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# taz.de -- Schwere Unruhen in Mosambik: Ein ganzes Land steht am Rande des Bü…
> Gewaltsame Unruhen nach Bestätigung des Wahlsiegs der Regierungspartei
> fordern 125 Tote in drei Tagen. Mosambik könnte zwei rivalisierende
> Regierungen bekommen.
Bild: Maputo am Abend des 23. Dezember: Kaum hat das Verfassungsgericht gesproc…
Berlin taz | Zu Weihnachten 2024 war Maputo in Mosambik die tödlichste
Hauptstadt der Welt. Seit das Verfassungsgericht am 23. Dezember den Sieg
der Regierungspartei Frelimo (Mosambikanische Befreiungsfront) bei den
Wahlen vom 9. Oktober endgültig bestätigt hat, sind bei landesweiten
Unruhen nach unabhängigen Zählungen 125 Menschen getötet worden, viele
davon in der Hauptstadt.
Die Gesamtzahl der Toten seit Beginn der Proteste gegen mutmaßlichen
Wahlbetrug im Oktober [1][habe damit 252 erreicht], so die von der
Menschenrechtsaktivistin Cidia Chissungo am Donnerstagmittag verbreitete
Aufstellung.
Bereits direkt nach dem Richterspruch gab es in Maputo Zusammenstöße
zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, die in Plünderungen
zahlreicher Geschäfte, Banken und Tankstellen ausarteten. Die Hauptstraßen
der Hauptstadt waren am Dienstag mit Barrikaden aus brennenden Autoreifen
gesperrt, schwarzer Rauch hing über dem gesamten Stadtzentrum. Die Straße
zum internationalen Flughafen war stundenlang blockiert.
Allein das Zentralkrankenhaus von Maputo nahm an einem einzigen Tag rund 90
Verletzte auf, 40 davon mit Schusswunden. In anderen Städten wurden
Polizeiwachen und Mautstellen auf den Fernstraßen gezielt angegriffen und
angezündet. Am Mittwoch wurde ein großes Gefängnis in Maputo gestürmt,
Berichten zufolge konnten 1.500 bis 2.500 Häftlinge ausbrechen.
Oppositionsführer Venâncio Mondlane warf der Polizei vor, unbekannte
Gewalttäter gewähren zu lassen, um den friedlichen Protest zu sabotieren
und am Ende den Notstand zu verhängen.
## Beide Seiten reklamieren den Wahlsieg
Hintergrund der Gewalt ist der Streit um das Ergebnis der Wahlen vom 9.
Oktober, beide Seiten reklamieren den Sieg – die seit Mosambiks
Unabhängigkeit 1975 regierende, ehemals sozialistische Frelimo, die nach
Ablauf der zwei zulässigen Amtszeiten des amtierenden Staatschefs
[2][Filipe Nyus]i den jungen Provinzgouverneur [3][Daniel Chapo] ins
Rennen geschickt hatte, sowie die 2019 von Frelimo-Dissidenten gegründete
Oppositionskraft Podemos (Optimistische Partei für die Entwicklung
Mosambiks). Podemos unterstützte den Politiker [4][Venâncio Mondlane],
dessen eigene Partei nicht zugelassen worden war.
[5][Mosambiks Wahlkommission hatte] am 24. Oktober Chapo zum Sieger der
Präsidentschaftswahl mit 70,7 Prozent der Stimmen erklärt, gegen 20,3
Prozent für Mondlane. [6][Das Verfassungsgericht bestätigte das] am 23.
Dezember, korrigierte die Zahlen aber auf 65,2 und 24,2 Prozent. Mondlane
sagt, er habe die Wahlen mit 53 Prozent gewonnen. Im Oktober hatten
EU-Wahlbeobachter amtlichen mosambikanischen Stellen einen kreativen Umgang
mit Auszählungsergebnissen vorgeworfen.
Vor dem Richterspruch vom 23. Dezember hatte Mondlane aus dem
südafrikanischen Exil seine Anhänger dazu aufgefordert, im Falle einer
Bestätigung des Frelimo-Wahlsieges das Land komplett lahmzulegen. Seine
Appelle richten sich vor allem an die perspektivlose Jugend, die keine
Zukunft sieht in einem Mosambik, wo [7][laut dem Thinktank Crisis Group]
„eine Hardlinerfraktion aus Generälen der Befreiungsära“ bis heute die
wahre Macht ausübt. Viele Beobachter befürchten, dass diese alte Garde die
Gewalt schürt, um den Notstand verhängen zu können.
Mondlane wiederum hat versichert, er werde am 15. Januar in Mosambik sein
Amt als Präsident aufnehmen, eingeschworen von einem noch zu gründenden
„Volksverfassungsgericht“, wie er am Dienstag sagte.
## Alle Augen richten sich auf Südafrika
Sollte es soweit kommen, hätte Mosambik ab Mitte Januar 2025 zwei
rivalisierende Regierungen – eine perfekte Bürgerkriegskonstellation. Damit
das Land dann nicht vollends explodiert, muss vor diesem Termin eine
politische Lösung gefunden werden.
Das dürfte internationale Vermittlung benötigen. An erster Stelle ist hier
der Nachbar Südafrika gefragt. Dessen Regierung beschränkt sich bisher auf
[8][Appelle zu einem „dringenden Dialog“]. Das reicht Südafrikas Opposition
nicht.
„Tränengas aus Hubschraubern feuern und gegen unbewaffnete Zivilisten
scharfe Munition einzusetzen, ist eine krasse Verletzung der
Menschenrechte“, [9][erklärte die südafrikanische Linkspartei EFF]
(Economic Freedom Fighters) am Donnerstag. „Mosambik steht an der Schwelle
eines Bürgerkrieges, der verheerender sein könnte als die
Apartheid-Destabilisierung der 1980er Jahre.“
26 Dec 2024
## LINKS
[1] https://x.com/Cidiachissungo/status/1872236703701959037
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Filipe_Nyusi
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Daniel_Chapo
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/Ven%C3%A2ncio_Mondlane
[5] /Regierungspartei-siegt-in-Mosambik/!6045108
[6] /Wahlsieg-in-Mosambik-bestaetigt/!6059031
[7] https://www.crisisgroup.org/africa/east-and-southern-africa/mozambique/what…
[8] https://x.com/Cidiachissungo/status/1871611110089990479
[9] https://x.com/EFFSouthAfrica/status/1872222078025584640
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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