# taz.de -- Nach dem Tod Manmohan Singhs: In Indien sind die Flaggen auf halbma… | |
> Der am Donnerstag verstorbene Ex-Premier wird mit allen Ehren gewürdigt: | |
> Er habe das Leben des einfachen Volkes verändert, sagen Parteikollegen. | |
Bild: Abschied mit allen Würden: Indiens Modi am Sarg des verstorbenen Singh | |
Mumbai taz | Für eine Woche werden in Indien die Flaggen auf halbmast | |
gesetzt. Die Nation nimmt damit Abschied von dem ehemaligen Premierminister | |
Manmohan Singh. Er starb am Donnerstag im Alter von 92 Jahren in der | |
Hauptstadt Neu-Delhi. Singh, Mitglied der ältesten Partei Indiens – des | |
Nationalkongresses – war in den 1990er Jahren Finanzminister, bevor er von | |
2004 bis 2014 zehn Jahre lang Regierungschef war. | |
Der an der Universität Oxford promovierte Politiker gilt als Architekt der | |
wirtschaftlichen Liberalisierung Indiens. Er leitete sie ein, als das Land | |
kurz vor dem Zusammenbruch stand. [1][Der Ökonom] legte die Weichen dafür, | |
Millionen von Menschen aus der Armut zu heben, etwa durch | |
Wohlfahrtsprogramme für die ärmere Landbevölkerung. | |
„Indien trauert um eine seiner bedeutendsten Führungspersönlichkeiten“, | |
sagte der amtierende Premier Narendra Modi (BJP). „Indien wird sich für | |
immer an seinen Beitrag für unsere Nation erinnern“. Am Freitag kamen neben | |
Modi zahlreiche weitere Persönlichkeiten – darunter Mitglieder der | |
Nehru-Gandhi-Familie – zu Singhs Residenz, um dem Toten die letzte Ehre zu | |
erweisen. Am Samstag soll Singh mit einem Staatsbegräbnis beigesetzt | |
werden. | |
## Ein „zufälliger“ und „stiller“ Premierminister | |
Geboren wurde Singh vor der Unabhängigkeit Indiens, im heutigen Pakistan. | |
Seine Familie siedelte während der Teilung Britisch-Indiens 1947 nach | |
Indien über. Der Halbwaise arbeitet sich hoch: So trug er auch den Beinamen | |
„zufälliger Premierminister“. Denn keineswegs war klar, dass der aus einer | |
bescheidenen Sikh-Familie Stammende einmal Regierungschef werden würde. | |
Singh teilte später gegen [2][den nun amtierenden Modi] aus: „Manche sagen, | |
ich sei ein stiller Premierminister gewesen. [Aber] ich war nicht der | |
Premierminister, der Angst hatte, mit der Presse zu sprechen“, sagte er im | |
Jahr 2018. Auch der Journalist Maneesh Chhibber erinnert sich an Singh als | |
zugänglichen Mann: „In der letzten großen, ungescripteten Pressekonferenz | |
eines indischen Premierministers stellte ich Manmohan Singh eine Frage, die | |
am nächsten Tag zu einer großen Schlagzeile wurde“. Singh habe die | |
Gelassenheit und Bereitschaft gehabt, unbequeme Fragen zu beantworten. Und: | |
„Wir werden Sie vermissen“. | |
Als Singh 2008 ein ziviles Atomabkommen mit den USA verhandelte, sah er | |
sich harter Kritik ausgesetzt. Doch es ermöglichte Indien, mit Kernenergie | |
zu handeln. „Er besaß eine stille Kraft“, sagt die Kongresspolitikerin | |
Renuka Chowdhury nun, und eine „bemerkenswerte Intelligenz“. „Er hat das | |
Leben des einfachen Volkes verändert“, betonen andere Parteikollegen. | |
Altkanzlerin Angela Merkel schreibt in ihrer Autobiografie, dass sie durch | |
Gespräche mit Singh ein besseres Verständnis für die Vorbehalte von | |
Schwellenländern [3][gegenüber dem Westen] gewonnen habe. „Ich glaube, dass | |
die Geschichte gnädiger zu mir sein wird als die gegenwärtigen Medien oder | |
die Opposition im Parlament“, hatte Singh einmal gesagt, bevor er aus dem | |
Amt des Premiers ausschied. Und verfolgt man die zahlreichen Würdigungen | |
seiner Person dieser Tage, sollte er damit Recht behalten. | |
27 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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