# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hoffen auf Kairo | |
> Nach Verhandlungen in Doha liegen die Hoffnungen nun auf einem Treffen in | |
> Kairo nächste Woche. Währenddessen bereitet Israel einen neuen | |
> Militäreinsatz im Gazastreifen vor. | |
Bild: Ein israelischer Militärkonvoi am 14. August im Gazastreifen | |
## Verhandlungen sollen in Kairo fortgesetzt werden | |
Die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen sollen nächste Woche | |
in der ägyptischen Hauptstadt Kairo fortgesetzt werden. Israel und der | |
radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas sei ein neuer | |
Kompromissvorschlag vorgelegt worden, teilte das Weiße Haus in Washington | |
am Freitag mit. „Dieser Vorschlag baut auf den Bereichen auf, in denen in | |
der vergangenen Woche eine Einigung erzielt wurde, und überbrückt die | |
verbleibenden Lücken in einer Weise, die eine rasche Umsetzung des | |
Abkommens ermöglicht“, hieß es in einer Erklärung, die auch von den beiden | |
anderen Vermittlern Katar und Ägypten unterzeichnet wurde. | |
Die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung | |
der dort festgehaltenen israelischen Geiseln waren am Donnerstag in der | |
katarischen Hauptstadt Doha wieder aufgenommen worden. | |
Der Konflikt im Nahen Osten hatte sich zuletzt erheblich zugespitzt. Der | |
Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz drohen Israel seit den Tötungen | |
von Hamas-Chef Ismail Hanija in Teheran und Hisbollah-Militärchef Fuad | |
Schukr in Beirut Ende Juli mit Vergeltung. Die Hamas und der Iran machen | |
Israel für beide Angriffe verantwortlich. Die USA, Israels wichtigster | |
Verbündeter, erhöhten angesichts der drohenden Eskalation ihre | |
Militärpräsenz in der Region. | |
US-Präsident Joe Biden hatte die Erwartung geäußert, eine Einigung über | |
eine Waffenruhe im Gazastreifen könnte auch den Iran von einem Angriff auf | |
Israel abhalten und so eine weitere Eskalation des Konflikts in der Region | |
verhindern. (afp) | |
## Polio-Impfung für Kinder in Gazastreifen geplant | |
UN-Organisationen planen Massenimpfungen gegen Polio im Gazastreifen in den | |
kommenden Wochen. Ende August und im September sollen mehr als 640.000 | |
Kinder in zwei Impf-Runden gegen das Virus geschützt werden, das | |
Kinderlähmung auslösen kann, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in | |
Genf mitteilte. | |
Die UN-Gesundheitsbehörde berichtete, dass bereits bei drei Kindern im | |
Gazastreifen der Verdacht von akuten Lähmungssymptomen bestehe, die für | |
Polio typisch seien. In dem dicht besiedelten Kriegsgebiet war das Virus im | |
Juli in Abwasserproben festgestellt worden. | |
Die WHO und das UN-Kinderhilfswerk Unicef forderten die Konfliktparteien – | |
Israel und die Terrororganisation Hamas – auf, die Kämpfe sieben Tage lang | |
einzustellen, damit Kinder und ihre Familien sicher in Gesundheitszentren | |
geimpft werden können. Außerdem müsse es Impfpersonal ermöglicht werden, zu | |
Kindern zu gelangen, die solche Zentren nicht erreichen können. „Ohne die | |
humanitären Kampfpausen ist die Durchführung der Kampagne nicht möglich“, | |
hieß es. (dpa) | |
## Israel ruft Bewohner in Gazastreifen zur Flucht auf | |
Die israelische Armee hat die Anwohner im Norden von Chan Junis sowie im | |
Osten von Deir al-Balah im Gazastreifen vor einem neuen Militäreinsatz | |
[1][zur Flucht aufgerufen]. Sie sollten sich in eine humanitäre Zone | |
begeben, deren Grenzen neu gezogen worden seien, teilte die Armee den | |
Menschen mit Hilfe von Flugblättern, per SMS, Telefonanrufen sowie per | |
Medienberichten in arabischer Sprache mit. „Die Terrororganisation Hamas | |
hat in einem als humanitäre Zone ausgewiesenen Gebiet eine terroristische | |
Infrastruktur errichtet“, hieß es von der Armee zur Begründung. | |
Aus der Gegend würden etwa Raketen Richtung Israel abgefeuert. „In diesem | |
