# taz.de -- Israel greift Iran an: Krieg führen, um den Krieg zu verhindern | |
> Außerdem im Wochenrückblick von Friedrich Küppersbusch: die eine gute | |
> Idee von Robert Habeck, und Alexander Dobrindts Links-rechts-Schwäche. | |
Bild: Nach einem israelischen Angriff läuft ein Mann durch die rauchverhangene… | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Trump scheitert an Netanjahu. | |
taz: Und was wird besser in dieser? | |
Küppersbusch: Mal was anderes als an Putin. | |
taz: Israel hat den Iran angegriffen – als Präventivschlag gegen die | |
atomare Bedrohung, aus innenpolitischen Gründen oder um die Iraner:innen | |
vom Albtraum des Mullahregimes zu befreien? | |
Küppersbusch: Genau. Alles. Und Netanjahu bleibt an der Macht, [1][solange | |
ihm die Kriege nicht ausgehen]. Die Verhandlungen zwischen USA und Iran | |
über ein Atomabkommen am Sonntag sind obsolet. Die Konferenz von Frankreich | |
und Saudi-Arabien zur Zweistaatenlösung ist abgesagt. Diese Termine waren | |
drängender als die nukleare Bedrohung Israels – Netanjahu selbst sagte, es | |
seien Monate mindestens noch bis zur iranischen Bombe. Israel führt Krieg, | |
um Krieg zu verhindern, mit dem Ergebnis, dass Krieg ist. | |
taz: In Graz hat ein 21-jähriger Mann bei einem Amoklauf in seiner | |
ehemaligen Schule zehn Menschen getötet. Wieso reden wir viel über | |
Sicherheit, aber wenig über psychische Gesundheit? | |
Küppersbusch: Als die Grünen im Januar unter dem Eindruck der Terrorserie | |
im Wahlkampf einen Zehnpunkteplan verübten, war das zunächst die | |
Kapitulationsurkunde der ehedem weltoffenen Partei angesichts des | |
paranoiden Medientenors. Autor Robert Habeck rutschte auf den zwei Seiten | |
trotzdem noch ein halbwegs vernünftiger Gedanke durch, nämlich „bei der | |
medizinischen Erstuntersuchung von Asylsuchenden auf psychische | |
Erkrankungen“ zu prüfen. Das wurde als weitere Diskriminierung weggeatmet | |
zur Melodie „Die Asylanten sind doch alle bekloppt“. Enthielt jedoch die | |
zutreffende Beobachtung: Der einzige rote Faden zwischen allen Verbrechen | |
biodeutscher wie anderer Täter waren teils offen ersichtliche Psychosen. | |
Auch ein Mensch, der daran erkrankt, ist noch steuerungsfähig und hat eine | |
Ausrede für gar nichts. Um uns vor Terror zu schützen, ist es jedoch das | |
bessere Suchraster. | |
taz: Die Deutsche Bahn schafft die Sitzplatzreservierung für Familien ab, | |
was viele Menschen aufregt. Wie soll eine Mobilitätswende gelingen, wenn | |
sie weder sozial noch inklusiv gedacht ist? | |
Küppersbusch: Unter den Top 3 der Borddurchsagen rangiert schon bisher ganz | |
weit vorne: „Setzen Sie sich halt irgendwohin, wo was frei ist“ – wenn man | |
im improvisierten Ersatzzug sitzt, die Reservierungsanzeige ausgefallen | |
oder der Anschluss verbummelt ist. Wo Eltern bisher die Brut für ein | |
10-Euro-Ticket um sich scharen konnten, summiert sich das jetzt fix auf | |
einen Fünfziger nur für Platzkarten. Finde ich gut, dann fahren diese Leute | |
Auto, und ich finde immer einen Sitzplatz ohne Reservierung – [2][wieder | |
was gespart]. | |
taz: Innenminister Dobrindt behauptet, die Zahl der | |
Linksextremist:innen sei deutlich angestiegen, was aus dem Bericht des | |
Verfassungsschutzes allerdings nicht hervorgeht. Wieso warnt er vor links, | |
wenn die Zahlen doch eigentlich nach rechts zeigen? | |
Küppersbusch: Wer vor den Extremen warnt, erfindet sich als Mitte. Da an | |
[3][Rechtsextremismus kein Mangel ist] – wie er selbst verkündet – und der | |
Linksextremismus voll die Formkrise hat, war’s ein krudes Spektakel. Für | |
eine andere gesellschaftliche Realität, wo alle doof sind außer CSU, wäre | |
das eine gute Pressekonferenz gewesen. Komm vielleicht noch. | |
taz: Harvey Weinstein wurde erneut wegen Vergewaltigung teilweise schuldig | |
gesprochen. Warum dauert es mit der Gerechtigkeit für Frauen so lange? | |
Küppersbusch: Einer Legende nach musste nach den ersten | |
Flugzeugentführungen erst mal ein Straftatbestand geschaffen werden, weil | |
zwar Verbrecher, nicht aber die Justiz vorher auf dieses Verbrechen | |
gekommen waren. Dank #MeToo, ausgelöst von Weinsteins seriellen | |
Übergriffen, weiß jetzt auch die letzte Kabelhilfe, dass es keine | |
„Drehbuchbesprechung im Hotelzimmer“ gibt. Nie hätte geben dürfen, klar. | |
Und sicher gibt es noch tausend andere Ekeleien, die noch nicht | |
beispielhaft geächtet sind. Andererseits ging die leidlich transparente und | |
öffentlich beachtete Filmwirtschaft dem nämlichen Elend anderswo voran. Und | |
ganz sicher schneller, als es den Tätern gefällt. | |
taz: Bier wird teurer. Und die Gesundheitsminister der Länder fordern einen | |
Stopp für das „begleitete“ Trinken – also die Regel, nach der Jugendliche | |
unter Aufsicht ihrer Eltern schon mit 14 Jahren Alkohol trinken dürfen. Was | |
bedeutet das für die deutsche Kultur? | |
Küppersbusch: Erst mal Dank an den anonymen Alkoholiker, der die auf mich | |
statistisch entfallenden 90 Liter Bier pro Jahr mit wegsäuft. Vor 20 Jahren | |
waren es noch über 120 Liter, die Industrie reagierte mit dem Etikett | |
„Premium“ statt Plörre. Die Anlernphase für Jugendliche abzuschaffen, ist | |
ein löblicher Vorsatz; rechtlich ist es für Heranwachsende noch stets | |
wesentlich leichter, Alkoholiker zu werden als etwa Raucher oder Kiffer. | |
Nüchtern betrachtet – aber wer will das schon? – kämpft hier Sauf- gegen | |
Verbotskultur, der Ausgang wird auf jeden Fall sehr, sehr deutsch sein. | |
Alles gut. Prost. | |
taz: Und was macht der RWE? | |
Küppersbusch: In der Spätausgabe dieser Kolumne steht der Pokalgegner – | |
womöglich ein Erst- oder Zweitligaclub – fest. Ich ruf dann an. | |
Fragen: Leyla Roos, waam | |
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und Bahndissident … | |
15 Jun 2025 | |
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