| # taz.de -- Museumsleiterin über dänische Königin: „Ein sehr kurzes und vo… | |
| > Die dänische Königin Caroline Mathilde wurde im 18. Jahrhundert nach | |
| > Celle verbannt. Zum 250. Todestag widmet ihr das Residenzmuseum eine | |
| > Ausstellung. | |
| Bild: So wurden sie gesehen: Gemälde im Celler Schloss, die Christian VII, Car… | |
| taz: Frau Schmieglitz-Otten, warum sollten wir uns mit Königin Caroline | |
| Mathilde beschäftigen, wenn sie schon seit 250 Jahren tot ist? | |
| Juliane Schmieglitz-Otten: Die Frage ist absolut berechtigt. Was soll | |
| eigentlich nach 250 Jahren interessieren an dem Leben einer Frau, die in | |
| einer sehr besonderen Gesellschaftsschicht ein Einzelschicksal erlebt hat? | |
| Aber es gibt viele spannende Berührungspunkte mit unserer Zeit. | |
| taz: Um diese zu verstehen, müssen wir die Geschichte um Caroline Mathilde | |
| kennen. | |
| Schmieglitz-Otten: Caroline Mathilde war eine Welfenprinzessin und wuchs im | |
| 18. Jahrhundert in England auf. Sie wurde mit 15 mit dem dänischen König | |
| Christian VII. verheiratet. Er war geistig sehr labil, aus heutiger Sicht | |
| hatte er [1][wahrscheinlich Schizophrenie]. Man hat deshalb einen Leibarzt | |
| geholt, Johann Friedrich Struensee. Eigentlich sollte er den König nur | |
| behandeln, hatte aber gleichzeitig großen Einfluss und konnte ihn deshalb | |
| für ein neues Regierungsprogramm gewinnen. Struensee hat letztendlich | |
| versucht, den dänischen Staat auf sanfte Weise vom Absolutismus in die | |
| Neuzeit zu bringen. | |
| taz: Aber die Geschichte endet schon bald? | |
| Schmieglitz-Otten: Dass Struensee dann ein Verhältnis mit der Königin | |
| anfing, wurde ihm zum Verhängnis. Die reaktionären Kräfte haben sich gegen | |
| ihn gewandt und eine große Fake-News-Kampagne gestartet. 1772 wurde | |
| Struensee in der Folge in Kopenhagen öffentlich hingerichtet. Die | |
| königliche Ehe wurde geschieden und Caroline Mathilde nach Celle gebracht. | |
| Damals zog sie mit 21 Jahren in das leerstehende [2][Schloss Celle] ein. | |
| Sie starb schon mit 23 Jahren. Ein sehr kurzes und volles Leben. | |
| taz: Wie sah diese Fake-News-Kampagne konkret aus? | |
| Schmieglitz-Otten: Das ist nach der Reformation die erste Kampagne, wo | |
| Flugschriften zum Einsatz kamen, um die Meinung der Öffentlichkeit zu | |
| beeinflussen. Struensee selbst hat mit dazu beigetragen, denn eine seiner | |
| ersten Maßnahmen war die Aufhebung der Pressezensur. Was als Fortschritt | |
| gedacht war, aber sich dann gegen ihn wandte. Und so sind eine Fülle von | |
| Flugschriften erschienen. | |
| taz: Was stand in den Flugblättern? | |
| Schmieglitz-Otten: Gehässige Texte und Zeichnungen, die die drei oder | |
| Struensee und die Königin desavouierten. Und Texte, in denen die | |
| Verhaftung gefordert wird oder falsche Dinge unterstellt werden. Es war | |
| immer ein Fünkchen Wahrheit dran. Diese wurde aber so verdreht, dass die | |
| Öffentlichkeit den Eindruck haben musste, da ist ein Despot am Werk, der an | |
| die Stelle des Königs kommen will. | |
| taz: Glauben Sie, dass eine Verleumdung in diesem Ausmaß heutzutage möglich | |
| wäre? | |
| Schmieglitz-Otten: Ich würde sagen, die ist permanent möglich und findet in | |
| der Gegenwart immer wieder statt. [3][Shitstorms sind auf genau der | |
| gleichen Ebene]. Es sind die gleichen Mechanismen, nur mit dem Unterschied, | |
| dass es heute sehr viel schneller geht. Die Art, wie mit Wahrheit und der | |
| Vermittlung von Informationen umgegangen wird und wie sie zu | |
| Falschinformationen gemacht werden, ist genau die gleiche. Nur heute mit | |
| anderen technischen Möglichkeiten. | |
| taz: Zeigt die Geschichte also auch Parallelen zur heutigen Gesellschaft? | |
| Schmieglitz-Otten: Die Geschichte Caroline Mathildes spielt in einem | |
| Umbruch zwischen Absolutismus zur Aufklärung, also eine Zeit, in der sich | |
| sehr vieles gewandelt hat. Und diese großen Umbrüche haben die Menschen | |
| damals ebenso bewegt und geprägt, wie sie heute viele Menschen | |
| verunsichern. Wir verbinden heute mit der Aufklärung viele positive Dinge. | |
| Aber den Menschen in der Zeit war nicht klar, was kommt. Letztendlich gibt | |
| das unserem Leben eine gewisse andere Tiefe. Zu sehen, dass es große | |
| Veränderungen gegeben hat, die auch überwunden wurden. | |
| 10 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Louisa Eck | |
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