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# taz.de -- Spiritualität und der Finanzmarkt: Für Börsentipps aus dem Himmel
> Sie halten Horoskope und die Kraft der Sterne für Quatsch? Kann sein,
> doch trotz allem beeinflusst Astrologie den Aktienmarkt, wie eine Studie
> zeigt.
Bild: Sag mir, was der Merkur will
Mein Handy leuchtet auf: „Dein Tag auf einen Blick“, erinnert mich die
Co-Star-App [1][an mein tägliches Horoskop]. Ganz glaube ich nicht an die
Kraft der Sterne. Auch die Wissenschaft ist sich mehr als einig darüber,
dass Mond und Sonne keinen Einfluss auf uns Erdbewohner*innen haben.
Und trotzdem gehöre ich zu den 40 Prozent der Deutschen, die gern ihr
Horoskop lesen – aus Freude an der Sache.
Meine hippe, minimalistische Astrologie-App passt natürlich perfekt zum
derzeitigen Hype um alles Spirituelle auf Social Media: manifestieren,
Tarot Karten legen und eben in die Sterne schauen.
Jeden Morgen rät mir meine App je drei Dos and Don’ts, um besser durch den
Tag zu kommen. Das können Gegenstände oder Handlungen sein, die ich
ausführen soll oder vermeiden muss. Ihre Absurdität machte die Tipps auf
Social Media sehr beliebt.
Ein Auszug der Tun-Seite beziehungsweise der Dinge, mit denen ich mich
heute umgeben sollte: Laserpointer, griechische Urnen (very demure?), pinke
Dahlien. Lieber vermeiden: personalisierte Werbung, Anschuldigungen,
Spamordner.
## Die Beeinflussung durch die Sterne
Sinnlos, viel zu vage, gar nicht lebensnah, könnte man meinen. Stimmt auch.
Und trotzdem beeinflussen die Entscheidungen von Menschen, [2][die an
Astrologie glauben,] erstaunlich viele Bereiche.
Ein klassisches Beispiel: Der rückläufige Merkur (für die Gen Z: Mercury in
retrograde) ist ein Zeichen für schlechte Entscheidungen. Drei- bis viermal
im Jahr scheint es so, als ob er sich entgegengesetzt der Erde bewegt. In
dieser Zeit scheuen spirituelle Menschen Arbeitsverträge, neue Projekte
oder auch risikoreiche Aktienkäufe an der Wall Street. Richtig: Nicht mal
die Finance Bros bleiben vom Merkur verschont.
[3][Wissenschaftler der California State University fanden heraus], dass in
Zeiten des rückläufigen Merkurs die durchschnittlichen Renditen an
Aktienmärkten niedriger ausfallen. Denn spirituelle Personen bleiben dem
Finanzmarkt in diesen Zeiten fern. Sie handeln, also kaufen oder verkaufen
weniger, weil sie Entscheidungen vermeiden oder lieber nach griechischen
Urnen suchen. Damit beeinflussen sie den Wert von Aktien, da sich ihr Preis
aus Angebot und Nachfrage zusammensetzt.
Im Grunde geht es in der Welt des Handelns also darum, mithilfe der Sterne,
Ratgeber oder Analysten herauszufinden, wann der perfekte Zeitpunkt zum
Kauf (billiger wird das Papier nicht mehr) oder Verkauf (so viel Geld
erhält man nie wieder) ist. Die Studie aus dem Jahr 2020 gibt übrigens
selbst an, dass für einen genaueren Zusammenhang zwischen der
Spiritualität der Menschen und dem Finanzmarkt mehr als nur die
jährlichen Renditen, nämlich auch die individuellen Handelsentscheidungen
analysiert werden müssten.
Und doch zeigt es, dass wir am Ende nicht immer der rational handelnde Homo
oeconomicus sind. Wir lassen uns im Leben gern mal von den Sternen und
unseren Gefühlen leiten. Da freut sich auch der Aktienmarkt: Beschäftigt
mit unseren eigenen Kaufentscheidungen und den Sternen, vergessen wir
schnell, dass wir als Individuen wohl nie zu den Gewinnern des Finanzmarkts
gehören werden.
22 Sep 2024
## LINKS
[1] /Sternen-Hype-auf-TikTok/!5972492
[2] /Alexander-von-Schlieffen-ueber-Astrologie/!5848846
[3] https://ifa.or.id/wp-content/uploads/2020/09/Long-Live-Hermes-Mercury-Retro…
## AUTOREN
Anastasia Zejneli
## TAGS
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