# taz.de -- Biniam Girmay bei Tour de France: Afrikas Hoffnung auf dem Rad | |
> So erfolgreich wie Biniam Girmay war noch kein afrikanischer Teilnehmer. | |
> Die Wirkung des Eritreers für seine Heimat ist enorm. | |
Bild: Mit grünem Trikot auf dem Podium: Radprofi Biniam Girmay nach der fünft… | |
Berlin taz | Biniam Girmay hat bei der diesjährigen Tour de France bereits | |
zwei Etappen gewonnen. Der Radsportler aus Eritrea wird deshalb schon mit | |
dem Äthiopier Abebe Bikila verglichen – jenem Barfußläufer, der in den | |
1960er Jahren bei den Olympischen Spielen zwei Mal den Marathon gewann und | |
das Tor aufstieß für ganze Läufergenerationen aus Afrika. Das Gleiche soll | |
nun auch Girmay für den Radsport bewirken – der bis heute eine ziemlich | |
weiße Veranstaltung ist. | |
Sichtbar wird das etwa im französischen Fernsehen: Bei den | |
Tour-de-France-Übertragungen werden gerne Comicfiguren auf Rädern und mit | |
bunten Trikots eingeblendet; deren Gesichtsfarbe ist ausnahmslos weiß. Das | |
hat mit der Realität auf den Straßen des bedeutendsten Radrennens der Welt | |
wenig zu tun; der Eritreer Girmay ist als bester Sprinter und Träger des | |
Grünen Trikots der erste schwarze Afrikaner, der bei der | |
Frankreichrundfahrt derart erfolgreich ist. „Das ist unglaublich. Das ist | |
groß, und es ist für Afrika“, kommentierte dieser selbst seine Leistungen. | |
Biniam Girmay ist sich seiner großen Wirkung bewusst. „Ich war 15 Jahre | |
alt, als Daniel Teklehaimanot für einige Tage das Bergtrikot der Tour de | |
France trug. Ich war auch auf der Straße, als die Menge ihn danach zu Hause | |
empfing. Ich dachte mir, ich will das eines Tages auch erreichen. Ich habe | |
aber nicht geglaubt, dass das passieren wird“, sagte der im Jahr 2000 in | |
der Hauptstadt Asmara geborene Radprofi. | |
Nun, auf einen Riesenempfang kann er sich schon jetzt gefasst machen. Er | |
kennt das mittlerweile. Nach seinem Etappensieg beim [1][Giro d’Italia] vor | |
zwei Jahren wollte ihn ganz Asmara bei der Heimkehr sehen. „Unsere | |
Champs-Élysées“ wird die Straße zwischen Flughafen und Präsidentenpalast | |
genannt. Es muss ein Schaufahren gewesen sein, das selbst den | |
traditionellen Schlusstag der Tour de France in den Schatten stellt. | |
## Eritrea ist ein Radsportland | |
Eritrea ist ein Radsportland – ein Erbe aus der Kolonialzeit unter Italien; | |
das einzige koloniale Erbe wohl, das einhellig gefeiert wird. Und wer aus | |
Eritrea, einem Staat mit kaum demokratischen Strukturen, herauskommen will, | |
der setzt auf die Karte Radsport. | |
So wie die Generation von Girmay, die den Spuren von Männern wie | |
Teklehaimanot oder dem Äthiopier Tsgabu Grmay folgt. Und all die Menschen, | |
die jetzt in den Kinos der Stadt die Übertragungen der Tour verfolgen und | |
dabei mitbekommen, wie Florenz aussieht oder aktuell die Landschaft der | |
Champagne – auch sie sind vom Radsport als sozialem Aufstiegsinstrument und | |
Mittel zur Ausreise angefixt. | |
Girmay selbst ging den klassischen Weg. Als Talent auf den heimischen | |
Straßen entdeckt, gelangte er ins Trainingszentrum des Radsportverbands UCI | |
in der Schweiz. Er fuhr in jungem Alter Rennen in Europa und fand dann auch | |
den Weg in hiesige Profirennställe. Mit seinen Siegen bei der Tour hat er | |
diese Entwicklung gekrönt – und das Tor für die nächste Generation weit | |
aufgestoßen. | |
Tsgabu Grmay, der Ex-Profi aus Äthiopien, war dieser Tage mit jungen | |
afrikanischen Sportlern bei der Tour de France. Um die Dimension von | |
Girmays Auftritt bei der Tour zu benennen, wagte er einen großen | |
historischen Vergleich: „Das ist wie der Marathonsieg Abebe Bikilas in Rom | |
1960. Das war der Durchbruch für die Lauftalente aus Afrika. Und schau, wie | |
viele afrikanische Weltklasseläufer es jetzt gibt.“ Dem [2][Radsport] | |
könnte Ähnliches bevorstehen. Und die Grafiker beim französischen | |
Fernsehen? Sollten sich dringend mal an die Überarbeitung der | |
eingeblendeten Comicfiguren machen. | |
7 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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