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# taz.de -- Repression in Ägypten: Wer Sisi die Stirn bietet
> In Ägypten wollte der Politiker Ahmed al-Tantawi Präsident Sisi
> herausfordern. Nun sitzt er im Gefängnis. Selbst seine Anwälte dürfen ihn
> nicht besuchen.
Bild: Lässt seine Kritiker inhaftieren: Abdelfattah al-Sisi, Präsident von Ä…
Berlin taz | Ägyptens Regierung verweigert den Anwälten des inhaftierten
Oppositionspolitikers Ahmed al-Tantawi Zugang zu ihrem Mandanten. „Ich habe
Tantawi seit seiner Inhaftierung nicht mehr gesehen, obwohl mir die
Staatsanwaltschaft eine Besuchserlaubnis erteilt hatte“, sagte der
Menschenrechtsanwalt Khaled Ali am Montag der taz. Die Gefängnisbehörden
hätten sich trotz der Erlaubnis geweigert, ihn zu Tantawi zu lassen. „Ich
habe keine Erklärung für diese Sturheit!“
[1][Im Mai hatten die ägyptischen Behörden Tantawi, einen prominenten
Kritiker von Präsident Abdelfattah al-Sisi, verhaftet.] Sie vollstreckten
damit ein Gerichtsurteil, dem zufolge Tantawi wie auch 22 seiner
Anhänger*innen für ein Jahr inhaftiert werden sollte. Zudem ist Tantawi
fünf Jahre lang die Teilnahme an Wahlen untersagt.
Tantawis Inhaftierung hat in Ägypten und im Ausland heftige Kritik
ausgelöst. Im Juni veröffentlichten 1.000 Personen des öffentlichen Lebens,
Organisationen und Parteien aus Ägypten [2][eine Petition], in der sie die
Freilassung der Inhaftierten fordern. Die Wut brach sich auch in sozialen
Medien Bahn, wo Tausende über Tantawi posteten, [3][Einzelheiten aus dem
Prozess teilten] und [4][Videos] von ihm verbreiteten.
Tantawi und seinen Anhänger*innen wird vorgeworfen, im Vorfeld der
Präsidentschaftswahl im Dezember inoffizielle Unterstützungsformulare
gedruckt und verteilt zu haben. Für eine Nominierung ist in Ägypten eine
bestimmte Zahl von Wählerunterschriften erforderlich.
Der Politiker hatte seine Kandidatur letztendlich zurückgezogen, nachdem es
ihm nicht gelungen war, genügend Unterschriften zu erhalten. Tantawi warf
den Behörden vor, seine Kampagne zu behindern. Journalist*innen und
Menschenrechtler*innen haben derartige Verstöße dokumentiert.
Die EU schweigt
Sieben ägyptische Menschenrechtsorganisationen [5][erklärten], die Behörden
versuchten sicherzustellen, „dass sich keine politische Alternative
entwickelt und eine Herausforderung für Sisis Herrschaft darstellt“. Das
Versprechen der Behörden, Reformen einzuleiten, diene dazu, „Kritik an
ihrer Menschenrechtsbilanz zu beschwichtigen“. Sisi hatte im April 2022
einen nationalen Dialog über politische und wirtschaftliche Reformen
angekündigt.
Die Zivile Demokratische Bewegung, Ägyptens größte Oppositionskoalition,
[6][erklärte], die Inhaftierung Tantawis zeige, dass die Behörden auf
Einschüchterung und Unterdrückung setzten. Öffentliche Demonstrationen für
Tantawi hat es aufgrund der Repression nicht gegeben. Sicherheitskräfte
hatten vergangenes Jahr Dutzende von Tantawis Anhängern,
Wahlkampfaktivisten und Mitglieder seiner damals im Entstehen begriffenen
Partei verhaftet.
Auf internationaler Ebene hat sich unter anderem Marta Hurtado, Sprecherin
des UN-Menschenrechtsbüros, geäußert. „Wir sind besorgt über die während
des Prozesses gemeldeten Verstöße gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren,
einschließlich der Hindernisse beim Zugang zu den Prozessakten für die
Vorbereitung einer angemessenen Verteidigung“, so Hurtado.
Die EU dagegen schweigt beharrlich. Offenbar ist man in Europa der Ansicht,
dass es zur Stabilität in der Region beiträgt, wenn man die Unterdrückung
in Ägypten ignoriert. [7][Im März hatte die EU ein Finanzpaket in Höhe von
7,4 Milliarden Euro für Ägypten angekündigt], um die Wirtschaft des Landes
zu stabilisieren und den Strom von Migranten nach Europa inmitten der
Krisen in Gaza und dem Sudan einzudämmen.
Ein bekanntes Muster
Tantawis Schicksal unterscheidet sich kaum von dem anderer Politiker, die
Sisi herausfordern wollten. Schon im Zuge der Präsidentschaftswahl 2018
waren drei von vier Kandidaten, die eine Kandidatur anstrebten, inhaftiert
worden, während der vierte gezwungen wurde, seine Kandidatur
zurückzuziehen.
Einer der Inhaftierten war der ehemalige Stabschef der Armee, Sami Anan. In
einem geheimen Militärprozess wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, weil
er „ohne Erlaubnis der Streitkräfte an Wahlen teilgenommen hatte“, was als
Verstoß gegen das Militärrecht gesehen wurde. Rund zwei Jahre später wurde
er aus der Haft entlassen, während sich sein Gesundheitszustand
verschlechterte. Seitdem ist er nur noch selten in Erscheinung getreten.
Auch der [8][Offizier und Ex-Regierungschef Ahmed Schafik] wurde verfolgt,
nachdem er 2018 angekündigt hatte, Sisi herauszufordern. Er wurde aus den
Arabischen Emiraten, wo er im Exil lebte, nach Ägypten ausgewiesen, wo er
kurz verschwand, bevor er wieder auftauchte und sich aus dem Rennen
zurückzog. Medienberichten zufolge war Schafik eine Gefängnisstrafe
angedroht worden. Ihm nahestehende Personen berichteten, er habe gesagt:
„Ich habe Töchter und ich habe Angst um sie.“ Seitdem hat sich auch Schafik
kaum noch geäußert.
Schließlich traf es vor der Wahl 2018 auch den Oberst der ägyptischen Armee
Ahmed Konsowa. Er wurde verhaftet, nachdem er in einem Video seinen Wunsch
äußerte zu kandidieren. Ein Militärgericht verurteilte ihn zu sechs Jahren
Haft, weil er „politische Meinungen auf Facebook geäußert hatte, während er
eine Militäruniform trug“. Ob er mittlerweile freigelassen wurde, ist nicht
bekannt.
17 Jul 2024
## LINKS
[1] /Sisi-Konkurrent-in-Aegypten-verurteilt/!6012890
[2] https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSdiH0jF2rUOC422UcQ27DLmDKZLN_7Z9fo…
[3] https://www.facebook.com/Ahmedaltantawyeg/videos/995094112032586/
[4] https://www.facebook.com/Ahmedaltantawyeg/posts/pfbid02qDbCsmBv8km85g9hWazQ…
[5] https://eipr.org/en/press/2024/05/egypt-tantawi-arrested-court-serve-prison…
[6] https://www.facebook.com/civil.democratic.movement2018/posts/pfbid0adekt4UD…
[7] /EU-Aegypten-Abkommen/!5998616
[8] /Stichwahl-in-Aegypten/!5092920
## AUTOREN
Karim Ahmed
## TAGS
Justiz in Ägypten
Ägypten
Abdel Fattah al-Sisi
Repression
Ägypten
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