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# taz.de -- Die Wahrheit: Tu Quälix Austria
> Österreich sieht schwarz-blau: Kickl ante portas. Darf das wahr sein? Ein
> kleiner Rant eines Piefkes.
Bild: Griffbereit an der Tapetentür: Herbert K
Bald ist es so weit, der Tag der Machtergreifung rückt näher. Wohl
spätestens am 30. Januar wird in unserem geliebten Nachbarland –
Stichworte: Skifahren, Schnitzel, Red Bull, Après-Ski, Skispringen,
Kaffeehauskultur, Skibumsmusik, Volksmusik, die hohen Berge, dann noch
Kulturreste, meist uralt und nach dem traditionellen Neujahrskonzert reicht
das dann auch fürs Jahr – die Volkskanzlerschaft beginnen, Zwerg Kickl das
Zepter schwingen, die Reaktion ganz vorne wegmarschieren.
Das ist natürlich arg, urarg, wie man in Wien sagt, und gerade als meist in
Wien lebender Ausländer treibt einen da schon einmal die Angst um. Selbst
wenn sich die Ausländergruppe, zu der ich latent zähle, als die größte
wähnen darf und deutsch, deutscher am deutschesten ist. Aber auch als
sogenannter Piefke, das lasst euch Heimatdeutschen gesagt sein, lebt es
sich nicht nur angenehm in der vormals lebenswertesten Stadt der Welt,
nämlich Wien.
Das Lustige ist ja, dass in Österreich die Kuckucksuhren langsamer
schlagen, vermutlich der alpinen Kälte wegen. In Sachen
Rückwärtsgewandtheit sind sie uns aber in vielem siebenmeilenstiefelweit
voraus. In den Einkaufsstraßen gibt es noch urige Geschäfte wie in
Bielefeld seit den späten 1980er Jahren nicht mehr; im öffentlichen
Rundfunk laufen Liveberichte von Skirennen; die Weihnachtsmärkte sind noch
weitgehend barrierefrei; überall wird fröhlich mit Autos herumgebraust,
auch von Menschen aus bildungsbürgerlichen Schichten, weil geht ja nicht
anders und ist immer schon so gewesen. Sozialdemokraten sind noch
Sozialdemokraten und als solche sogar manchmal links; und Christdemokraten
heißen „Volkspartei“ und müssen gar nicht christlich tun, um unchristliche
Politik zu verantworten.
Was hingegen genauso ist: Eine kleine Splitterpartei, die sich liberal
nennt, lässt Versprechen, Vertrauen und andere Wörter mit Ver- einfach so
sausen, um den Neofaschisten endgültig den Weg zur Macht zu ebnen. Das
begründen sie – in Österreich heißt die FDP gar nicht FPÖ, sondern „Neo…
vermutlich nach der Figur aus „The Matrix“ – dann mit der „Verantwortun…
die sie dann gar nicht mehr tragen.
## „Daham statt Islam“
Genauso witzig ist im Anschluss das Gebaren der Konservativen, die meinen,
die Forderung nach einer Vermögenssteuer wäre Klassenkampf, was sie mit
ihrem Klassenkampf von oben zu verhindern trachten. Banken sollen Geld
verdienen, der Staat spart lieber am Sozialen. Die Deppen vom Volk finden’s
eh gut.
So viel zur Politik. Und was passiert jetzt? Wird das Parlament in Brand
gesetzt, sind eifrige freiheitliche Studierende dabei, wehrzersetzendes
Lehrmaterial für künftige Scheiterhaufen zu sichten? Wird am 30. Jänner ein
Fackellauf durch die Hauptstadt beginnen, die laut Demo vom Montag aber
immer noch die FPÖ hasst, und zwar ganz? Richtig, in dem Fall hat man den
Ruf aus Berlin geklaut, da hasst die „ganze“ Stadt allerdings bislang nur
„die Polizei“.
Im Wiener Alltag ist von all dem noch nicht viel zu spüren. Zwar irrt hier
das Gedicht, das wir am gestrigen Mittwoch auf dieser Seite hatten, ganz
gewaltig, wenn es meint: „Die Donau voll Schlamm und der Prater verwaist, /
den Tschuschen geht’s Volk an den Kragen“, denn der Prater ist wie eh und
oje voller Buden und Budenzauber und Budenbesucher auf bummelnden und sich
besaufenden Besuch beim Budenzauber, doch die „Tschuschen“, was die hier
schon lang lebende Minderheit aus dem ehemaligen Jugoslawien meint, die
meist sogar aus ehemaligen österreich-ungarischen Gebieten stammt, wählen
sehr gerne FPÖ. Schließlich waren sie zuerst da und die Muslime sollen
gefälligst bleiben, wo kein Pfeffer wächst und auch sonst nix, also in der
Wüste. Sie sind nämlich längst selbst das Volk, die Tschuschen, jedenfalls
das Wiens, alle anderen sind ohnehin über alle beziehungsweise am Fuße
aller Berge. Und verdienen sich dort mit dem Tourismus aus D dumm und
dämlich. Während in der Hauptstadt, kein Scherz jetzt, kurz nach Neujahr
„Industrieschnee“ ([1][Quelle: orf.at]) den Winter einläutete.
Also, jetzt ist es bald so weit, Herbert Kickl greift nach der sich
bietenden Macht. Ob er wie Donald Trump oder Genosse Putin imperialistische
Träume hegt, wissen wir nicht. Vielleicht mag er ja mit Viktor Orbán
kuscheln und den Traum eines neuen Willhabensburger Imperiums träumen, die
Tschuschen haben bestimmt nichts dagegen: mit dem Klimaticket – das macht
in Österreich das Bahnfahren grüner und günstiger – bis nach Hause, also
zum Beispiel nach Dalmatien fahren! Trump will Grönland wieder groß machen,
also die eisbepackte größte Insel der Welt, warum da nicht
Österreich-Ungarn 2.0? Besser als die EU wäre das allemal.
## Gruß aus Dödeling
Aber was weiß ich denn schon über Herbert Kickl? Nicht viel. Gefühlt war er
schon immer da, schon als der Haider Kärnten unsicher machte, überhaupt hat
er immer die Dödel sich zu Superdödeln machen lassen, Stichwort Ibiza, und
jetzt ist der dödelige Gernegroß der größte der Dödel.
Er wollte ein Entwurmungsmittel statt einer Impfung gegen Corona, und sein
letzter Wahlkampf gab sich so alttestamentarisch, dass noch der letzte
aufrechte Christ vom Glauben abfiel wie Apfel von Stamm. Jetzt spricht
Kickl von der „Erlösung“, die bald kommen werde, als sei er Messias,
Orgasmus und Schmerztablette in einer Person, dabei wird alles so sein wie
immer, nur noch schlimmer. Volks- und Bumsmusik aus jeder Tüte,
ausländerfeindlicher Schweiß aus jeder Pore, und am Ende wird wieder Geld
auf die größten Haufen geworfen, während alles andere den Schmelzbach
runtergeht. Schnee haben die Alpen ja schon lange keinen mehr.
Ach, es ist ein Bergkreuz mit diesem Land. Soll ich jetzt wieder nach D
zurück? Ach nee, da ist es auch nicht anders. Bleiben wir lieber im Café
Weidinger in Wien sitzen und rufen die freie Kaffeehausrepublik aus. FCK
KCKL!
9 Jan 2025
## LINKS
[1] https://wien.orf.at/stories/3287542/
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Wahl Österreich
Herbert Kickl
Österreich-Ungarn
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