# taz.de -- Aufstieg des 1. FC Köln: Kölner Kompetenzvakuum | |
> Der 1. FC Köln steigt als Zweitligameister in die Bundesliga auf. Wie es | |
> weitergeht und ob Trainer Friedhelm Funkel bleiben darf, ist völlig | |
> unklar. | |
Bild: Ihm liegt zurzeit ganz Köln zu Füßen: Trainer Friedhelm Funkel am Sonn… | |
Köln taz | Eine feine Portion Ironie schwang mit, als Torsten Lieberknecht | |
den soeben in die erste Bundesliga aufgestiegenen [1][1. FC Köln] mit | |
seinem Ratschlag in eine krachende Partynacht verabschiedete. Ob er seinen | |
71 Jahre alten Kollegen Friedhelm Funkel für geeignet halte, den FC auch | |
durch eine erfolgreiche Bundesligazukunft zu führen, wurde Kaiserslauterns | |
Trainer gefragt. | |
Funkel sei „topfit, da ist kein Gramm Fett dran, der kann feiern wie ein | |
Biest“, erwiderte Lieberknecht, also: „Macht die Schatulle auf und haltet | |
den hier fest.“ Das war ein schlauer Kommentar in einem Moment, in dem es | |
den Kölnern schwerfiel, derart wichtige Fragen mit klarem Verstand zu | |
diskutieren. | |
Draußen hatten die Mannschaft und die Fans sich auf sehr kölnische Art in | |
den Armen gelegen und das Lied „Tommi“ von Annenmaykantereit gesungen. Eine | |
Hymne voller Melancholie und Liebe zu dieser Stadt, die seit zwei Wochen | |
ihrem Friedhelm zu Füßen liegt. | |
Weil der Altmeister der Trainerkunst seit seinem abermaligen Auftauchen am | |
Geißbockheim jederzeit den Eindruck vermittelte, die richtige Lösung zu | |
kennen, und eine furchtbar verkrampfte Mannschaft von ihren Ängsten befreit | |
hat. Es sei Funkel gelungen, eine „gewisse Spielfreude reinzukriegen, ein | |
bisschen Freiheit“, sagte der Kölner Stürmer Luca Waldschmidt nach dem 4:0 | |
zum Saisonabschluss gegen Kaiserslautern. | |
Funkel ist „ für alles offen“ | |
Mit viel Weisheit hat der Trainer nebenbei [2][den schwierigen Fall des | |
unter starkem Alkoholeinfluss in eine Schlägerei verwickelten Torjägers Tim | |
Lemperle] moderiert. Und weil die Kölner nach zwei Funkel-Siegen letztlich | |
souverän in die Bundesliga zurückgekehrt und auch noch Zweitligameister | |
geworden sind, ist die Frage, ob Funkel weitermacht, nicht nur fachlich | |
herausfordernd, sondern auch eine Angelegenheit der Herzen. | |
Der Trainer selbst wäre bereit, das war nicht zu überhören inmitten der | |
Feierlichkeiten vom Sonntagabend. Zunächst dankte er zwar seinem vor zwei | |
Wochen entlassenen Vorgänger Gerhard Struber, der „einen viel größeren | |
Anteil“ an diesem Erfolg habe, weil die Tabellensituation günstig und „die | |
Mannschaft in einem hervorragenden Zustand war“. | |
Als er dann jedoch explizit auf seine eigenen Zukunftswünsche angesprochen | |
wurde, erwiderte Funkel: „Jeder weiß, wie ich zu diesem Verein stehe. Wir | |
sind aufgestiegen und es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht.“ Und: „Ich | |
bin für alles offen, möglicherweise auch dafür, weiterzumachen. Ich kann | |
mir das vorstellen.“ | |
Das war ein eindeutiges Bewerbungsstatement, mit dem die Vereinsführung nun | |
arbeiten muss. Wobei gar nicht so klar sichtbar ist, wer gerade die | |
wichtigen Zukunftsentscheidungen trifft. Thomas Kessler, der vormalige | |
Leiter des Lizenzspielerbereichs, ist seit der Entlassung von | |
Sport-Geschäftsführer Christian Keller Interimssportchef. Darüber im | |
Organigramm ist das Präsidium angesiedelt, dem es jedoch an Fachkenntnissen | |
im Segment des Sports mangelt und das außerdem im September abtreten muss, | |
weil es nicht noch einmal zur Wahl zugelassen wird. | |
## Das starke Bedürfnis nach einem Retter | |
Von einem Machtvakuum zu sprechen, ginge zu weit, aber ein Kompetenzvakuum | |
ist in jedem Fall vorhanden. „Ab morgen fangen wir an, darüber | |
nachzudenken, wie die Zukunft aussieht“, sagte Präsident Werner | |
Wolf-Kessler, er könne zur Trainerfrage vorerst „überhaupt nichts sagen“. | |
Nur: „Wir sind Friedhelm brutal dankbar, dass er das geschafft hat in den | |
14 Tagen. Jetzt schauen wir mal, wie es weitergeht.“ | |
Wahrscheinlich ist es klug, an diesem Punkt nichts zu überstürzen, zumal es | |
sich bei Köln um einen Fußballstandort handelt, an dem es traditionell ein | |
sehr starkes Bedürfnis nach dem großen Retter gibt. Nach einem Mann, der | |
den Verein aus seinem harten Schicksal befreit und dauerhaft zu einem | |
Bundesligisten mit internationalen Ambitionen macht. Wolfgang Overath hat | |
das versucht, Christoph Daum auch, Lukas Podolski war der Prinz, der alle | |
glücklich machen sollte. Sogar Ewald Lienen wurde hier schon zum „heiligen | |
Ewald“ erklärt. [3][Und jetzt also der gute Friedhelm?] | |
Zu den Errungenschaften der jüngeren Vergangenheit gehört, dass die Kölner | |
sich auf dieser Ebene professionalisiert haben. Auch der im Mai entlassene | |
Geschäftsführer Christian Keller hat einen Kampf gegen die Kölner Neigung | |
zum Irrationalen geführt und außerdem die Klubfinanzen saniert. Noch vor | |
wenigen Wochen betonte er, dass der FC im Aufstiegsfall wirtschaftlich über | |
so gute Voraussetzungen für den Aufbruch in eine dauerhaft erfolgreiche | |
Zukunft verfüge wie seit 35 Jahren nicht mehr. | |
In der kommenden Saison lässt sich ohne Risiko ein Etat von über 50 | |
Millionen Euro finanzieren, 2026 ist der Klub endgültig schuldenfrei, und | |
teure Vermarktungsverträge enden. Es gibt also Spielräume, die Mannschaft | |
klug weiterzuentwickeln. Auch der Nachwuchs blüht: Wenige Stunden vor dem | |
Aufstieg wurde die U19 durch ein spektakuläres 5:4 gegen Leverkusen | |
Deutscher Meister. Noch besser sei sogar die U17, sagen manche im Klub. | |
Das Geißbockheim wurde modernisiert, genau wie die Scouting-Abteilung. | |
Unklar ist nun, wer auf diesen Grundlagen nachhaltige Bundesligaerfolge | |
bewerkstelligen soll. Funkel? Kessler? Wer wird neuer Sportgeschäftsführer? | |
Und wen schlägt der Mitgliederrat zur Besetzung des künftigen Präsidiums | |
vor, das im September gewählt wird? Der gute, alte FC ist aufgestiegen, | |
aber als geordneter Klub mit klaren Perspektiven beginnen die Kölner ihr | |
nächstes Bundesligakapitel wieder einmal nicht. | |
19 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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