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# taz.de -- AfD, Mpox und der Leipziger CSD: Finstere Zeiten
> Selbstbewusste Nazis, betrunkene Deutsche und ausgebeutete Asylbewerber:
> Es gibt aktuell nicht so viele Gründe, optimistisch zu sein.
Bild: Neonazis zeigen beim CSD in Leipzig das Symbol für „White Power“, 17…
taz: Frau Irmschler, was war schlecht vergangene Woche?
Paula Irmschler: Die AfD liegt in sämtlichen Umfragen vorn oder zu weit
vorn und Nazis fühlen sich dadurch bestärkt. Bei der [1][Gegendemo gegen
den Leipziger CSD] am Samstag sah man (wie zuvor schon in Bautzen), dass
die Demonstranten erschreckend jung und erschreckend selbstbewusst sind.
Man sah auf Videos, dass an diesen Demonstrationen teilweise Kinder
teilgenommen haben – und das waren keine, die von ihren Eltern
mitgeschleppt wurden. Die unmittelbare Zukunft sieht eh finster aus, aber
wenn wir kommende Generationen auch noch verlieren …
taz: Und was wird besser in dieser?
Irmschler: Ich hab doch gerade gesagt, es sieht finster aus! Die Wahlen im
Osten sind so nah, viele antifaschistische Gruppen im Osten bangen um ihre
Existenz und Räume, wie soll da gerade irgendwas besser werden. Wake me up
when September ends.
taz: Die algerische Boxerin [2][Imane Khelif klagt gegen X], ehemals
Twitter, nachdem sie einer transfeindlichen und sexistischen Hetzkampagne
ausgeliefert war. Warum haben Musk und seine Plattform X weiterhin so viel
Macht?
Irmschler: Na, weil er reich und ein kaltblütiges Arschloch ist. Und zu
Imane Khelif kann man eh nur sagen: You go, girl!
taz: Auch in Maßen ist Alkohol nicht gesund, sagt die Deutsche Gesellschaft
für Ernährung und änderte ihre Empfehlung. Deutsche würden doppelt so viel
konsumieren, wie der weltweite Durchschnitt. Kann sich Deutschland von
seinem Kulturgut trennen?
Irmschler: Absolut unvorstellbar, klar. Vielleicht muss man den Deutschen
doch noch irgendwas geben, ähnlich wie Leuten, die aufhören sollen zu
rauchen (Du darfst eine Einzige an deinem Geburtstag oder Silvester). Ich
schlage, auch aus persönlichen Gründen, den Kölner Karneval vor.
taz: Mpox breitet sich auch in Europa aus. Das RKI gibt bisher Entwarnung
und fürchtetet keine covidähnlichen Zustände. Cool bleiben oder Klopapier
hamstern?
Irmschler: Ich weiß noch, wie es am Anfang von Corona hier und da hieß:
„Jetzt betrifft es auch mal uns“ – und man an Demut appellierte. Dafür w…
jetzt Gelegenheit. Plus Solidarität, gucken, wo man unterstützen kann und
sich nicht schon wieder nur um sich drehen. Und Pro-Tipp: Po-Dusche!
taz: 45 Prozent der CDU-Mitglieder würden [3][laut einer Forsa-Umfrage]
eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht vollkommen ausschließen. Wo ist die
Brandmauer, wenn man sie braucht?
Irmschler: Ach … hab ich schon erwähnt, dass alles gerade sehr finster
aussieht?
taz: Die rechtsextreme Zeitschrift Compact darf vorerst wieder erscheinen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot vorläufig aufgehoben. War es
den Versuch wert?
Irmschler: Ja. Dass Rechte das jetzt ausschlachten, ist schlecht, aber das
ist nun mal das, was sie tun. Es darf aber nicht davon abhalten, dass man
sie weiter bekämpfen muss, wo es nur geht.
taz: Im Saale-Orla-Kreis gilt seit Jahresbeginn eine Arbeitspflicht für
Asylbewerber. Aus Sicht der Behörden hat sich die Maßnahme bewährt.
Bescheuert oder sinnvoll?
Irmschler: Bescheuert, menschenverachtend, ekelhaft. Sie bekommen übrigens
80 Cent pro Stunde. Aber „die Behörden“ stehen sowieso immer auf der
falschen Seite, weil sie Armut nur verwalten.
taz: Sie sitzen am heutigen Montag, den 19. August in Dresden auf einem
Podium der Pen Berlin-Reihe [4][„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“].
Gibt es etwas, von dem Sie denken, dass sie es nicht mehr sagen dürfen?
Irmschler: Natürlich darf man im juristischen Sinne sehr viel sagen. Ob man
mit den Konsequenzen klarkommt und ob die Konsequenzen die richtigen sind,
darüber sollten wir weiterhin diskutieren. Wenn Leute Jobs und Posten
verlieren, mit massivem Hass im Netz überschüttet werden oder zu Hause
bedroht werden, dann muss man natürlich genauer hingucken. Trotzdem ist es
keine Cancel Culture, wenn einem Leute widersprechen. Was früher ohne
Widerspruch durchging, geht es vielleicht heute nicht mehr, weil von
Diskriminierung Betroffene sich besser äußern können. Die Diskurse gehören
nicht mehr nur den privilegierten Männern. Wichtig ist, Räume zu erhalten,
in denen Menschen sprechen können, offline sowie online. Wo ich wieder bei
den Zumutungen bin, denen zivilgesellschaftliche Gruppen im Osten gerade
ausgesetzt sind … herrje. Also: Was ich zum Beispiel gern mit Behörden
machen würde, die geflüchtete Menschen dazu zwingen, für 80 Cent die Stunde
zu arbeiten oder mit den Nazis, die im Osten gegen CSDs demonstrieren,
würde ich hier jetzt zum Beispiel lieber nicht hinschreiben.
Paula Irmschler ist Autorin und übernimmt als Urlaubsvertretung den
Wochenrückblick von Friedrich Küppersbusch
18 Aug 2024
## LINKS
[1] /Christopher-Street-Day-in-Leipzig/!6030620
[2] /Boxerin-Imane-Khelif-klagt/!6030328
[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/cdu-fast-die-haelfte-der-mitglie…
[4] https://penberlin.de/ost/
## AUTOREN
Paula Irmschler
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Wahlen in Ostdeutschland 2024
Imane Khelif
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