Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Männer, die auf Klapptische starren
> „Raw dogging“ ist neben „Sunburst Make-up“ der wahrscheinlich dümmste
> Trend dieses Sommers – und es geht dabei nicht um ungeschützten Sex.
Ich sitze im Flugzeug gern am Fenster. Áine sitzt gern am Gang. Also buchen
wir die Plätze entsprechend. Meistens sitzt ein Spätbucher zwischen uns und
wittert seine Chance, nicht nur den verhassten Mittelplatz zu tauschen,
sondern sich auch als Wohltäter zu fühlen, der es dem Ehepaar ermöglicht,
nebeneinander zu sitzen. Wenn das Ehepaar dankend ablehnt, glaubt der
verhinderte Gutmensch vermutlich an einen Ehestreit und unmittelbar
bevorstehende Scheidung.
Neulich saß ein „Raw Dogger“ zwischen uns. Das ist niemand, der roh zu
Hunden ist. Der Slang-Begriff wurde ursprünglich für ungeschützten Sex
verwendet. Neuerdings beschreibt er Verrückte, die genug Interesse an einem
Klapptisch finden, um während eines Langstreckenflugs unablässig auf ihn zu
starren.
Unser Flug nach Berlin dauerte nur gut zwei Stunden. Es gibt „Raw Dogging“
aber auch als Extremsportart. Dabei verzichtet man auf einem
Interkontinentalflug von mindestens zehn Stunden auf Lesen, Musik, Filme,
Essen, Trinken und sogar den Besuch der Toilette.
Der Journalist Donald Clarke erinnerte allerdings daran, dass „Raw Dogging“
gar keine neue Sportart sei: 2004 flog Larry David in der großartigen
Sitcom „Curb Your Enthusiasm“ mit seinem Freund Jeff nach New York, schrieb
Clarke in der Irish Times. Jeff wollte keine Zeitschrift lesen, keinen Film
sehen. „Wer kann schon fünf Stunden lang im Flugzeug sitzen und auf die
Lehne starren?“, schrie Larry. „Das ist verrückt!“
Das ficht den Profi-Fußballer Erling Haaland nicht an. Der schlichte
Norweger postete auf Instagram ein Foto, auf dem er so ausdruckslos vor
sich hin starrt, wie es nur ein schlichter Norweger kann. Darunter der
Text: „Just raw dogged a 7 hour flight. Easy.“ Offenbar sucht Haaland nach
neuen Herausforderungen. Vielleicht wird „Raw Dogging“ 2028 ins olympische
Programm aufgenommen.
Es könnte das genauso dämliche Dressurreiten ersetzen. Der Vorteil: Es
würden keine Tiere gequält, „Raw Dogger“ quälen sich bis zur Thrombose n…
selbst. Wenigstens sind sie vor einer Hirnthrombose gefeit. Wo nichts ist,
kann auch nichts gerinnseln.
„Raw Dogging“ ist etwas für Menschen, die gern den Mount Everest besteigen
würden, aber sich nicht trauen. Als Extrem-Raw-Dogger schaffen sie es
vielleicht ins Guinness-Buch der Rekorde. Die Fans behaupten, es sei eine
Art Meditation, aber das ist es nicht: Wer postet schon in den sozialen
Medien, dass er eine halbe Stunde länger meditiert habe als der Typ auf der
Nachbarmatte? „Raw Dogging“ sei die Aufblähung des Nichtstuns auf den
Status eines blutleeren Käfigkampfes, schrieb Clarke.
Der „Raw Dogger“ im Mittelsitz auf unserem Flug nach Berlin hat bestimmt
gehofft, dass ich nicht zur Toilette müsste. Sonst hätte er aufstehen
müssen und wäre vom Raw-Dogging-Aufsichtsverband disqualifiziert worden.
26 Aug 2024
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Trend
Erling Haaland
Flugzeug
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Nichts ist vergleichbar mit ihr
Im Juli 2023 starb die Popmusikerin Sinéad O’Connor. Dublin hadert jetzt
mit einer verhunzten Wachsfigur der Bardin. Unvergleichliches Irland …
Die Wahrheit: Knochentrocken einen am Rad haben
Irlands Parlamentarier möchten gern aufs Fahrrad umsteigen, aber nicht auf
nassen Drahteseln sitzen. Also wurde etwas sehr Irisches gebaut.
Die Wahrheit: Mit Nudelholz und Schlagstock
Frauen im Polizeidienst galten in Irland lange Zeit als unerhört und
verleiteten etliche Politiker prompt zu hanebüchenen Statements.
Die Wahrheit: Eine Segelfahrt, die ist lustig
Hinaus, hinaus aufs Wasser, fragt sich nur per welchem Fortbewegungsmittel:
Von gemischten Gefühlen auf der Jolle, ob um die Insel oder aufm Festland.
Die Wahrheit: Irischer Fußballmeister IRA
Zum zweiten Mal in 137 Jahren wurde das nordirische Armagh Meister im
Gaelic Football. Die Friede war riesig, wenn auch nicht bei allen
Insulanern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.