# taz.de -- +++Nachrichten im Nahost-Krieg+++: Sorge vor Flächenbrand | |
> Iran und Israel rasseln mit den Säbeln. Die EU begrüßt das IGH-Gutachten | |
> und die Proteste gegen Netanjahus Regierung halten an. | |
Bild: Öltanks brennen im Hafen von Hudaida, Jemen. Nach dem Drohnenangriff auf… | |
dpaapafp | Nach dem israelischen Luftangriff im Jemen in Reaktion auf eine | |
tödliche Drohnenattacke der proiranischen Huthi-Miliz in Tel Aviv wächst | |
die Sorge vor einem Flächenbrand. Der Iran und Israel sprachen gegenseitig | |
Warnungen aus. Israels „gefährliches Abenteurertum“ könne einen regionalen | |
Krieg auslösen, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser | |
Kanaani, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Israels | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach vom Abwehrkampf gegen Irans | |
„Terrorachse“. | |
„Jetzt ist es an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft die | |
Sanktionen gegen den Iran maximiert“, forderte der israelische | |
Außenminister Israel Katz auf der Plattform X. Der Iran unterstütze, | |
trainiere und finanziere die Huthi als „Teil seines regionalen Netzwerks | |
von Terrororganisationen, die Israel angreifen wollen“. Israel und seine | |
Unterstützer wie die USA würden für „unvorhersehbare und gefährliche | |
Folgen“ des Gaza-Kriegs und Angriffe auf den Jemen „direkt verantwortlich | |
sein“, warnte der Sprecher des iranischen Außenministeriums. | |
## Guterres besorgt über Gefahr einer Eskalation | |
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich „zutiefst besorgt über die | |
Gefahr einer weiteren Eskalation in der Region“. Er rief „zur äußersten | |
Zurückhaltung“ auf. Israels Militär hatte zuvor nach eigenen Angaben | |
militärische Ziele der Huthi-Miliz im Hafen von Hudaida angegriffen. Wie | |
der Huthi-nahe Fernsehsender Al-Masirah in der Nacht unter Berufung auf die | |
Gesundheitsbehörde berichtete, gab es dabei mindestens drei Tote und 87 | |
Verletzte. | |
Auf Bildern waren gewaltige Brände zu sehen. Huthi-Sprecher hatten einen | |
israelischen Angriff gegen „zivile Einrichtungen“ im Jemen bestätigt. Ziele | |
seien Öl- und Stromanlagen gewesen. „Von Beginn des Krieges an habe ich | |
deutlich gemacht, dass Israel gegen alle vorgehen wird, die uns angreifen“, | |
sagte der israelische Ministerpräsident Netanjahu. Am Freitag waren beim | |
Einschlag einer aus dem Jemen kommenden Kampfdrohne im Zentrum von Tel Aviv | |
ein Mann getötet und mindestens acht weitere Menschen verletzt worden. | |
## Netanjahu: Wir erreichen Feinde überall | |
Der Gegenschlag im Jemen „macht unseren Feinden klar, dass es keinen Ort | |
gibt, den der lange Arm Israels nicht erreichen wird“, sagte Netanjahu. Es | |
sei die Antwort „auf Hunderte Attacken der letzten Monate auf Israel“ | |
gewesen, erklärte die israelische Armee. Über den Hafen von Hudaida seien | |
Waffen aus dem Iran in das Land gelangt, sagte Netanjahu. Wie die Hamas im | |
Gazastreifen und die Hisbollah-Miliz im Libanon sei die Huthi-Miliz im | |
Jemen ein integraler Bestandteil der iranischen „Achse des Bösen“. | |
Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am | |
7. Oktober hat sich der jahrzehntealte Konflikt zwischen Israel und dem | |
Iran dramatisch zugespitzt. Israel sieht sich nach Angriffen von Milizen, | |
die mit dem Iran verbündet sind, an gleich mehreren Fronten unter Beschuss. | |
Seit der iranischen Revolution von 1979 gelten Israel und die USA als | |
Erzfeinde des Landes. Netanjahu nannte den Iran in der Vergangenheit | |
ebenfalls den „wichtigsten Feind“. | |
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach derweil mit seinem | |
israelischen Kollegen Joav Galant über Israels Antwort auf den | |
Drohnenangriff der Huthi-Miliz in Tel Aviv, wie ein Sprecher des Pentagon | |
in der Nacht mitteilte. Israels Schlag sei auf monatelange Angriffe der | |
Huthi gegen den Staat Israel hin erfolgt. Austin bekräftigte „das eiserne | |