Gebiet zu bleiben, ist gefährlich geworden.“ Die Armee werde dort gegen die | |
Hamas vorgehen. Ziel der Warnungen sei es, Zivilisten zu schützen, hieß es | |
in einer Mitteilung des Militärs. | |
Chan Junis liegt im südlichen Gazastreifen, Deir al-Balah im Zentrum des | |
Gebiets. Die humanitäre Zone, die sich zwischen beiden Orten im Westen des | |
Gazastreifens erstreckt, werde derzeit angepasst, teilte das Militär weiter | |
mit. Auf einer Karte der Armee ist zu sehen, dass das Gebiet verkleinert | |
wird und mehrere Viertel nicht mehr Teil der Zone sind. | |
Am Donnerstag waren Armeeangaben zufolge Raketen aus Chan Junis Richtung | |
Israel abgefeuert worden. (dpa) | |
## Siedler töten Palästinenser im Westjordanland | |
Bei einem [2][Angriff jüdischer Siedler im Westjordanland] ist nach | |
palästinensischen Angaben ein Mensch getötet worden. Ein weiterer | |
Palästinenser sei schwer verletzt worden, erklärte das palästinensische | |
Gesundheitsministerium am Donnerstag. Demnach ereignete sich der Angriff in | |
der Ortschaft Dschit zwischen Nablus und Kalkilija. Die amtliche | |
palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete, bewaffnete Siedler hätten | |
Dschit angegriffen und mehrere Fahrzeuge in Brand gesetzt. | |
Die israelische Armee erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, dass | |
am Abend „dutzende israelische Zivilisten“, einige von ihnen maskiert, in | |
Dschit eingedrungen seien, Fahrzeuge und Infrastruktur in dem Gebiet in | |
Brand gesetzt und Steine und Molotowcocktails geworfen hätten. Ein Israeli | |
sei festgenommen worden. | |
„Gewaltsame, radikale Ausschreitungen sind das Gegenteil von allem, was der | |
israelische Staat an Kodex und Werten hochhält“, schrieb der israelische | |
Verteidigungsminister Joav Galant auf der Plattform X. Er werde das Militär | |
und die Ermittlungsbehörden bei „der Bewältigung dieses Problems“ | |
unterstützen. | |
Das Amt von Ministerpräsident Netanjahu teilte mit, der Regierungschef | |
nehme die Ausschreitungen „äußerst ernst“. Die Verantwortlichen würden | |
gefasst und vor Gericht gestellt werden. Der israelische Oppositionsführer | |
Jair Lapid verurteilte den Gewaltausbruch. Damit sei ein „moralischer | |
Tiefstpunkt“ erreicht worden, zitierten ihn Medien. „Mit Judentum hat das | |
nichts zu tun.“ | |
Der israelische Präsident Herzog verurteilte den Vorfall „aufs Schärfste“. | |
Es handele sich um eine „extremistische Minderheit“, die den gesetzestreuen | |
Siedlern, der Siedlung und dem Ruf Israels in der Welt „in einer besonders | |
sensiblen und schwierigen Zeit“ Schaden zufüge, schrieb er im Onlinedienst | |
X, ehemals Twitter. Das Büro von Benjamin Netanjahu teilte mit, der | |
israelische Regierungschef nehme den Vorfall ernst. | |
Im [3][von Israel besetzten Westjordanland] hat sich die Lage seit dem | |
Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen | |
Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen deutlich verschärft. Nach | |
einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP auf Grundlage palästinensischer | |
Angaben wurden seit dem 7. Oktober im Westjordanland mindestens 633 | |
Palästinenser durch israelische Soldaten oder Siedler getötet. Mindestens | |
18 Israelis wurden nach israelischen Angaben bei Angriffen militanter | |
Palästinenser getötet. (afp/dpa) | |
## Verhandlungen über Waffenruhe gehen weiter | |
Nach der Wiederaufnahme der [4][Verhandlungen über eine Waffenruhe im | |
Gazastreifen] und die Freilassung der dort festgehaltenen israelischen | |
Geiseln in Katar steht eine Einigung aus. Der Sprecher des Nationalen | |
Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte, er gehe davon aus, dass die | |
Gespräche am Freitag fortgesetzt werden. Über die Verhandlungen wollen am | |
Freitag auch der britische Außenminister David Lammy und sein französischer | |
Kollege Stéphane Séjourné bei einem Besuch in Israel mit ihrem Kollegen | |
Israel Katz sprechen. | |
