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# taz.de -- Prozess gegen Franzosen in Moskau: Russlandversteher wird zu Putins…
> Ein 48-Jähriger ist zu 3 Jahren Haft in einem russischen Straflager
> verurteilt worden. Er hätte sich als „ausländischer Agent“ registrieren
> müssen.
Bild: „Meine Frau ist Russin, meine Freunde sind Russen, ich habe ein russisc…
Paris taz | Der 48-jährige Franzose Laurent Vinatier ist in Moskau zu drei
Jahren Haft in einem Straflager verurteilt worden. Er arbeitete in Russland
als Politologe und Forscher des Genfer Zentrums für Humanitären Dialog.
Dass er sich für seine wissenschaftlichen Recherchen und Kontakte mit
russischen Staatsangehörigen bei den Behörden als „ausländischer Agent“
hätte registrieren müssen, sei ihm nicht bekannt gewesen, hatte er bei
seiner Festnahme im Juni erklärt. Seine russischen Anwälte haben eine
Berufung gegen das Urteil vom 14. Oktober angekündigt.
Laurent Vinatier gilt als Spezialist des postsowjetischen Russlands. Er hat
in Paris „Politikwissenschaft“ studiert und hat mit einer Doktorarbeit über
den Konflikt in Tschetschenien an der [1][Sciences Po] in Paris promoviert.
Er hatte zunächst für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz
gearbeitet, mehrere Bücher über Russland, den Kaukasus und Zentralasien
publiziert sowie als Dozent an der türkischen Universität Bilgi in Istanbul
gelehrt.
Im schwedischen Zentrum für russische und eurasische Studien in Uppsala war
er an Forschungsarbeiten über autokratische Machthaber und
Oppositionsbewegungen beteiligt. Bevor er für das vom früheren
UNO-Generalsekretär Kofi Annan gegründete [2][Zentrum für Humanitären
Dialog] tätig wurde, war Vinatier ebenfalls in Genf von 2008 bis 2014
Mitarbeiter des Thomas-More-Instituts.
Bei seinen Kontakten und Recherchen habe er jedoch „vorsätzlich
Informationen aus dem militärischen und technischen Bereich gesammelt, die
von fremden Nachrichtendiensten zum Nachteil der russischen Sicherheit
verwendet werden können“, hatte der russische Geheimdienst FSB im Sommer zu
seiner Verhaftung erklärt. Seine Festnahme in einem Café wurde vom FSB
gefilmt und auf der Plattform Telegram als Video verbreitet.
Beim Prozess am Montag war die französische Medienagentur Agence France
Presse zugelassen. Auf ihren Bildern ist zu sehen, wie der französische
Forscher in einem hellblauen Hemd, frisch frisiert, aber mit hinter dem
Rücken gefesselten Händen von Uniformierten den Gerichtssaal geführt wird.
Er lächelt, ist offenbar guter Dinge. Denn Vinatier, der freimütig
„gestanden“ hatte, dass er diese russische Auflage zur Registrierung
versäumt habe, erhoffte sich eine eher symbolische Sanktion, wie etwa eine
Geldstrafe. Die Staatsanwältin hatte gegen ihn drei Jahre und drei Monate
Freiheitsentzug gefordert, die Richterin blieb nach dem Schuldspruch nur
geringfügig darunter. Immerhin wurde die weit gravierendere Anschuldigung
wegen Spionage gegen ihn fallen gelassen.
Laurent Vinatier hat zu seinem Verhältnis zu Russland noch selber fast
schwärmerisch vor Gericht gesagt: „Mein Frau ist Russin, meine Freunde sind
Russen, ich habe (hier) ein russisches Leben geführt.“ Er müsste indes
Russland von seinen zahlreichen und langen Aufenthalten in den letzten
zwanzig Jahren mehr als gut genug kennen, um zu wissen, dass das
Strafgesetzbuch der Staatsführung immer wieder als Instrumentarium für
diplomatische Konflikte dient. Das von seinen beiden Anwälten als besonders
„streng“ bezeichnete Urteil belegt dies einmal mehr.
Der Franzose wird im Kontext wachsender Spannungen zwischen Moskau und
Paris zum Spielball der Weltpolitik. Die vom französischen Außenministerium
verlangte umgehende und sofortige Freilassung von Vinatier könnte nach
Ansicht der Zeitung [3][Le Monde] womöglich Gegenstand eines
Gefangenenaustauschs oder anderer Verhandlungen werden.
15 Oct 2024
## LINKS
[1] https://www.sciencespo.fr/en/
[2] https://hdcentre.org/
[3] https://www.lemonde.fr/international/article/2024/10/14/a-moscou-le-francai…
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Russland
Spionage
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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