# taz.de -- Rassismusvorwurf im Museum: Wie bei einem Spießrutenlauf | |
> Ein Schwarzer Besucher der Neuen Nationalgalerie wird von Wachmann | |
> unfreundlich behandelt. Die Sicherheitsfirma spricht von einem | |
> Missverständnis. | |
Bild: Auch im Skulpturengarten der Neuen Nationalgalerie ist Gallery Weekend. I… | |
Berlin taz | Ein Afrobrasilianer wurde vorigen Samstag beim Besuch der | |
Neuen Nationalgalerie nach eigenen Angaben vom Wachpersonal rassistisch | |
diskriminiert. Die dort tätige Sicherheitsfirma Dussmann hingegen weist den | |
Rassismusvorwurf entschieden zurück. Was ist geschehen? | |
Osvaldo Andrade und seine Partnerin Julia Dittmann besuchten die | |
interaktive Yoko-Ono-Ausstellung. Etwa 20 Minuten vor der Schließung um 18 | |
Uhr, so Andrade, habe er sich an einen Tisch gesetzt, um gemäß der | |
Ausstellungskonzeption ein Keramikbild aus Scherben zu gestalten. „Am Tisch | |
saßen schon drei Personen“, sagt er der taz. Um 17.45 Uhr, so das Paar, | |
hätte es eine Durchsage gegeben, dass das Haus in wenigen Minuten schließen | |
würde und die Gäste ihren Besuch dann bitte beenden sollten. Unmittelbar | |
darauf hätte ein Mann des Wachpersonals am Stuhl des Afrobrasilianers | |
gestanden und ihn mehrfach aufgefordert: „Schluss! Alle müssen raus!“ Den | |
anderen am Tisch sitzenden Personen gegenüber sowie Besuchern, die sich | |
noch die Ausstellung ansahen, hat es ihm zufolge keine solche Ansage | |
gegeben. | |
Andrade: „Ich habe den Ton, in dem er mit mir sprach als sehr aggressiv | |
empfunden. Der Mann kam mir körperlich sehr nah. Ich habe entgegnet, ich | |
brauche noch wenige Minuten, um die Arbeit zu beenden.“ Andrade war zu | |
diesem Zeitpunkt der einzige dunkelhäutige Besucher der Ausstellung. Der | |
taz gegenüber sagt er, er habe dem Wachmann gegenüber gesagt, er fände | |
seinen Umgang mit ihm sehr unfreundlich und rassistisch. | |
Ein Sprecher der Firma Dussmann spricht von einem Missverständnis: „Die vom | |
Mitarbeitenden ausgesprochene Aufforderung zum Verlassen des Museums | |
richtete sich nicht an eine bestimmte Person, sondern an alle Anwesenden. | |
Der Besucher empfand diese Aufforderung augenscheinlich als persönlich an | |
ihn adressiert und daher seiner Meinung nach als rassistisch | |
diskriminierend, “ sagt er der taz. Der Mann und seine Partnerin seien dann | |
sehr laut geworden, so der Dussmann-Sprecher. Dem herbeigerufenen | |
Objektleiter sei es aufgrund der Emotionalität nicht gelungen, die | |
Situation zu deeskalieren. | |
## Besucher solidarisieren sich | |
Eine Frau, die ebenfalls am Tisch saß, Colette N., berichtet der taz, | |
mehrere Besucherinnen hätten sich mit dem Mann solidarisiert und das | |
Wachpersonal auf sein „unverschämtes“ Verhalten aufmerksam gemacht. Sie | |
sagt: „Ich habe den Mann und seine Partnerin in den Arm genommen und dabei | |
gespürt, wie sie gezittert hatten. Ich finde es unmöglich, dass der Mann | |
sich aufgrund seiner Hautfarbe so ein Verhalten gefallen lassen musste.“ | |
Danach eskalierte die Situation ein zweites Mal. Nach Angaben der Firma | |
Dussmann versammelten sich „wie üblich“ alle Sicherheitsleute für die | |
Tagesübergabe am Ausgang. Sie hatten sich in einer Reihe aufgestellt, an | |
der vorbei, wie die Familie und Colette N. schilderten, der Brasilianer und | |
seine Partnerin auf dem Weg zum Ausgang vorbeigehen mussten wie bei einem | |
Spießrutenlauf. Andrade: „Die Situation war bedrohlich, ich dachte, ein | |
Mann geht sofort auf mich los. Meine Partnerin hat sich schützend zwischen | |
mich und einen Sicherheitsmann gestellt.“ Doch damit hatte auch seine | |
Partnerin Angst, von Gewalt bedroht zu sein, schildert sie der taz. Sie | |
räumt ein, sehr laut geworden zu sein. „Ich dachte, es kommt jeden Moment | |
zu Handgreiflichkeiten.“ | |
Ein Dussmann-Sprecher stellt es anders dar: Seine Mitarbeiter hätten auf | |
einen ruhigen Ton und den angemessenen körperlichen Abstand geachtet, sagt | |
er. Laut sei hingegen die Familie gewesen. „In der Neuen Nationalgalerie | |
arbeiten Dussmann-Sicherheitskräfte aus 13 verschiedenen Nationen. Auch der | |
betreffende Mitarbeitende hat einen Migrationshintergrund.“ Der | |
Rassismus-Vorwurf hätte ihn demzufolge überrascht. | |
Die Zeugin Colette N. sagt der taz, für sie sei der Eindruck entstanden, | |
als würden die Wachmänner ihren Kollegen vor der Familie schützen. „Ich | |
hatte Gänsehaut bekommen und mich schlecht gefühlt.“ | |
Sowohl die Firma Dussmann als auch die Neue Nationalgalerie bedauern den | |
Vorfall und erläutern, sie hätten die Familie zu einem persönlichen | |
Gespräch eingeladen. Markus Farr, Sprecher der Neuen Nationalgalerie, sagt, | |
sein Haus wende sich entschieden gegen alle Formen von Rassismus, Hass und | |
Diskriminierung. Der Vorfall stelle in der Geschichte der Neuen | |
Nationalgalerie eine Ausnahme dar. „Mit unserem externen | |
Sicherheitsdienstleister sind weiterführende Schulungen und Workshops zur | |
Achtsamkeit und Sensibilisierung des Aufsichts- und Kassenpersonals | |
vereinbart.“ | |
2 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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