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# taz.de -- Der Fetisch mit der Rechtschreibung: Deppen’s Apostroph
> Medien melden: Ab jetzt soll in Eigennamen wie „Bärbel’s Büdchen“ der
> Apostroph erlaubt sein. Dabei war er das schon. Ein Depp, wer das nicht
> wusste!
Bild: Für „Erika’s Eckkneipe“ und „Bärbel’s Büdchen“!
Der Mensch ist ein Depp, dafür gibt es reichlich Belege. Keine andere uns
bekannte Spezies hat es zum Beispiel geschafft, sich allen
wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz so dermaßen gründlich an ihrem
eigenen Lebensraum zu vergehen, dass er unbewohnbar zu werden droht. Vom
[1][verlässlichen Erfolg populistischer Oberdeppen] und komplett nutzlosen
Erfindungen aus dem Hause Tchibo ganz zu schweigen.
Konsequent also, dass auch menschengemachte Publikationsorgane ab und an
herumtölpeln. Vergangene Woche machte von Stern bisSWR3 und Kölner
Stadt-Anzeiger die Meldung die Runde, dass der sogenannte Deppenapostroph
jetzt dank einer Entscheidung des Rats für deutsche Rechtschreibung
offiziell verwendet werden dürfe.
Vorbei also die Zeiten, in denen Spießbürger mit Rechtschreibfetisch bei
jeder Gelegenheit mit dem Finger auf Bärbel’s Treff, Oli’s Büdchen und
Cem’s Trinkhalle zeigen können! Jedenfalls ein bisschen, denn Bärbel, Cem
und Oli würden glücklicherweise weiterhin oberpeinliche, deppenhafte
Fehler machen, wenn sie von Bärbel’s Briefmarkensammlung, Cem’s Winterjacke
oder Oli’s Mutter schrieben.
Besserwisser wissen: „Die Verwendung des Apostrophs zur Abgrenzung des
Genitiv-s bei Eigennamen ist möglich, wenn die Gesamtkonstruktion ein
Eigenname ist“, lautet die bereits im Juli aktualisierte Regel. Und sie
hoffen insgeheim, dass die Schlechterwisser schon noch genug Fehler machen
werden, über die es sich herziehen lässt.
Die Meldung zum Häkchen hat allerdings einen Haken. Wirklich unzulässig,
geschweige denn verboten war der „Deppenapostroph“ auch vorher nicht. Schon
im [2][amtlichen Regelwerk des Rechtschreibrates von 2006] steht der Satz:
„Von dem Apostroph als Auslassungszeichen zu unterscheiden ist der
gelegentliche Gebrauch dieses Zeichens zur Verdeutlichung der Grundform
eines Personennamens vor der Genitivendung -s oder vor dem Adjektivsuffix
-sch: Carlo’s Taverne, Einstein’sche Relativitätstheorie.“ Carlo hat also
nichts falsch gemacht. Wer Carlo ausgelacht hat, allerdings schon.
Laut Duden ist der Depp ja eine besonders im süddeutschen, österreichischen
und schweizerischen Sprachgebrauch verbreitete „abwertende Bezeichnung für
einen einfältigen, ungeschickten Menschen, Tölpel, Dummkopf“. Ein Depp ist
also gewissermaßen ein Stolperer, und ein Stolperer braucht vielleicht
einfach etwas, woran er sich festhalten kann. Überlegenheitsposen zum
Beispiel. Oder die gelegentliche Dosis anlasslose Aufregung.
12 Oct 2024
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahlkampf-in-den-USA/!6040844
[2] https://www.rechtschreibrat.com/DOX/rfdr_Regeln_2006.pdf
## AUTOREN
Lin Hierse
## TAGS
Rechtschreibung
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