Bekenntnis der Vereinigten Staaten zur Sicherheit Israels und zum Recht | |
Israels auf Selbstverteidigung“. | |
## Erneut Demonstrationen in Israel gegen Netanjahu | |
Unterdessen demonstrierten in Israel erneut [1][Tausende von Menschen gegen | |
die Regierung von Netanjahu und für ein sofortiges Abkommen im Gaza-Krieg | |
zur Freilassung der Geiseln]. Kurz vor dem Abflug Netanjahus in die USA | |
hielten Demonstranten in Jerusalem Transparente mit der Aufschrift hoch: | |
„Kein Flug ohne Abkommen“, wie die „Times of Israel“ am Abend berichtet… | |
Am Mittwoch will Israels Regierungschef vor den beiden Kammern des | |
US-Kongresses eine Rede zu Israels militärischem Vorgehen im Gazastreifen | |
halten. | |
Auf einer der wöchentlichen Kundgebungen sagte einer der Teilnehmer, dessen | |
eigener Enkel bei dem Terrorangriff der Hamas und anderer Gruppen am 7. | |
Oktober nach Gaza verschleppt und laut der Zeitung kürzlich vom Militär für | |
tot erklärt worden war: „Nur ein Ende des Krieges wird die Geiseln nach | |
Hause bringen“. Ein Ende des Krieges werde „auch ein Ende der Regierung | |
bedeuten“ fügte er hinzu. „So können Sie alle verstehen, warum dieser Kri… | |
so lange andauert und warum es immer noch kein Geiselabkommen gibt“. | |
Seit Monaten laufen indirekte Gespräche zwischen Israel und der Hamas, bei | |
denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln. Sie kreisen um einen | |
dreistufigen Plan, der den Austausch der noch rund 120 im Gazastreifen von | |
der Hamas festgehaltenen Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in | |
israelischen Gefängnissen sowie Wege hin zu einer dauerhaften Waffenruhe | |
vorsieht. Teilnehmer der indirekten Gespräche hatten kürzlich noch | |
vorsichtigen Optimismus gezeigt. Derzeit sind jedoch keine weiteren | |
ranghohen Treffen angekündigt. | |
## Huthi: Bereiten uns auf langen Krieg vor | |
Der Militärsprecher der Huthi-Miliz im Jemen, Jahja Sari, sagte | |
unterdessen, man bereite sich auf einen „langen Krieg“ mit Israel vor. Die | |
Miliz greift [2][seit Monaten Handelsschiffe in der Region an,] die | |
angeblich Bezug zu Israel haben. Sie handelt nach eigener Darstellung aus | |
Solidarität mit den Palästinensern im Gaza-Krieg. Sie hatte auch Ziele in | |
Israel attackiert. Die meisten Geschosse wurden abgewehrt. Der Iran | |
finanziere, bewaffne und lenke die terroristischen Aktivitäten der Huthi, | |
sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. | |
Die von der Miliz auf Tel Aviv gerichtete Langstreckendrohne war am Freitag | |
mit Sprengstoff beladen in ein Wohnhaus im Zentrum der israelischen | |
Küstenmetropole eingeschlagen. Israels Verteidigungsminister Galant | |
kündigte daraufhin Vergeltung an. Die Luftwaffe habe beim Gegenschlag auf | |
den jemenitischen Hafen von Hudaida Ziele angegriffen, die auch für | |
terroristische Aktivitäten genutzt würden, darunter Energieinfrastruktur, | |
sagte Hagari. Israel habe den Luftangriff alleine durchgeführt und | |
Verbündete wie die USA nicht daran beteiligt. | |
Im Jemen tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg. Zudem herrscht eine schwere | |
humanitäre Krise, in der etwa 80 Prozent der Bevölkerung auf irgendeine | |
Form von Hilfe angewiesen sind. Über den strategisch wichtigen Hafen von | |
Hudaida am Roten Meer kommen nach UN-Angaben etwa 70 Prozent aller Importe | |
und 80 Prozent aller humanitären Hilfsgüter in das Land. (dpa) | |
## EU begrüßt IGH-Gutachten | |
Die EU befürwortet den Beschluss des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in | |
Den Haag zur israelischen Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten. | |
Die Einschätzung des UN-Gerichts, das Israels anhaltende Präsenz in den | |
palästinensischen Gebieten am Freitag als „unrechtmäßig“ eingestuft hatt… | |
stimme „weitgehend mit den Positionen der EU überein“, erklärte der | |
EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Samstag. | |
Angesichts der weltweiten Verstöße gegen das Völkerrecht sei es „unsere | |
moralische Pflicht, unser unerschütterliches Engagement für alle | |
IGH-Entscheidungen zu bekräftigen, unabhängig von dem jeweiligen Thema“, | |
fügte Borrell hinzu. Das Gutachten des Gerichts zur Besatzung der | |
Palästinensergebiete müsse gründlich analysiert werden, „auch im Hinblick | |
auf seine Auswirkungen auf die EU-Politik“. | |
Der Internationale Gerichtshof hatte Israel am Freitag aufgefordert, die | |
Besatzung der Palästinensergebiete „so schnell wie möglich zu beenden“. D… | |
israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach von einer | |
„Lügen-Entscheidung“, die Palästinenser feierten dagegen die Entscheidung. | |
[3][Der Beschluss des IGH] ist nicht bindend, könnte jedoch mit Blick auf | |
den Krieg im Gazastreifen den Druck auf Israel weiter erhöhen. | |
Israel hatte im Verlauf des Sechstagekrieges, bei dem es 1967 einem | |
befürchteten Angriff arabischer Staaten zuvorgekommen war, unter anderem | |
den Gazastreifen und das Westjordanland erobert. Seitdem hält Israel das | |
Westjordanland besetzt und hat dort den Siedlungsbau vorangetrieben. Etwa | |
400.000 Israelis leben dort heute in Siedlungen. | |
Im Jahr 2005 hatte sich Israel vollständig aus dem Gazastreifen | |
zurückgezogen. Aus dort abgehaltenen Wahlen ein Jahr später ging die | |
radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas als Siegerin hervor. | |
(afp) | |
## Tote im Zentrum des Gazastreifens bei israelischem Luftangriff | |
Bei israelischen Luftangriffen auf Flüchtlingslager im Zentrum des | |
Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben mindestens 13 Menschen | |
getötet worden. Unter den Toten seien drei Kinder und eine Frau, teilten | |
Rettungsteams am Samstag mit, die die Leichen ins | |
Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus brachten. Ein AP-Reporter zählte dort 13 Tote. | |
Zuvor hatte es im kriegsverwüsteten Gazastreifen einen seltenen Augenblick | |
der Hoffnung gegeben. Ärzten gelang es, das Kind einer getöteten | |
Hochschwangeren zur Welt zu bringen. Die 25-Jährige war Donnerstagabend bei | |
einer Explosion ums Leben gekommen. Sanitäter brachten sie ins | |
Al-Awda-Krankenhaus, in der Hoffnung, das Ungeborene könne noch gerettet | |
werden. Stunden später sagten Ärzte der Nachrichtenagentur AP, der Junge | |
sei lebend zur Welt gekommen und stabil. Er habe jedoch unter | |
Sauerstoffmangel gelitten und sei in einen Brutkasten gelegt worden, sagte | |
der Arzt Chalil Dadschran. Auch der bei der Explosion verletzte Vater | |
überlebte. (ap) | |
21 Jul 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Krieg-in-Nahost/!6019345 | |
[2] /Wer-sind-die-Huthis-im-Jemen/!5984961 | |
[3] /Gutachten-zum-Westjordanland/!6024766 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Gaza | |
Jemen | |
Hisbollah | |
Verhältnis Iran - Israel | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
US-Wahl 2024 | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach Huthi-Drohnenangriff: Israel greift Ziele im Jemen an | |
Nach dem Drohnenangriff auf Tel Aviv haben israelische Kampfjets erstmals | |
Huthi-Ziele im Jemen beschossen. Netanjahu hält an USA-Reise fest. | |
Gutachten zum Westjordanland: IGH sieht Besatzung als illegal | |
Israels Siedlungen im Westjordanland sowie das damit verbundene Regime | |
verstoßen gegen internationales Recht, erklärt der Internationale | |
Gerichtshof. | |
Perspektiven für die Demokraten: Einzige Chance: Angriff | |
Die Situation der Demokraten ist nicht aussichtslos, denn Trumps Programm | |
ist angreifbar. Aber dafür müssen sie das Ruder herumreißen – und zwar | |
jetzt. | |
Palästinenser in Israels Gefängnissen: Unrecht hinter Gittern | |
Nach dem 7. Oktober nimmt Israel vermehrt Palästinenser fest. Sie | |
berichten von unmenschlichen Bedingungen. Begegnung mit zwei Ex-Häftlingen. |