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# taz.de -- Wieder im Kino: Kein patriotisches Beispiel
> Das Babylon Mitte würdigt Alfréd Deésy, das Filmusseum Potsdam den
> britischen Humor, und auch „Die letzten Glühwürmchen“ ist wenig
> kriegsbegeistert.
Bild: „Leben und Sterben des Colonel Blimp“ (UK 1943), Regie: Michael Powel…
In den Tagen des Stummfilms gehörte Alfréd Deésy zu den bekanntesten und
produktivsten Regisseuren Ungarns. Dass ihn heute kaum mehr jemand kennt,
liegt einerseits an der hohen Verlustrate bei Filmen aus jener Zeit, aber
andererseits auch daran, dass Deésy anders als viele seiner Zeitgenossen
nicht emigrierte: Michael Curtiz, Alexander Korda, Emeric Pressburger und
André de Toth machten sich später in der amerikanischen und britischen
Filmindustrie einen Namen und wurden auf diese Weise auch international
berühmt.
Erhalten hat sich von Deésys Regiearbeiten unter anderem „A halál után“
(„After Death“) aus dem Jahr 1920, eine Verfilmung des Romans „L'homme qui
revient de loin“ von Gaston Leroux, dem Autor von „Das Phantom der Oper“.
Das französische Sujet war bewusst gewählt, denn der Film wurde auch mit
Blick auf den ausländischen Markt produziert – praktisch eine Notwendigkeit
im Rahmen all der Umwälzungen, die sich nach dem verlorenen gegangenen
Ersten Weltkrieg seinerzeit in Ungarn vollzogen.
Ähnlich wie „Das Phantom der Oper“ verknüpft auch „A halál után“
Liebesgeschichte und Kriminaldrama geschickt mit übersinnlichen Aspekten:
André liebt die junge Márta, die jedoch einem anderen Mann versprochen ist.
Als die Liebenden inflagranti erwischt werden, lässt sich André dazu
nötigen, in die USA zu emigrieren.
Seine Fabrik vertraut er seinem jüngeren Bruder an: Sollte André drei Jahre
lang nicht von sich hören lassen, wird alles Jacques gehören. In der Folge
bleibt André verschwunden – ehe er fünf Jahre später bei einer Séance als
„Geist“ erscheint und behauptet, ermordet worden zu sein.
Die Restauration des Films erfolgte erst kürzlich als internationale
Gemeinschaftsarbeit: Die einzige erhaltene Kopie stammt aus der
Cinémathèque royale de Belgique, die Cinémathèque française sorgte für den
Soundtrack und das National Film Institute Hungary für die digitale
Restauration. Im Babylon Mitte läuft der seltene Film im Rahmen der Reihe
„Hungaricum“ bei freiem Eintritt als „Stummfilm um Mitternacht“ mit Anna
Vavilkina an der Kinoorgel (8.2., 23.59 Uhr, [1][Babylon Mitte]).
Einen höchst ungewöhnlichen „Propagandafilm“ schufen Michael Powell und
Emeric Pressburger mit „The Life and Death of Colonel Blimp“, in dem sie
mitten im Zweiten Weltkrieg britischen Sportsgeist karikierten und zugleich
eine lebenslange Freundschaft der Hauptfigur Major Clive Candy (Roger
Livesey) mit dem deutschen Leutnant Theo Kretschmar-Schuldorff (Adolf
Wohlbrück) in den Mittelpunkt der Geschichte stellten.
Offiziellen Stellen gefiel das seinerzeit gar nicht. Dabei ist der mit
Charme und Humor komplex erzählte und in wundervollem Technicolor gedrehte
Film ein Kinoereignis, das seinesgleichen sucht und vom Filmmuseum Potsdam
in der Reihe [2][„Film ohne Streifen – Digitalisierte Klassiker“]
präsentiert wird.
Ebenfalls auf dem Programm steht der Dokumentarfilm „Made in England: The
Films of Powell and Pressburger“ (2024), in dem Regisseur David Hinds die
Geschichte des Autoren/Regie-Duos aufrollt, während Martin Scorsese als
Präsentator ihren Einfluss auf seine eigenen Filme erläutert (The Life and
Death of Colonel Blimp, 7.2., 20.30 Uh; Made in England: The Films of
Powell and Pressburger, 7.2., 18 Uhr, 11.2., 17 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
Ebenso erstaunlich für einen „Kinderfilm“ ist das Thema des 1988
entstandenen Films [3][„Die letzten Glühwürmchen“] vom Studio
Ghibli-Mitbegründer Isao Takahata: Im Japan des Zweiten Weltkriegs
versuchen der Teenager Seita und seine kleine Schwester Setsuko sich in
einer Trümmerwüste allein durchzuschlagen – und scheitern.
Dass das Anime hervorragend in die [4][„Filmreihe #2030“] mit Werken zu den
UN-Nachhaltigkeitszielen passt, liegt an der Erzählperspektive: Während die
Erwachsenen nur mit sich selbst beschäftigt sind, versucht Seito trotz der
lebensbedrohlichen Misere der kleinen Schwester ein kindgerechtes Leben zu
ermöglichen (7.2. 18 Uhr, [5][Delphi Lux]).
6 Feb 2025
## LINKS
[1] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/film-hungaricum/8199-stummfilm-…
[2] https://www.filmmuseum-potsdam.de/Film-ohne-Streifen---Digitalisierte-Klass…
[3] https://www.yorck.de/filme/die-letzten-gluhwurmchen?sort=Popularity&dat…
[4] https://www.yorck.de/specials/filmreihe-2030
[5] https://www.yorck.de/filme/die-letzten-gluhwurmchen?sort=Popularity&dat…
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
taz Plan
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Filmgeschichte
Datenschutz
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