Kirby sprach angesichts der am Donnerstag wieder aufgenommenen Gespräche in | |
der katarischen Hauptstadt Doha von „einem vielversprechenden Beginn“. Es | |
bleibe allerdings eine Menge Arbeit zu erledigen. | |
Die neue Runde findet auf Drängen der Vermittler Katar, USA und Ägypten | |
statt. An den Gesprächen in Doha nimmt der Chef des | |
US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, teil. Israels Regierungschef | |
Benjamin Netanjahu hatte zuvor bestätigt, dass sein Land die Chefs seines | |
Auslandsgeheimdienstes Mossad und des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, | |
David Barnea und Ronen Bar, nach Doha entsenden werde. | |
Der Hamas-Vertreter Osama Hamdan sagte, die radikalislamische | |
Palästinenserorganisation habe an den Gesprächen am Donnerstag nicht | |
teilgenommen. Sie sei aber bereit, in die indirekten Verhandlungen | |
einzusteigen, wenn mit neuen Zusagen Israels zu rechnen sei. Die Hamas will | |
nach eigenen Angaben erreichen, dass ein Ende Mai von US-Präsident Joe | |
Biden vorgestellter Vorschlag für eine Waffenruhe umgesetzt wird. | |
[5][Bidens mehrstufiger Plan] ist Grundlage für die erneuten Gespräche. Er | |
sieht zunächst eine sechswöchige Waffenruhe vor, die für Verhandlungen über | |
ein dauerhaftes Ende der Kämpfe verlängert werden könnte. Zudem soll sich | |
die israelische Armee aus bewohnten Gebieten des Gazastreifens | |
zurückziehen, israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas sollen im | |
Austausch für palästinensische Gefangene freigelassen werden. | |
Später am Donnerstag sagte der Hamas-Vertreter Hossam Badran, jede | |
Vereinbarung müsse eine umfassende Waffenruhe, einen vollständigen Rückzug | |
Israels aus dem Gazastreifen und die Rückkehr der Vertriebenen erreichen. | |
Derweil demonstrierten vor dem Hintergrund der laufenden Gespräche über | |
eine Waffenruhe im Gaza-Krieg Angehörige von Geiseln und Sympathisanten in | |
Tel Aviv für schnelle Ergebnisse. Teilnehmer des Marsches durch die | |
Innenstadt der Küstenmetropole riefen Medienberichten zufolge an die | |
israelischen Verhandler gerichtet: „Kommt nicht heim ohne einen Deal!“ | |
(afp/dpa) | |
## Zahl der Toten im Gazastreifen übersteigt 40.000 | |
Die Zahl der seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als zehn Monaten im | |
Gazastreifen getöteten Menschen ist nach Angaben der von der Hamas | |
kontrollierten Gesundheitsbehörde auf über 40.000 gestiegen. Mehr als | |
92.400 weitere Palästinenser seien in dem Zeitraum verletzt worden, teilte | |
die Behörde mit. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Sie | |
unterscheiden auch nicht zwischen Kombattanten und Zivilisten. | |
Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, sprach in einer | |
Mitteilung von einem „düsteren Meilenstein für die Welt“. Die meisten der | |
Toten seien Frauen und Kinder. Diese „unvorstellbare Situation“ sei | |
„überwiegend auf die wiederholte Nichteinhaltung der Kriegsregeln durch die | |
israelischen Streitkräfte zurückzuführen.“ | |
In den vergangenen zehn Monaten seien in Gaza im Durchschnitt pro Tag etwa | |
130 Menschen getötet worden. Das Ausmaß der Zerstörung von Häusern, | |
Krankenhäusern, Schulen und Gotteshäusern durch das israelische Militär | |
nannte Türk „zutiefst schockierend“. | |
Das humanitäre Völkerrecht lege eindeutig fest, dass der Schutz der | |
Zivilbevölkerung sowie von zivilem Eigentum und ziviler Infrastruktur von | |
größter Bedeutung ist, hieß es weiter. „Unser Büro hat schwerwiegende | |
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sowohl durch das israelische | |
Militär als auch durch palästinensische bewaffnete Gruppen, darunter den | |
bewaffneten Flügel der Hamas, dokumentiert.“ Türk rief erneut zu einer | |
sofortigen Waffenruhe und der Freilassung von Geiseln und willkürlich | |
verhafteten Palästinensern auf. (dpa) | |
16 Aug 2024 | |
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