit nur verlangsamen würde.“ Jetzt passt Shoshana tagsüber auf ihre | |
| Enkelin auf und kocht den ganzen Tag. | |
| ## Keine lange Trauer um Materielles | |
| Die Resilienz und Hilfsbereitschaft der Menschen in Israel ist manchmal | |
| überwältigend. Gerade um materielle Dinge wird nicht lange getrauert – auch | |
| wenn es der temporäre Verlust des eigenen Zuhauses ist. | |
| Elinors und Nimrods Haus im zentralisraelischen Nordia hat kein Mamad und | |
| auch keinen Bunkerkeller. Schutz bietet dafür ein Gemeinschaftsbunker in | |
| der Nähe. Dort jede Nacht mit ihrem dreimonatigen Baby Jar hinzurennen, ist | |
| jedoch alles andere als optimal, sagt Elinor. Also machte sich das Paar ab | |
| der zweiten Nacht der Luftangriffe auf den Weg zu Elinors Eltern in Tel | |
| Aviv, die den Luxus eines Schutzraums in ihrer Wohnung haben. | |
| „Dort waren wir aber im Zentrum des Raketenschauers!“, berichtet Elinor. | |
| „Ständig hörte man es knallen, es war total hektisch, Krieg eben.“ Wieder | |
| packen sie das Auto, voll mit Koffern, Babystuhl und Kinderwagen, fahren | |
| zurück Richtung Norden nach Nordia – in der Hoffnung, dass es dort ruhiger | |
| sein würde. Als sie ankommen, gibt es gleich den ersten Alarm, sie sprinten | |
| samt Baby im Arm in den unterirdischen Gemeinschaftsbunker. Und fahren | |
| danach erneut nach Tel Aviv. | |
| „Diese letzte Nacht war die schlimmste. Das Haus hat gewackelt und ich habe | |
| noch nie eine so starke Bombeneinwirkung gespürt“, erinnert sich Elinor. | |
| „Ich wollte sofort hier weg. Es muss doch einen sicheren Ort für uns | |
| geben.“ Sie posten ein Familienbild mit ihrem neugeborenen Jar auf Facebook | |
| und fragen nach einer Untermiete oder ob jemand Catsitter sucht. | |
| ## Rund 150.000 Israelis weltweit gestrandet | |
| Unwahrscheinlich ist das nicht: Schätzungen zufolge sind rund 150.000 | |
| Israelis weltweit gestrandet, seit internationale Flüge aufgrund des | |
| Luftkriegs mit dem Iran eingestellt worden sind. Viele von ihnen hatten nur | |
| einen Wochenend-Trip geplant und sitzen jetzt seit einer Woche zum Beispiel | |
| in Griechenland fest, während zu Hause die Katzen warten. So auch bei dem | |
| jungen Paar, das sich innerhalb einer Stunde nach ihrem Facebook-Post bei | |
| Elinor und Nimrod meldet, um ihre Wohnung in Or Aqiva nahe Haifa anzubieten | |
| – selbstverständlich mit einem Mamad darin. „Wir sind so dankbar und fühl… | |
| uns sicherer hier“, sagt die 35-jährige Elinor. | |
| Was die Entscheidung der israelischen Regierung angeht, den Iran jetzt | |
| anzugreifen, fühlt Nimrod sich zwiegespalten. „Der Grund ist legitim, aber | |
| ich stehe nicht gerne auf der Seite, die angreift, sondern lieber auf der, | |
| die sich verteidigt.“ Dennoch glaubt er, dass „durch den Kriegseintritt der | |
| USA die ganze Situation schneller zu lösen sein wird.“ Er befürchtet aber | |
| eine unmittelbare Eskalation durch iranische Raketenangriffe. | |
| Elinor ist „instinktiv“ gegen den Krieg: „Ich verstehe den Konflikt mit d… | |
| Iran nicht, warum sie uns so sehr hassen und warum es an uns liegt, ihrem | |
| Atomprogramm ein Ende zu setzen, obwohl das auch andere westliche Staaten | |
| wollen.“ Jetzt, wo sich die USA an der Operation beteiligen, „bin ich aber | |
| noch besorgter, habe mehr Angst.“ | |
| Dass die israelische Regierung mit ihrem Angriff auf den Iran von der | |
| Situation in Gaza ablenken will, darüber sind sich jedoch beide einig. „Wie | |
| sehr die israelische Regierung das Leben der Zivilbevölkerung in Gaza | |
| riskiert, um ihr Ziel zu erreichen, ist mehr als wahnsinnig“, sagt Nimrod. | |
| Das Ausmaß der Verwüstung in Gaza habe den gegenteiligen Effekt von dem, | |
| was man jetzt im Iran erreichen wolle, sagt er. Die Palästinenser, glaubt | |
| er, wollten sich nun lieber der Hamas anschließen, als das Regime zu | |
| stürzen. | |
| Wie lange Elinor und Nimrod mit Jar in ihrem temporären Unterschlupf noch | |
| das Futter für die Katzen verteilen werden, bevor deren Besitzer es zurück | |
| nach Israel schaffen? Völlig unklar. „Ich schätze, noch fünf Tage | |
| mindestens“, sagt Elinor. Schon mit Beginn des Gazakrieges ging die App | |
| „Safe Zone“ an den Start. | |
| Sie verbindet Menschen, die sich gerade im Ausland aufhalten, doch eine | |
| leere Wohnung in Israel besitzen, und Schutz suchende Menschen vor Ort | |
| miteinander. Denn auch Elinor und Nimrod haben Freunde, die noch bei jedem | |
| Alarm zum nächstgelegenen Hotel mit unterirdischem Bunker rennen müssen. | |
| Und deren Fensterscheiben zu Hause inzwischen zersprungen sind. | |
| 23 Jun 2025 | |
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